„Mama, was ist eigentlich ein Flüchtling?“

 

Die Nachrichten berichten rund um die Uhr davon, die Bilder sind kaum aus dem Kopf zu bekommen: Überladene Boote mit Flüchtlingen, überfüllte Auffanglager, zahllose heimatlose Familien, die nun auf unsere Hilfe angewiesen sind. Und mir stellt sich die Frage: Wie kann ich meinem fünfjährigen Sohn erklären, was da gerade passiert?

 

 

 

Es gibt derzeit kaum ein wichtigeres und dringenderes Thema: Überall wird über Flüchtlinge berichtet und natürlich darüber, was jeder Einzelne von uns tun kann, um den Menschen das Ankommen in unserem Land ein wenig zu erleichtern. Auch viele Elter-Blogger beschreiben Ihre Erfahrungen, wie z.B. Mareice Kaiser von kaiserinnenreich, die mich mit ihren Schilderungen und Ihrem Engagement sehr beeindruckt hat.

Natürlich haben auch Kinder zunehmend Berührungspunkte mit dem Thema und daraus resultierend eine ganze Menge Fragen: Diese reichen von den Gründen, warum Menschen Ihre Heimat verlassen, bis hin zu konkreten Fragestellungen wie die Integration von Flüchtlingen in der Schule/Kita o.ä. Beispielsweise wurde beim gestrigen Elternabend unserer Kita beschlossen, ab nächster Woche spontan ein Flüchtlingskind aufzunehmen.

Daher gilt es jetzt, unsere Kinder für das Thema zu sensibilisieren und Ihnen zu erklären, warum so viele Menschen aus ihren Ländern flüchten und wie wir sie am besten unterstützen können. Hierbei sind sowohl Eltern als auch Lehrer und Erzieher gefragt. Denn eine Schlüsselfunktion, um Kindern den toleranten Umgang mit sozialen, religiösen und kulturellen Unterschieden zu vermitteln, hat vor allem auch die Schule. Hierzu wurde beispielsweise von dem Hilswerk Misereor ein Leitfaden für eine Musterstunde zum Thema entwickelt.

Für Eltern ist es jetzt vor allen Dingen wichtig, dass sie unvoreingenommen und ehrlich auf die Fragen ihrer Kinder eingehen und sie dazu befähigen, Toleranz gegenüber Fremden im Alltag lernen und leben zu können. Deswegen möchte ich Ihnen im Folgenden einige Tipps zur Beantwortung möglicher Fragen geben.

Wer ist ein Flüchtling?

Ein Flüchtling ist jemand, der zur Flucht aus seinem Land gezwungen wird. Das kann verschiedene Gründe haben, z.B. weil er in seiner Heimat aufgrund seines Glaubens oder seiner Überzeugung verfolgt wird oder weil er aufgrund eines Bürgerkriegs oder einer Naturkatastrophe Schutz benötigt.

Wer also in seinem Heimatland Angst um sein Leben und das seiner Familie hat, kann in einem anderen Land Asyl beantragen und wird dann als Asylsuchender bezeichnet.

Warum fliehen so viele Menschen aus Ihrer Heimat?

Derzeit gibt es ungefähr 30 Kriege weltweit und fast 60 Millionen Menschen, die auf der Flucht sind. Viele Menschen fliehen aus Kriegsgebieten, weil sie um ihr Leben fürchten. Es ist dort sehr gefährlich und viele Menschen haben nicht genug zu essen und zu trinken. In anderen Ländern wiederum werden bestimmte Teile der Bevölkerung unterdrückt und verfolgt. Viele Familien entscheiden sich daher schweren Herzens, ihre Heimat zu verlassen. In den meisten Fällen müssen sie dabei alle persönlichen Dinge zurücklassen und sich auf eine lange und vor allem gefährliche Flucht begeben – immer mit der Hoffnung auf ein besseres und vor allem sicheres Leben in Deutschland oder einem anderen Land.

Was passiert, wenn Flüchtlinge in Deutschland ankommen?

Flüchtlinge, die hier in Deutschland ankommen, können in jeder Behörde, z.B. bei der Polizei, einen Asylantrag stellen. Sie können dann zunächst in einer Erstaufnahmeeinrichtung bleiben. Das sind große Einrichtungen mit Schlafsälen, einer Kantine, Polizei und Ärzten. Dort bleiben sie zunächst für ungefähr drei Monate.

Nach der Registrierung werden Sie von der Asylbehörde über ihre Fluchtgründe befragt: Sie müssen Fragen beantworten und mithilfe eines Übersetzers viele Formulare ausfüllen. Das Bundesamt prüft dann, ob die Flüchtlinge in Deutschland bleiben dürfen.

Nach Ablauf der drei Monate ziehen die Flüchtlinge um. Dabei wird genau berechnet, wie viele Flüchtlinge in welches Bundesland kommen. An dem neuen Ort wohnen sie dann in Flüchtlingswohnheimen, eigenen Wohnungen oder bei Verwandten, die bereits dort leben. Da bleiben Sie, bis sie wissen, ob ihr Antrag angenommen wird und sie in Deutschland bleiben dürfen.

Dürfen Flüchtlingskinder in Deutschland zur Schule gehen?

Eigentlich hat jedes Kind ein Recht auf Bildung. In der Realität gehen jedoch nicht alle Flüchtlingskinder in die Schule. Das liegt zum einen daran, dass es in den einzelnen Bundesländern unterschiedliche Regeln gibt: In einigen Ländern gibt es eine Schulpflicht, in anderen nur ein Recht auf Schulbildung. Zum anderen sind manchmal die Schulen zu weit von den Gemeinschaftsunterkünften entfernt, das Geld für Unterrichtsmaterialien und Ausflüge fehlt oder die Zimmer dort bieten keine Rückzugsmöglichkeit, um in Ruhe zu lernen. Vielerorts haben sich daher Lehrer und andere Erwachsene freiwillig dazu bereit erklärt, den Kindern und Familien zu helfen.

Wie kann ich im Alltag und in der Schule Flüchtlingskinder unterstützen?

Es gibt viele Wege, Flüchtlingen zu helfen: Zum Beispiel können sich Kinder in der Schule, im Verein, in der Nachbarschaft oder Clique zusammentun und eine eigene Aktion organisieren. Hier sind natürlich insbesondere die schon etwas älteren Kinder gefragt, wenn es um die Koordination geht. So können z.B. alle Helfer über soziale Netzwerke, im WhatsApp-Chat oder per E-Mail-Verteiler miteinander kommunizieren. Mögliche Aktionen können z.B. klassische Sammel-Aktionen (Kleider, Alltagsgegenstände etc.) sein, oder aber die Kinder planen eine Veranstaltung (Tombola, Kuchenbasar, Aufführung), deren Erlös dann den Flüchtlingen zugutekommt.

Außerdem gibt es natürlich immer die Möglichkeit, sich ehrenamtlich zu engagieren: Jugendliche, die bereits Erfahrung mit dem Erteilen von Nachhilfe gesammelt haben, aber natürlich auch alle anderen Interessierten, könnten Flüchtlingskindern kostenlos Nachhilfe geben oder stundenweise die Betreuung kleinerer Kinder übernehmen. Es gibt sehr viele Organisationen und Vereine, die die genauen Bedürfnisse kennen und Hilfe annehmen. Im Internet kann man sich dazu informieren, z.B. auf http://wie-kann-ich-helfen.info .

Darüber hinaus kann jeder Einzelne, auch die jüngeren Kinder, im Alltag helfen, Flüchtlingskinder z.B. in der Schule zu integrieren, in dem man offen und interessiert auf die neuen Schulkameraden zugeht. «Woher kommst du? Wie war die Schule dort? Wie wurden dort Feste gefeiert?» All das sind Fragen, mit denen Kinder ihr Interesse bekunden können – natürlich vorausgesetzt, dass die Kinder schon ein wenig Deutsch verstehen oder sprechen. Allein schon das kann den Neuen helfen, sich nicht ignoriert und abgelehnt zu fühlen. Eine weitere Möglichkeit besteht darin, ein neues Kind einfach mal mit mitzunehmen, zum Beispiel zum Sport oder es einfach mitspielen zu lassen.

 



Diesen Artikel kommentieren
*

*