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Für Vanessa von Hilchen ist die gleichberechtige Vereinbarkeit von Familie und Beruf ein Mythos, mit dem sie ihren Frieden geschlossen hat. Sie findet, dass Mütter sich von dem Druck befreien sollten, alles gleichzeitig unter einen Hut zu kriegen. Die Redakteurin und PR-Referentin hat sich vor einem Jahr mit ihrem Blog „Die Kleinschmeckerin“ selbstständig gemacht und schreibt gerade ihr erstes Kochbuch. Ihre kleine Familie, allen voran ihr Sohn Johannes, ist und bleibt aber ihr Lebensmittelpunkt und erste Priorität. Dass damit eine eher klassische Rollenaufteilung mit ihrem Mann einhergeht, stört die beiden überhaupt nicht. Für sie passt es so perfekt.
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Wie sieht dein Berufsleben aus – Vollzeit, Teilzeit, Auszeit? Arbeitest du im Home-Office? Selbstständig oder angestellt?
Seit Johannes’ drittem Lebensjahr bin ich selbstständig und habe ein kleines Home-Office. Zuvor arbeitete ich – nach einem Jahr Elternzeit – im Angestelltenverhältnis auf 25-Stunden-Basis. Meine Kernarbeitszeiten sind derzeit Montag bis Freitag zwischen 8 und 15 Uhr und daran halte ich mich fast immer. Die Wochenenden und Abende gehören meinem Mann und meinem Kind.
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„Am Wochenende hilft mein Mann auch mit, aber es stimmt schon, dass wir eher die klassische Rollenaufteilung leben. Es passt für uns so am besten."
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Haben du und dein(e) Partner*in (oder Ex-Partner*in) eine bestimmte Routine, mit der ihr eure Woche organisiert? Wenn ja, wie sieht sie aus bzw. wer ist für was wann zuständig?
Mein Mann David bringt unseren Sohn Johannes morgens in den Kinderladen und ich hole ihn ab. Den Nachmittag verbringen wir dann zu zweit oder mit Freunden. David kommt abends gegen 19 Uhr nach Hause. Das "zu Bett bringen" teilen wir uns auf, obwohl Johannes hier doch häufiger die Mama einfordert. Der Haushalt ist zu 90 Prozent meine Aufgabe, ebenso wie das Kochen. Da ich als Food-Bloggerin arbeite, kann ich die Arbeit und das Familienessen gut miteinander verbinden. Zur Unterstützung haben wir außerdem noch eine Putzfrau, die einmal wöchentlich das Gröbste beseitigt. Am Wochenende hilft mein Mann auch mit, aber es stimmt schon, dass wir eher die klassische Rollenaufteilung leben. Es passt für uns so am besten.
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Wie regelt ihr die Kinderbetreuung?
Johannes geht von 8 bis 15 Uhr in einen familiären Kinderladen direkt ums Eck. Wenn ich mal länger arbeiten muss oder Zeit für mich möchte, dann springt die Oma ein. Außerdem haben wir eine tolle Babysitterin für Notfälle. Wenn Johannes krank ist, loten wir aus, wer sich eine „Arbeitspause“ zum gegebenen Zeitpunkt mehr erlauben kann und derjenige kümmert sich dann ums Kind.
Gibt es bestimmte „Kinderzeiten“ – also Zeiten, in denen es dir besonders wichtig ist, mit deinen Kindern Zeit zu verbringen?
Ja, wie oben schon geschrieben, gehört die Zeit ab 15 Uhr sowie das komplette Wochenende meinem Sohn beziehungsweise meiner Familie. Wir brauchen das, um Kraft zu tanken und mal komplett abzuschalten. Ich bin überhaupt kein Abend-/Nachtmensch und ab 20 Uhr kann ich mich sowieso nicht mehr konzentrieren. Da brauche ich Gammelklamotten und Netflix. Das ist vielleicht nicht das klassische Erfolgskonzept, das viele andere Selbstständige propagieren, aber so lebe ich und ich kann und möchte es mir auch nicht anders vorstellen.
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"Für mich ist die gleichberechtigte Vereinbarkeit von Familie und Karriere ein Mythos, mit dem ich allerdings meinen Frieden schließen konnte."
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Gab es Situationen, in denen du dich bei der Arbeit für dein Kind positionieren oder als Mutter/Vater Stellung beziehen musstest? Wie hast du reagiert? Würdest du heute anders reagieren?
Ich muss ehrlich zugeben, dass ich fast nur positive Erfahrungen gemacht habe und auch, als ich noch fest angestellt war, wurde mir viel Verständnis entgegengebracht. Das Einzige, was mich sehr gestört hat, war die Tatsache, dass ich als Teilzeitkraft nicht mehr denselben Verantwortungsbereich abdecken konnte, den ich zuvor als Nicht-Mutter in Vollzeit gewohnt war. Dies lag jedoch in der Natur der Sache und hatte nichts mit der Einstellung meines Arbeitsgebers zu tun. Ich hätte auch auf Vollzeit aufstocken können, aber das wollte ich nicht und kann es mir auch jetzt immer noch nicht vorstellen. Ich kenne so viele Frauen, die unbedingt beides unter einen Hut kriegen wollen und dadurch die ganze Zeit am Rande des Nervenzusammenbruchs stehen. Das ist doch nicht erstrebenswert! Für mich ist die gleichberechtigte Vereinbarkeit von Familie und Karriere ein Mythos, mit dem ich allerdings meinen Frieden schließen konnte.
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Wenn du mehr freie Zeit hättest, wofür würdest du sie nutzen?
Schlafen, Lesen und viel öfter meine Freundinnen treffen, insbesondere die, die (noch) keine Kinder haben, kommen einfach viel zu kurz.
Zum Thema Beziehung: Was ist das Wichtigste, um gemeinsam glücklich zu bleiben?
Eine respektvolle Kommunikation ist in meinen Augen das A und O. Mein Mann und ich reden sehr viel miteinander und wir können uns sagen, was uns belastet oder am anderen stört, ohne dass gleich die Fetzen fliegen. Außerdem sind kindfreie Auszeiten zu einer ganz wichtigen Basis für unsere Beziehung geworden. Johannes übernachtet regelmäßig bei seinen Großmüttern und wir nutzen die Zeit für klassische Pärchen-Dates, gehen ins Kino und lecker essen.
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Vanessas Lifehacks:
Omas | Putzfrau | Babysitter
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Hast du besondere Tipps oder Anregungen für andere Eltern, wie man der Doppelbelastung kleine Kinder und Beruf Herr wird? Gibt es konkrete Beispiele für Maßnahmen oder Entscheidungen, die du für dich ergriffen bzw. getroffen hast, um dieser Situation zu begegnen?
Ein Patentrezept habe ich leider nicht, denn jede familiäre Situation ist anders und es funktionieren stets nur individuelle Maßnahmen. Familie und Beruf ist für MICH nur deshalb keine echte Doppelbelastung, weil ich den beiden Bereichen nicht den gleichen Stellenwert zuordne. David geht derweil eher den klassischen Karriereweg und verdient in seinem Job gutes Geld. Es stand für uns nie wirklich zur Debatte, dass er seine Arbeitszeit reduziert. Im Gegenzug kann ich mein Hobby zum Beruf machen und mich kreativ ausleben, ganz ohne finanziellen Druck. Für uns funktioniert das so perfekt, aber natürlich ist das nicht als Non-Plus-Ultra-Lebenskonzept auf andere Familien übertragbar. Was ich aber sicher sagen kann und universal gültig ist: Ohne die Unterstützung von Dritten (Omas, Putzfrau, Babysitter) wäre das alles nur sehr viel unangenehmer zu stemmen. Dann würde ich mich vielleicht wirklich "doppelbelastet" fühlen.
Vielen Dank für das Interview, Vanessa!
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Über Vanessa von Hilchen:
Für Vanessa von Hilchen ist die gleichberechtige Vereinbarkeit von Familie und Beruf ein Mythos, mit dem sie ihren Frieden geschlossen hat. Sie findet, dass Mütter sich von dem Druck befreien sollten, alles gleichzeitig unter einen Hut zu kriegen. Die Redakteurin und PR-Referentin hat sich vor einem Jahr mit ihrem
Blog „Die Kleinschmeckerin“ selbstständig gemacht und schreibt gerade ihr erstes Kochbuch.
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