Zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf: Jana Friedrich

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Jana hat zwei Kinder, arbeitet freiberuflich als Hebamme und führt ganz nebenbei Deutschlands erfolgreichsten Blog zum Thema Schwangerschaft, Geburt, Wochenbett und Säuglinge, www.hebammenblog.de. Als die beiden Kinder noch kleiner waren, zählte zu  ihrem großen Glück unter anderem:  Eine kinderreiche und offene Hausgemeinschaft, in der sich alle Familien unterstützen. Zudem half eine Putzhilfe dabei, Jana und ihrem Mann mehr gemeinsame, stressfreie Zeit als Paar zu verschaffen und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf besser zu realisieren.

Wie sieht dein Berufsleben aus (Vollzeit, Teilzeit, Auszeit? Arbeitest du im Homeoffice? Selbstständig oder angestellt?)

All of the above ;-) Nein wirklich, es stimmt eigentlich alles: Ich bin mit einer halben Stelle in einer Klinik angestellt, bin aber momentan auf eigenen Wunsch freigestellt. Daher arbeite ich nun freiberuflich als Hebamme: ich leiste Vorsorge, betreue Familien im Wochenbett und gebe Geburtsvorbereitungskurse. Und an meinem Blog und an Artikeln, die ich für verschiedene Medien verfasse, arbeite ich im Homeoffice, von wo aus ich obendrein - gemeinsam mit meinem Mann -  meinen kleinen Online-Shop betreue. Das Ganze mal Voll- und mal Teilzeit. Naja, mehr Vollzeit, wenn ich ehrlich bin.

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Janas Life Hacks:

Teilzeit| Putzhilfe | Gutes Netzwerk| Essensplan und Einkauf am Wochenende

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Haben du und dein Partner (oder Ex-Partner) eine bestimmte Routine, mit der ihr eure Woche organisiert? Wenn ja, wie sieht sie aus bzw. wer ist für was wann zuständig?

Mein Mann und ich haben eine gewisse Routine, sind aber auch ganz gut im Improvisieren und Einspringen, da meine Arbeit ja oft unberechenbar und vom Arbeitsaufkommen her sehr wechselhaft ist. Morgens ist der Ablauf immer gleich: Der Wecker klingelt um 7.15 Uhr. Das ist unser Luxus, denn beide Schulen der Kinder sind direkt um die Ecke. Mein Mann steht zuerst auf und geht den Sohn wachkuscheln. Ich stehe auch auf und mache die Schulbrote. Meine Tochter steht inzwischen alleine auf und läuft mit Musik in den Ohren durch die Wohnung. Wir treffen uns alle kurz in der Küche, dann gehen die Kinder los. Wenn die Kinder weg sind dusche ich, schmeiß eine Wäsche an und trinke mit meinem Mann einen Kaffee. Dann beginnen wir mit unserer Arbeit. Ich mache morgens erst mal Schreibkram. Ach ja, mein Mann duscht natürlich auch und macht die Katzenklos. Zwischendurch treffen wir uns auf ein kleines Frühstück, dann geht’s weiter. Einer von uns kocht mittags das Essen. Wir essen möglichst alle zusammen, wenn die Kinder aus der Schule kommen. Dann haben die Kinder meist noch Nachmittagsunterricht oder treffen Freunde und ich mache meine Hausbesuchsrunde. So gegen 5 Uhr ist Feierabend und wir treffen uns zu Hause oder machen noch was gemeinsam. Wir essen spät. So gegen 20.00 Uhr, da meine Tochter oft noch am frühen Abend zum Tanzen geht. Das Abendessen ist die Zeit, wo wir uns austauschen, vom Tag erzählen, Pläne machen und Termine absprechen. Mein Sohn geht gegen 9 Uhr ins Bett und liest meist bis um 10 Uhr, meine Tochter inzwischen wann sie will – solange sie morgens gut raus kommt. Abends schlendern wir manchmal noch eine Runde durch den Kiez, trinken ein Gläschen Wein auf dem Balkon, versacken vor Netflix oder treffen uns noch mit Freunden. Montags gehen wir abends zum Sport, da verpflegen die Kinder sich inzwischen alleine.

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Janas Life Hacks:

Teilzeit | Essenspläne | Gutes Netzwerk

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Wie regelt ihr die Kinderbetreuung?

Da unsere Kinder schon relativ groß sind (10 und 17), ist eine kontinuierliche Betreuung nicht mehr so nötig. Allerdings gibt es bei ihnen leider kein Schulessen, so dass wir mittags immer kochen. Am Wochenende wird ein Essensplan und ein Großeinkauf gemacht. Mit dem Kochen wechseln wir uns ab, bzw. kocht der, der grad weniger akute Arbeit hat. Die Schule und somit die meisten AG’s und Hobbys der Kinder, finden in relativer Nähe statt. Einmal in der Woche hat der „kleine“ Judo, da wird er immer von meinem Mann abgeholt. Einfach, weil ich in dieser Zeit immer meinen Kurs leite. Mit den Kindern mal für eine Arbeit lernen, machen wir nach Neigung. Da gibt es einfach Fächer, die mir oder ihm mehr liegen. Oder eben auch nach Arbeitsaufkommen.

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Gibt es bestimmte „Kinderzeiten“ – also Zeiten, in denen es Dir besonders wichtig ist, MIT dem Kind Zeit zu verbringen?

So richtig heilig ist uns das gemeinsame Abendessen. Da gehen wir nicht ans Telefon, Handys sind Tabu und andere Störungen nur im allergrößten Notfall erlaubt. Das ist unsere Familienzeit. Das heißt aber nicht, dass da keine anderen Personen Zutritt haben. Freunde von uns oder die der Kinder gehören natürlich dazu. Auch die Wochenenden sind nach Möglichkeit arbeitsfrei. Das klappt bei mir aber nur selten, da Babys ja keine Rücksicht auf Wochenenden oder Feiertage nehmen. Was ich auch immer noch liebe, sind die „Bettkantengespräche“. Schon als die Kinder noch sehr klein waren, haben wir abends beim ins Bett bringen nicht nur Geschichten gelesen und Lieder gesungen, sondern auch den Tag rekapituliert oder über Dinge gesprochen, die den Kindern so im Kopf rumgingen. Dabei kamen dann auch nach und nach die großen Fragen des Lebens auf: Fragen über den Tod, die Liebe oder Sexualität, über Religionen, über Mobbing, über Freundschaften oder Liebeskummer. Alles was eben grad so aktuell war. Manche Themen kamen immer mal wieder, weil sich die Fragen mit dem groß werden ja ändern. Im Halbdunkeln, unter der warmen Decke eingekuschelt, spricht es sich besonders gut. Es ist ein sehr vertrauensvoller, quasi tabuloser Austausch, über den ich sehr froh bin. Natürlich passiert das nicht jeden Abend. Aber die Kinder wissen immer um die Möglichkeit und nutzen sie bis heute. Auch mit meiner Großen, die ich längst nicht mehr ins Bett bringe, gibt es noch ab und zu diese abendlichen Gespräche. Das ist sehr schön!

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Gab es Situationen, in denen du dich bei der Arbeit für dein Kind positionieren oder als Mutter Stellung beziehen musstest? Wie hast Du reagiert? Würdest Du heute anders reagieren?

Ich bin durch meine Kinder viel selbstbewusster geworden. Als es noch allein um mich ging, habe ich mich viel eher breit schlagen lassen, noch einen Dienst zu übernehmen und Überstunden zu machen oder so. Mit den Kindern ging es ja plötzlich um meine gemeinsame Zeit mit ihnen. Da wurde ich zur Löwenmutter, die ihre Jungen schützt.

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"Ich bin durch meine Kinder viel selbstbewusster geworden."

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Wenn du mehr freie Zeit hättest, wofür würdest du sie nutzen?

Ich würde gerne mehr lesen, mehr kulturelle Events besuchen, ein weiteres Buch schreiben (seit einem Jahr habe ich eine Geschichte im Kopf, die ausnahmsweise rein gar nichts mit meinem Beruf zu tun hat), mehr Freunde sehen (die müssten dann allerdings auch mehr Zeit haben), und einen Austauschschüler bei uns aufnehmen.

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Zum Thema Beziehung: Was ist das Wichtigste, um gemeinsam glücklich zu bleiben?

Also da fallen mir vor allem drei Sachen ein: Mir sind Toleranz und „den Anderen sein lassen wie er ist“ sehr wichtig. Ewiges Rumkritteln oder Spielchen kann ich überhaupt nicht leiden. Das gibt es bei uns so nicht. Dafür gehen wir sehr großzügig mit den Bedürfnissen des jeweils Anderen um. Dadurch fühlt man sich sehr geborgen und kann aus diesem Gefühl heraus gut über kleine nervende Macken hinwegsehen. Gleichberechtigung ist für mich ein wichtiger Punkt in einer Beziehung: Ich habe während meiner Kindheit und Jugend in einigen Wohngemeinschaften (auch mal in einer Kommune und in einer Frauen-WG) verbracht und war später einige Zeit auf einem Internat. Da bekommt man viel Übung im Zusammenleben und Aufgaben gerecht verteilen. Mein Mann hat einen ähnlich emanzipierten Background. Trotzdem verhandeln wir bestimmte Themen auch immer wieder neu. Ich finde das extrem wichtig, da man – gerade mit Kindern – superschnell in Klischees verfällt und dadurch leicht im Ungleichgewicht landet. Und dann die Beziehungspflege: Das ist natürlich besonders schwierig, solange die Kinder noch klein sind. Ich weiß noch genau wie das war. Immer wenn man abends theoretisch Zeit füreinander hatte, war man müde. Sobald es sich einrichten ließ, haben wir einen festen Paarabend etabliert. Wir sind dann allerdings nicht zusammen schön Essen gegangen, sondern zum Sport. Wir hatten einfach das Bedürfnis raus zu kommen und uns mal wieder zu bewegen. Da haben wir das Klettern für uns entdeckt. Ich finde, das ist ein genialer Paarsport. Man muss sich total auf einander verlassen können, schaut sich die ganze Zeit konzentriert zu, weil der Sichernde ja immer die Bewegungen des Kletternden verfolgt und - was soll ich sagen: es ist total sexy! ;-) Spätestens nach der Sauna danach, fühlen wir uns immer wie zwei frisch verliebte Teenies. Das kann ich also nur empfehlen!

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Hast du besondere Tipps oder Anregungen für andere Eltern, wie man der Doppelbelastung kleine Kinder und Beruf Herr wird?

Für mich war mehr Flexibilität wichtig. Daher habe ich meine Stelle auf 50% reduziert und dafür etwas mehr freiberuflich gearbeitet. Finanziell kam das auf dasselbe raus, aber ich konnte mir die Zeiten ein bisschen besser einteilen und somit mehr für meine Kinder da sein. Das kann natürlich nicht jede(r) machen. Aber wer Vereinbarkeit möchte, sollte entweder Gleitzeit, Homeoffice oder eine Stellenreduktion verhandeln. Das würde ich natürlich beiden Elternteilen empfehlen. Und wenn all das nicht geht, dann ist wahrscheinlich zumindest Geld für Erleichterungen im Haushalt da: Eine Putzhilfe kann einem ja auch mehr Zeit verschaffen und entstresst die Beziehung, wenn beide Partner viel arbeiten müssen oder wollen.

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"Für mich war mehr Flexibilität wichtig. Daher habe ich meine Stelle auf 50% reduziert und dafür etwas mehr freiberuflich gearbeitet."

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Wir hatten das große Glück, in einer sehr kinderreichen Hausgemeinschaft zu wohnen, in der sich alle Familien gegenseitig unterstützt haben. Das hat uns oft sehr entlastet. Das ist auch mein Rat an alle: Webt euch ein Netzwerk! Gerade für uns Großstädter, die ja selten große Familien um die Ecke wohnen haben und die dann mal einspringen können, ist das super hilfreich!

Über Jana Friedrich

Die Hebamme Jana Friedrich „verbloggt“ seit knapp fünf Jahren ihr Hebammenwissen rund um die Themen Schwangerschaft, Geburt, Wochenbett und Säuglinge auf www.hebammenblog.de. Der Bedarf nach fundiertem Wissen und entsprechenden Ratschlägen ist ganz offensichtlich da: Inzwischen finden über 140.000 Leserinnen Monat für Monat Gefallen an den Beiträgen und Ratschlägen von Jana Friedrich.
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