Rechtsanspruch auf den Kitaplatz – so klappt es!


„Wir haben uns gleich zu Beginn der Schwangerschaft bei über 50 Kitas angemeldet, doch leider haben wir immer noch keine Platzzusage erhalten. Wenn wir nicht bald einen Betreuungsplatz für unser Kind finden, werde ich zum Ende der Elternzeit wohl oder übel meinen Job kündigen müssen“, klagte neulich eine Mutter, mit der ich mich auf einem Spielplatz unterhielt.




Dieser Fall ist kein Einzelfall, sondern fast schon der Normalfall. Nach wie vor fehlen überall in Deutschland Kinderbetreuungsplätze – nach Schätzungen des statistischen Bundesamtes sollen es ca. 300.000 Plätze sein. Der stagnierende Kita-Ausbau trotz gestiegenen Betreuungsbedarfs und der Erzieher-Fachkräftemangel sind wohl die Hauptgründe für die Misere. Dabei haben Kinder seit dem 01.08.2013 einen Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz. Viele Eltern wissen jedoch nicht, wie man diesen geltend macht – und was man tun sollte, wenn man trotz bestehenden Rechtsanspruchs keinen Kitaplatz erhält.

Die wichtigsten Infos rund um den Kita-Rechtsanspruch und wie man ihn geltend macht:

1. Rechtsanspruch

Der Rechtsanspruch auf einen Platz in einer Kita oder Tagespflege besteht ohne besondere Voraussetzungen ab dem 1. Lebensjahr des Kindes. Wenn die Eltern erwerbstätig, arbeitsuchend oder in einer Ausbildung sind, kann der Anspruch auch schon ab einem früheren Zeitpunkt bestehen. Ab dem 3. Lebensjahr gibt es eine kleine Einschränkung: Der Rechtsanspruch besteht dann nur noch auf Betreuung in einer Kita, jedoch nicht mehr in der Tagespflege.

2. Betreuungsumfang 

Der genaue Betreuungsumfang, also die tägliche Betreuungszeit in der Kita, richtet sich nach dem individuellen Bedarf – ausschlaggebend sind dabei meistens die Arbeitszeiten der Eltern plus Wege-/Fahrtzeiten zum Arbeitsplatz.

3. Öffentlich geförderte Kitas

Der Rechtsanspruch gilt nur für Plätze in öffentlich geförderte Kitas, nicht aber für Plätze in privaten Kitas.

4. Anspruchsinhaber

Anspruchsinhaber ist das Kind, allerdings machen die Eltern den Anspruch auf Betreuung als gesetzliche Vertreter des Kindes geltend. Anspruchsgegner sind die Träger der öffentlichen Jugendhilfe, d.h. in der Regel die Jugendämter. Diese sind gesetzlich verpflichtet, die Eltern bei der Suche nach einem Kitaplatz zu unterstützen.

5. Wunschkita, ja oder nein?

Der Rechtsanspruch wird nicht gegenüber der Wunschkita bzw. gegenüber der Tagesmutter, sondern bei dem zuständigen Träger der öffentlichen Jugendhilfe geltend gemacht. Besondere Formerfordernisse bestehen nicht, jedoch empfiehlt sich eine schriftliche und frühzeitige Geltendmachung (ca. 5-9 Monate vor dem gewünschten Betreuungsbeginn). Falls die Stadt/Gemeinde dabei besondere Verfahren vorsieht (z.B. Online-Registrierung, sollte dieses Verfahren beachtet werden.)

6. Weitere Bewerbungen versenden

Gleichzeitig sollte man sich auch direkt bei in Frage kommenden Kitas/Tagespflegepersonen um einen Platz zu bewerben, da die Betreuungsplätze in einigen Städten und Gemeinden nur direkt von den Einrichtungen vergeben werden. Auch hier sollten die Bewerbungen jeweils frühzeitig, d.h. 5-9 Monate vor dem gewünschten Betreuungsbeginn erfolgen.

7. Entscheidungsträger

Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe müssen über den Antrag entscheiden. Wenn dieser abgelehnt wurde, oder diesem nicht entsprochen wurde, z.B. weil der angebotene Betreuungsplatz nicht in Wohnortnähe ist, sollten Rechtsmittel gegen die Entscheidung (Widerspruchverfahren und/oder Klageverfahren vor dem Verwaltungsgericht) eingelegt werden.

8. Schadensersatz fordern

Eltern können zusätzlich Schadensersatzansprüche gegenüber dem Jugendamt geltend machen. Dazu zählt z.B. ein Verdienstausfall, weil die Eltern nicht wie geplant ihre Arbeit aufnehmen können.

9. Kosten für Ersatzbetreuung erstatten lassen

Falls das Jugendamt keinen Betreuungsplatz zuweisen kann, können sich die Eltern die Kosten für eine Ersatzbetreuung, z.B. durch einen Babysitter oder Verwandte erstatten lassen. Die genaue Verfahrensweise (Abschluss eines Betreuungsvertrages etc.) sollte vorab mit dem Amt geklärt werden.

10. Einvernehmliche Lösung suchen

Bevor sich Eltern für die Einreichung einer Klage entscheiden, sollten sie versuchen eine einvernehmliche Lösung mit den Jugendämtern (Kostenerstattung, vorübergehende Zuweisung eines Kitaplatzes o.ä.) herbeizuführen.

 

Über Sandra Runge

Sandra Runge ist Mutter von zwei Söhnen und Rechtsanwältin. Sie ist spezialisiert auf den Bereich Arbeitsrecht und berät Mütter bei Rechtsfragen rund um die Elternzeit, Elterngeld, Wiedereinstieg und Kündigung – aber auch zum Thema Kita und Schule. Auf ihrem Blog Smart Mama schreibt sie über Mütterrechte und motiviert Mütter, auch anhand ihrer persönlichen und beruflichen Erfahrungen, Stolperfallen aus dem Weg zu gehen und ihre Interessen in der Alltags-, Arbeits- und Behördenwelt besser durchzusetzen. Kürzlich ist ihr Buch „Don’t worry, be Mami“ erschienen und gibt hilfreiche Einblicke in juristisches Know-how rund um die Schwangerschaft, Geburt und Elternsein.


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