Vereinbarkeit von Familie und Beruf: Séverine Bonini

Titel

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Cool bleiben als Working Mom im Home-Office“: Das ist Séverine Boninis Motto. Als Journalistin, Verlegerin und Bloggerin ist sie seit 2014 selbstständig tätig. Vereinbarkeit von Familie und Beruf? Kind oder Karriere? Für Séverine ist dies kein „entweder oder“, denn sie hat beides und bezeichnet sich selbst als Karriere-Mutter. Sie lebt mit ihren beiden Kindern und ihrem Mann in der Schweiz.

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Wie sieht dein Berufsleben aus (Vollzeit, Teilzeit, Auszeit? Arbeitest du im Homeoffice? Selbstständig oder angestellt?)

Ich bin selbständige Verlegerin von medizinischen Fachzeitschriften und arbeite im Homeoffice. Während der Bürozeiten arbeite ich seit August 2016 neu 70%, gefühlt bin ich aber rund um die Uhr im Einsatz, da ich viele Nachtschichten einlege, wenn die Kinder im Bett sind.

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Haben du und dein Partner (oder Ex-Partner) eine bestimmte Routine, mit der ihr eure Woche organisiert? Wenn ja, wie sieht sie aus bzw. wer ist für was wann zuständig?

Wir haben schon eine Routine, die wird aber immer wieder durchbrochen. Wenn ich einen wichtigen Kundentermin habe, muss mein Mann im Job kürzer treten. Insgesamt aber bin ich durch meine Homeoffice-Tätigkeit flexibler in der Kinderbetreuung, was Segen und Fluch zugleich ist: Tendenziell bleibt mehr an mir hängen. Wenn mein Mann abends zuhause ist, kümmert er sich dafür aber mehr um die Kinder als ich. Morgens bringt er den Kleinen auf dem Weg zur Arbeit in die Kita, ich bin dafür sicher zuhause, bis die Große um 7.50 Uhr in die Schule aufbricht.

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Séverines Life Hacks:

Selbstständigkeit | Home-Office | Haushaltshilfe

 

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Wie regelt ihr die Kinderbetreuung?

Unser Sohn ist 2 und geht 60% in die Kita. Die Tochter ist gerade eingeschult worden. Sie ist einmal die Woche beim Mittagstisch des Dorfes, wo wir wohnen, und wird am gleichen Nachmittag ab 15 Uhr nach der Schule am gleichen Ort betreut. Das nennt sich bei uns im Dorf „Tagesstruktur“ und wurde gerade neu eingeführt für Kinder ab Vorschulalter. Einen Nachmittag pro Woche ist mein Mann zuhause. Wenn es kurzfristig aufgrund dringender Termine bei mir eng wird, springt meine Schwiegermutter bei der Betreuung ein. Den Rest übernehme ich. Insgesamt sieht jede Woche bei uns anders aus – man muss als arbeitende Eltern flexibel sein.

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Gibt es bestimmte „Kinderzeiten“ – also Zeiten, in denen es Dir besonders wichtig ist, MIT dem Kind Zeit zu verbringen?

Ich versuche, regelmäßig exklusive Zeiten einzeln mit den Kindern zu arrangieren. Ansonsten ist der Mittwoch für mich der Kindertag – da arbeite ich tagsüber nicht.

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Gab es Situationen, in denen du dich bei der Arbeit für dein Kind positionieren oder als Mutter Stellung beziehen musstest? Wie hast Du reagiert? Würdest Du heute anders reagieren?

Als meine Tochter 2 war, musste sie aufgrund einer obstruktiven Bronchitis innerhalb kürzester Zeit dreimal hospitalisiert werden. Ich war natürlich jeweils bei ihr, was zu Streit mit meinem Arbeitgeber führte. Jedes Mal, wenn das Kind krank war, wurde die Arbeit zum Spießrutenlauf. Außerdem stand da immer die Frage im Raum: Wer bleibt zu Hause, mein Mann oder ich? In einem späteren Job, ich war damals Chefredakteurin, wollte ich dann einen Tag Homeoffice beantragen, was gerade im Journalismus eigentlich sehr gut vereinbar ist. Mein Arbeitgeber hatte überhaupt kein Verständnis und schmetterte die Anfrage ab. Da wusste ich endgültig, dass ich mich selbständig machen wollte und musste, um dieses ewige Hickhack mit den Arbeitgebern zu beenden.

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„Eine klare Maßnahme war für mich die Selbständigkeit."

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Wenn du mehr freie Zeit hättest, wofür würdest du sie nutzen?

Ich würde gerne mehr bloggen. Das kommt neben Job und Familie eindeutig zu kurz für mich, vor allem auch, weil es mich erdet.

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Zum Thema Beziehung: Was ist das Wichtigste, um gemeinsam glücklich zu bleiben?

Man muss sich immer wieder kleine Auszeiten als Paar nehmen und sich immer wieder umeinander bemühen. Natürlich gibt es Hochs und Tiefs. Aber nichts sollte selbstverständlich sein. Wichtig finde ich auch, dass man sich bewusst ist, dass es Zeiten gibt, in denen die Kinder einfach wichtiger sind als die Pflege der Beziehung, weil die Kinder uns mehr brauchen.   Mein Sohn ist jetzt zwei Jahre alt und mein Mann und ich fangen wieder an, uns zu daten. Natürlich kann man das auch schon vorher machen. Für uns hat diese Auszeit aber so gepasst. Heute kann ich sagen: Ich verliebe mich gerne immer wieder aufs Neue in meinen Mann. Für mich ist außerdem noch wichtig, dass mein Mann mich in allen meinen beruflichen Ambitionen unterstützt. Er ist ein echter Partner, auf den ich mich voll verlassen kann.

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Hast du besondere Tipps oder Anregungen für andere Eltern, wie man der Doppelbelastung kleine Kinder und Beruf Herr wird?

Eine klare Maßnahme war für mich die Selbständigkeit. Ich war es leid, mich immer zwischen Kind und Karriere entscheiden und vor dem Chef rechtfertigen zu müssen. Je mehr Verantwortung ich im Job übernahm, desto grösser wurde der Spagat für mich, es allen recht machen zu wollen. Nun kann ich mir die Zeit selber einteilen und bin nur mir selber Rechenschaft schuldig. Wenn eines der Kinder mich braucht, kann ich sofort alles stehen und liegen lassen. Allerdings geht es auch im Homeoffice nicht ohne Betreuung der Kinder. Bis mein Sohn krabbeln konnte, lag er einfach gurrend neben mir auf einer Decke, während ich Mails schrieb oder telefonierte. Ab dem Krabbelalter war das nicht mehr möglich und ich habe ihn in der Kita angemeldet – was ich aber bis heute nicht bereue. Homeoffice geht nur mit einer klaren Struktur und Fokussierung aufs Wesentliche. Für den Haushalt habe ich eine Putzfrau angestellt. Es ist ein Trugschluss zu glauben, dass, wer im Homeoffice tätig ist, nebenbei noch den Haushalt schmeißt. Ich jedenfalls habe das nicht auf die Reihe gekriegt und bin heute froh, dass ich das Putzen nach einigen Monaten der Selbständigkeit sozusagen outgesourced habe. Als ich noch angestellt war und nur ein Kind hatte, war das Thema Logistik zentral: Wer holt wann wo wie das Kind ab? Wer bleibt zuhause, wenn das Kind krank ist? Das war immer ein Drahtseilakt. Ich ziehe meinen Hut vor Alleinerziehenden, ich habe keine Ahnung, wie die das hinkriegen!

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„Insgesamt aber bin ich durch meine Homeoffice-Tätigkeit flexibler in der Kinderbetreuung, was Segen und Fluch zugleich ist: Tendenziell bleibt mehr an mir hängen."

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Über Séverine Bonini

Séverine ist eine Business Mom durch und durch. Sie sagt: „Ich bin Managerin und habe Kinder – nicht umgekehrt.“ Damit eckt sie an, aber sie macht sich dafür stark, dass auch dieses Lebensmodell seine Berechtigung hat. Auf Mama on the rocks bloggt sie über ihr Leben als arbeitende Zweifachmama, und zwar stets mit einer ordentlichen Prise Humor und Selbstironie. Die Pseudonyme LadyGaga und Copperfield für ihre Kinder (6 und 2 Jahre alt) sind mittlerweile längst Kult geworden. Séverins Credo: „Ich will unterhalten, aber auch zum Nachdenken anregen. Ich mag es, Dinge auf den Punkt zu bringen.“ Das gelingt ihr zweifelsohne.    
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