Als Alleinerziehende den Alltag meistern – wie kann das gehen?

 

 

„Mist, ich hab‘ vergessen, das Schulessen zu bestellen!“, fällt mir siedend heiß am Montagmorgen ein. Eigentlich hätte ich bis gestern Abend aus dem Menü des Schulcaterers für die kommende Woche Gerichte auswählen sollen. Uneigentlich habe ich das vergessen.

 

 

Schwamm drüber, wenn mal was nicht klappt

Ich vergesse öfter mal Sachen, aber zum Glück nie wichtige. Das mit dem Schulessen ist blöd, aber ich kann meinem Kind ja ein Vesper mitgeben und Geld tut’s auch, denn in der Kantine kann man auch Pizzaschnitten und Schnitzelbrötchen kaufen. Darüber ist das Kind auch gar nicht traurig.

Ich denke nicht weiter darüber nach, denn, wenn ich jetzt deswegen schlechte Laune bekomme und wohlmöglich noch herumfluche, dann ist auch nichts gewonnen. Diese Szene, die sich bei uns mindestens einmal im Monat abspielt, erklärt ziemlich gut, wie ich es schaffe, als Alleinerziehende nicht durchzudrehen – denn es gibt 1.000 Dinge, an die ich im Alltag denken muss.

Die 80%-Regel gilt besonders für Alleinerziehende

Ihr kennt wahrscheinlich diese Regel, dass es im Berufsleben völlig ausreicht, wenn man 80 Prozent abliefert? Ich finde, die darf man getrost aufs Privatleben übertragen. Da ist sie eigentlich noch besser aufgehoben – bei der Arbeit bin ich Perfektionistin, aber im Privaten ist es viel klüger, auch mal Fünfe gerade sein zu lassen.

Wenn ich an 80 Prozent der Dinge denke, die ich zu erledigen habe, und dabei nichts vergesse, das durchs Vergessen größere Komplikationen heraufbeschwört, dann ist alles gut. Und hey, 70 Prozent reichen hier vielleicht auch, da darf frau gerade als Alleinerziehende großzügig mit sich selbst sein.

Von unrealistischen Vorstellungen verabschieden

Beim Schulbasar mitmachen, jeden Elternabend besuchen, eine Vorlesepatenschaft für die Klasse übernehmen, immer selbstgebackenen Kuchen für die Geburtstage zaubern und gleichzeitig Familienoberhaupt und Ernährerin sein – das ist so viel verlangt für einen Menschen, dass es klug ist, sich zu überlegen, wessen Ansprüchen frau denn genügen will.

Am Ende zählt nur, was einem selbst und den Kindern wichtig ist. Weder die Vorstellungen der lieben Verwandtschaft, noch die der Nachbarn oder der anderen Eltern aus der Kita/Schule sind der Maßstab. Es ist nicht wichtig, immer eine saubere Wohnung zu haben, ein gewisses Maß an Unordnung ist unausweichlich und dass leckeres Essen auch mal Fast Food sein darf, wird keinem in der Familie nachhaltig schaden.

Lieber entspannt als dauergestresst

Und damit sind wir an dem Punkt, der für mich die wichtigste Orientierungshilfe darstellt: Wenn’s hart auf hart kommt, überlege ich, was passiert, wenn ich jetzt den einfachen Weg gehe. Meistens nichts – außer, dass ich mich innerlich etwas entspanne. Und das ist gut. Denn eine entspannte Mutter ist garantiert besser als eine, die dauergestresst ist!

Mancher Stress kommt allerdings von außen auf die Alleinerziehende zu – viele haben mit dem Jugendamt, der Wohngeldstelle, dem Jobcenter und Scheidungsanwälten zu tun. Hier gilt die 80%-Regel nicht. Bei allem Behördenkram ist schnelles, gründliches Handeln die beste Devise, denn dann hat frau das vom Tisch. Und kann sich somit auch entspannen.

Gut zu sich selbst sein

Selbstfürsorge muss nicht unbedingt das sein, was einem klassische Frauenzeitschriften so raten. Ich zum Beispiel mag keine Schokolade, ich will auch kein Yoga machen und in die Badewanne gehe ich nur zwei Mal im Jahr, wenn mir besonders kalt ist.

Entscheidend ist, herauszufinden, was dir guttut! Wenn es am Wochenende zehn Stunden Ausschlafen sind, während die Kinder ferngucken und den Kühlschrank plündern, fein. Wenn es ein Ehrenamt ist, das dich unter Leute bringt und anderen hilft, super! Und falls es gemeinsam ins Bett gehen mit den Kindern um 21 Uhr ist, auch gut. Oder sich nochmal hinlegen, wenn die Kinder morgen aus dem Haus gegangen sind, oder ein Mittagsschlaf. Oder Sport, oder mit der Nachbarin ein Schwätzchen auf dem Balkon halten und eine Weinschorle dazu trinken (klar, Saft geht auch).

Finde dein Alleinerziehenden-Wellnessprogramm

Ach, mir fällt ganz vieles ein, was mir guttut – und das ist prima, zeigt es doch, dass Selbstfürsorge kein Fremdwort für mich ist. Genauer gesagt kein Fremdwort mehr ist, denn als ich noch frisch alleinerziehend war, fiel es mir wesentlich schwerer, zu benennen, was mir in dieser neuen Lebenssituation guttut. In diesem Sinne: Viel Spaß beim Herausfinden eures persönlichen Wellnessprogramms!

Über Christine

Über Christine Finke:

Christine Finke (Mama arbeitet Blog) zieht drei Kinder alleine groß. Sie lebt mit ihnen und zwei Katzen am Bodensee, wo sie Kinderbücher textet. Ihr Buch „Allein, alleiner, alleinerziehend“ erschien 2016 im Verlag Bastei Lübbe.

 





Kommentare
  1. Als Alleinerziehende den Alltag meistern – wie kann das gehen?
    D.Heckmann-Müller | Freitag,Juni 16.2017

    Der Artikel tut gut und hat mich beruhigt. Es muss nicht alles 100% tig sein. Auch mal das “ Dolche Vita“ geniesen. Noch einen schönen Sommer mitvielen Grüßen D.Heckmann-Müller

  2. Als Alleinerziehende den Alltag meistern – wie kann das gehen?
    jenny Friedel | Freitag,Juni 16.2017

    Super Artikel. Ich finde das genau die richtige Einstellung.Auch ich möchte über unseren Alltag bloggen schau doch mal auf meine Homepage.Liebe GrüßeJennyWww.alleinerziehendinberlin.de

  3. Als Alleinerziehende den Alltag meistern – wie kann das gehen?
    Iris Heyen | Sonntag,Juni 18.2017

    Danke für diesen Artikel. Gut, dass es auch anderen so geht. Am letzten Mittwoch bspw. hatte ich einen Besuch meines Lehrers. Ich mache gerade eine berufsbegleitende Ausbildung zur Erzieherin und mußte eine geplante Aktion mit Kindern machen. Die wollte vorher auch noch schriftlich ausgearbeitet werden und wurde benotet. Na ja, entweder ich mache die Ausarbeitung oder den Haushalt. Also Ausarbeitung! Lief auch alles super, ich habe nichts vergessen. Das Thema „Gesunde Ernährung habe ich gut rübergebracht. Leider war ich danach so platt, dass ich vergessen habe, einzukaufen. Am Donnerstag war Feiertag und ich und die Kinder landeten bei dem Laden mit dem großen M, da der Kühlschrank leer war. Wenigstens ist kein Mann zum Meckern mehr da.

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