Zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf: Tobias Weber

Titel

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Tobias hat schon früh selbst die Zügel in die Hand genommen, als es darum ging, Beruf und Familie miteinander zu vereinbaren. Denn er ist sich bewusst, dass seine Tochter viel schneller erwachsen werden wird, als ihm lieb ist. Bis dahin will er so viel Zeit wie möglich mit ihr verbringen. Um mehr Raum für seine Familie zu haben, hat er beispielsweise seinen Job als Pädagoge an den Nagel gehängt und sich selbstständig gemacht. Kitaeingewöhnung inklusive!

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Wie sieht dein Berufsleben aus (Vollzeit, Teilzeit, Auszeit? Arbeitest du im Homeoffice? Selbstständig oder angestellt?)

Als selbständiger Redakteur und Autor habe ich das große Glück, meine Arbeit überall dort erledigen zu können, wo die Digitalisierung mir die entsprechende Infrastruktur hierfür bereitstellt. So verbringe ich die meisten meiner Arbeitsstunden im Home-Office - in etwa 30 Stunden pro Woche mittlerweile, wenn auch flexibel über alle sieben Tage verteilt.

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Haben du und deine Partnerin eine bestimmte Routine, mit der ihr eure Woche organisiert? Wenn ja, wie sieht sie aus bzw. wer ist für was wann zuständig?

Es gibt bei uns ganz unterschiedliche Routinen, von denen sich viele eigentlich wie von selbst eingestellt haben. So bringe ich zum Beispiel unsere Tochter morgens zur Kita, nachdem meine Freundin sie zuvor einigermaßen fertiggemacht hat - je nachdem. Dann huscht sie auch schon zur Arbeit, bevor Tochter und ich uns auf den Weg machen. Auch deswegen habe ich seinerzeit die Eingewöhnung gemacht. Am Nachmittag hole ich meine Tochter wieder von der Kita ab, um dann noch die eine oder andere Doppelstunde mit ihr zu spielen, zu lesen oder was man sonst eben so macht, wenn man einfach nirgendwo anders sein muss - oder sein möchte. Und genau so geht die Woche dann auch dahin. Da meine Freundin samstags ebenfalls arbeiten muss, bleibt eigentlich nur der Sonntag, welcher gänzlich frei von Alltag oder Routine ist.

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Tobias' Life Hacks:

Selbstständigkeit | Home Office | Me-Time nehmen

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Wie regelt ihr die Kinderbetreuung?

Wie eben schon angedeutet: Meine Tochter ist von 9:00 bis 16:00 Uhr in der Kita. Damit ist der Großteil des Tages ja schon einmal gut abgedeckt. Drei bis sechs Tage pro Woche übernehme ich die Betreuung danach - und bringe sie auch zu Bett. Da ich flexibel arbeite, kann ich hier recht viel übernehmen. So ist denn auch meine Freundin entsprechend flexibel, wenn es um ihre eigenen Arbeitsstunden geht, denn die können sich auch gern mal spontan ändern. Aber natürlich springt sie mal ein, wenn ich einen wichtigen Termin habe. Sollte das Kind mal einige Tage nicht in die Kita gehen können, weil es zum Beispiel krank ist, teilen wir uns die Tage eigentlich immer auf - mal bleibt sie zu Hause und mal eben ich. Wobei ich ja streng genommen immer zu Hause bin, aber ihr versteht schon, wie ich das meine, oder?

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Gibt es bestimmte „Kinderzeiten“ – also Zeiten, in denen es Dir besonders wichtig ist, MIT dem Kind Zeit zu verbringen?

So merkwürdig das klingen mag, aber: Nein, wir haben weder eine medienfreie Zeit, noch haben wir eine explizite Kinderzeit. Ich bin weder Wochenend-Papa noch Gute-Nacht-Papa, sondern verbringe ganz im Gegenteil mehr Zeit mit meinem Kind als mit der Arbeit. Und das im wahrsten Sinne des Wortes, wenn auch knapp. Im Alltag habe ich nicht das Gefühl, etwas zu verpassen oder nicht für sie da sein zu können. Ausgemachte Kinderzeit brauche ich also gar nicht.

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Gab es Situationen, in denen du dich bei der Arbeit für dein Kind positionieren oder als Mutter/Vater Stellung beziehen musstest? Wie hast Du reagiert? Würdest Du heute anders reagieren?

In Sachen Vereinbarkeit von Familie und Beruf habe ich schon früh die Reißleine gezogen - und mich trotz aller wirtschaftlicher Bedenken und Risiken für das Kind entschieden. Mein altes Job-Leben als Pädagoge hätte zeitweilig wohl nur wenig Raum für die Familie gelassen. Das war vor allem zu Beginn noch ein Problem. Meine Strategie war es also schon früh, Beruf und Familie in die eigene Hand zu nehmen. Rechtfertigen musste ich mich für diese Entscheidung bisher nie. Ganz im Gegenteil. Ich erhalte viel zu viel Lob dafür, mich seinerzeit für das Kind entschieden zu haben.

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„In Sachen Vereinbarkeit von Familie und Beruf habe ich schon früh die Reißleine gezogen - und mich trotz aller wirtschaftlicher Bedenken und Risiken für das Kind entschieden."

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Wenn du mehr freie Zeit hättest, wofür würdest du sie nutzen?

Freie Zeit? Ich verstehe die Frage nicht. Ich bin in der glücklichen Lage, mit dem Schreiben eines meiner Hobbies zum Beruf gemacht zu haben. Natürlich ist auch hier nicht alles Gold, was glänzt. Dennoch war es die richtige Entscheidung. Zuvor war ich als Pädagoge tätig - festgelegte Präsenzzeiten inklusive. Hätte ich heute mehr Zeit, dann bräuchte zeitgleich aber auch ein klein wenig mehr Geld und schon würde ich mich und uns alle für ein paar Wochen einfach an der Nordsee, am Mittelmeer oder an irgendeinen Ort mit großem Wasser mir nichts, dir nichts mal schön einquartieren. Das Wasser fehlt mir in der Tat. Manchmal sehr sogar. Das haben eben alle Berlinerinnen und Berliner gemein: die Sehnsucht nach Meer.

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Zum Thema Beziehung: Was ist das Wichtigste, um gemeinsam glücklich zu bleiben?

Wenn ich das wüsste, hätte ich wohl schon mehrere Bestseller darüber geschrieben und säße jetzt in einem Häuschen irgendwo in Südfrankreich oder der Toskana. Mit Beziehungstipps verhält es sich so ein wenig wie mit Erziehungstipps. Alles schön und gut, solange man selbst davon betroffen ist. Aber mal ernsthaft: Ich weiß es nicht. Es muss etwas mit „das eigene Ego nicht so ernstnehmen“, „über seinen eigenen Schatten springen“ zu tun haben, aber ich als Mann, der von niemandem abhängig ist, kann so etwas auch leicht sagen.

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Hast du besondere Tipps oder Anregungen für andere Eltern, wie man der Doppelbelastung kleine Kinder und Beruf Herr wird? Gibt es konkrete Beispiele für Maßnahmen oder Entscheidungen, die DU für dich ergriffen bzw. getroffen hast, um dieser Situation zu begegnen?

Meine Zeit als Vater ist begrenzt. Es wird nicht lange dauern, bis meine Tochter meine Nähe nicht mehr ganz so sehr braucht und schwuppdiwupp, Kartoffelsupp, braucht sie auch mich nicht mehr ganz so sehr. Bis dahin versuche ich, so viel Zeit wie möglich mit ihr zu verbringen. Als selbständiger Redakteur und Autor und habe ich zum Glück weitestgehend die Möglichkeit dazu. Hoffentlich zu ihrem Besseren. Was mir immer wieder mal gut tut, ist Me-Time, also bewusste Zeit für mich. Damit meine ich nicht die nostalgische Sehnsucht nach einem früheren Leben – und sich dann einfach in irgendeiner viel zu lauten Bar volllaufen lassen. Auch meine ich damit nicht, einfach kinderlos auf der Couch zu liegen, sondern sich etwas Besonderes vorzunehmen. Andere Eindrücke zu sammeln. Und wenn es denn doch mal die Couch sein soll, dann aber bitte mit Netflix, einer guten Serie und Schokolade. Viel, viel Schokolade. Man gewöhnt sich an die, nennen wir es ruhig, Doppelbelastung. Man schafft mehr, als man eigentlich von sich denkt. Mittlerweile habe ich einen ganz guten Flow, bei dem ich wirklich viele Arbeiten erledigen und trotzdem im Alltag für meine Tochter da sein kann. Mehr wollte ich nie.

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Über Tobias Weber:

Tobias, auch Johnny genannt, ist Vater einer zweijährigen Tochter und bloggt seit zwei Jahren auf johnnyspapablog.de über seinen turbulenten Berliner Familienalltag zwischen Selbstständigkeit und Care Arbeit. Obwohl sein Blog bereits einen Namenswechsel (vormals "Weddingerberg") erlebt hat, ist Tobias seinem Stil treu geblieben: Fokussiert, aber immer mit einem Augenzwinkern bloggt er über Themen wie Vereinbarkeit, Bildung und Betreuung. Wer Tobias alias Johnny folgen möchte, der tut dies auf Twitter oder Facebook.

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