Bundesweiter Kita-Streik: Sind Sie vorbereitet?

Bundesweiter Kitastreik: Sind Sie vorbereitet?

Was Eltern jetzt wissen müssen

Ab Ende dieser Woche drohen bundesweit unbefristete Kita-Streiks. Berufstätige Eltern stellt dies vor große Probleme. Welche Rechte und Pflichten haben Eltern gegenüber ihrem Arbeitgeber? Wir beantworten die wichtigsten Fragen!

Ab wann und warum wird in den Kitas gestreikt?

Ab Ende dieser Woche müssen sich Eltern darauf einstellen, dass die Kitas geschlossen bleiben – und zwar deutschlandweit und auf unbefristete Zeit. Da Gewerkschaften und Arbeitgeber sich nicht einigen konnten, waren die Tarifverhandlungen über eine bessere Bezahlung von Kita-Personal gescheitert. Auch wenn die meisten Eltern den Grund für den Streik durchaus nachvollziehen können, stellen die geschlossenen Kitatüren sie dennoch vor einige Probleme. Wir beantworten die wichtigsten Fragen zum aktuellen Kitastreik.

Welche Pflichten habe ich als Elternteil?

Obwohl sie gesetzlich nicht dazu verpflichtet sind, sollten Eltern sich für die Zeit des Streikes natürlich dringend nach einer Betreuungsalternative umsehen. Für die meisten Eltern ist der nahe Verwandtenkreis die erste Anlaufstelle. Wenn im Familien- und Freundeskreis niemand kurzfristig einspringen kann, Sie keinen eigenen Babysitter haben und Ihr Arbeitgeber keine Notfallbetreuung anbietet, kann auch das so genannte Babysitter Sharing eine Möglichkeit sein, den Betreuungsengpass zu überbrücken.

 

Sie sind nicht allein: Viele Eltern sind von dem Streik genauso betroffen wie Sie. Sprechen Sie sich mit befreundeten Eltern ab, ob Sie gemeinsam eine Notfallbetreuung organisieren können. Vielleicht haben die Eltern eines Kindes die Möglichkeit, zuhause zu bleiben und können Ihr Kind ebenfalls beaufsichtigen. Oder Sie teilen Sie die Vor- und Nachmittagsbetreuung mit anderen Eltern auf.

Was muss ich mit meinem Arbeitgeber klären?

Sie sollten Ihren Arbeitgeber so früh wie möglich darüber in Kenntnis setzen, wenn Sie erfahren, dass Ihre Kita an dem Streik teilnimmt. Wenn sich abzeichnet, dass Sie für die Dauer des Streikes keine alternative Kinderbetreuung finden können, sollten Sie Ihren Chef außerdem um ein Gespräch bitten. Wenn Sie Ihr Kind zuhause selbst betreuen müssen, da Sie sonst Ihre Aufsichtsplicht verletzen würden, sollten Sie Ihren Chef bitten, Sie für diese Zeit zu entschuldigen. Haben Sie Ihr Fernbleiben mit Ihrem Arbeitgeber besprochen, müssen Sie auch keine Abmahnung oder Kündigung fürchten.

 

Dr. Annett Böhm, Fachanwältin für Arbeitsrecht, gibt jedoch zu bedenken: „Auch im Falle eines Kita-Streiks besteht kein Recht gegenüber dem Arbeitgeber auf Freistellung. Dies gilt auch, wenn diese unbezahlt gefordert wird. Wird Urlaub beantragt, kann der Arbeitgeber diesen nur dann ablehnen, wenn dringende betriebliche Gründe entgegenstehen.“

Darf ich während des Streiks einfach zuhause bleiben?

Einfach unangekündigt nicht zu erscheinen, ist nicht zulässig: „Kann ein Elternteil, weil er die Kinder nun selbst betreut, nicht an seinem Arbeitsplatz erscheinen und fehlt er ohne Absprache mit seinem Arbeitgeber unentschuldigt, muss er mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen rechnen. Das kann nicht nur eine Abmahnung sein, sondern je nach Einzelfall auch eine fristlose Kündigung“, warnt Dr. Annett Böhm. Einfacher ist es natürlich, wenn Sie die Möglichkeit haben, von zuhause aus zu arbeiten. In diesem Fall sollten Sie sich im Vorfeld rechtzeitig darum kümmern, dass die technischen Voraussetzungen bei Ihnen zuhause gegeben sind.

Bekomme ich Kosten zurückerstattet?

„Grundsätzlich nicht“, sagt Rechtsexpertin Dr. Annett Böhm. Das gilt sowohl für die Kita-Beiträge als auch für die anfallenden Kosten für den Stundenlohn Ihres Babysitters oder Ihrer Tagesmutter. „Streiks sind von Gesetzes wegen möglich. Folglich kann sich der Betreiber der Kita auf höhere Gewalt berufen. Auch Kosten für eine anderweitige Kinderbetreuung sind nicht erstattungsfähig, sondern müssen von den Eltern selbst getragen werden.“

Kann ich mein Kind mit zur Arbeit mitnehmen?

Das muss jeder Arbeitgeber individuell entscheiden. „Ein einklagbares Recht hierauf gibt es nicht. Vielmehr steht es im Ermessen des Arbeitgebers, ob er gestattet, dass das Kind mit ins Büro gebracht werden darf“, so Dr. Annett Böhm. Natürlich ist auch nicht jede Arbeitsumgebung für Kinder gleichermaßen geeignet. Für Eltern, die einen Bürojob ausüben, ist es grundsätzlich eher möglich, Ihre Kinder mitzubringen, als für Eltern, die beispielsweise in einem Krankenhaus, einer Fabrik oder im Einzelhandel arbeiten. Wenn der Arbeitsplatz generell geeignet ist, rät Dr. Annett Böhm: „Fragen kostet nichts! Eventuell organisiert der Arbeitgeber sogar selbst eine interne Kinderbetreuung für alle betroffenen Eltern.“

Welche Unterstützung können Arbeitgeber bieten?

Besonders wie jetzt im Falle eines bundesweiten Kita-Streikes stehen Sie nicht allein vor dem Problem, eine Betreuungsalternative finden zu müssen – anderen Eltern geht es genauso! Viele Arbeitgeber bieten Ihren Angestellten bereits Leistungen an, um Sie in Betreuungsfragen zu unterstützen, beispielsweise in Form einer Notfallbetreuung.

 

Wenn Ihr Arbeitgeber solche Leistungen noch nicht anbietet, können Sie den aktuellen Kita-Streik nutzen, um ihn auf diese Möglichkeiten hinzuweisen. Denn familienunterstützenden Dienstleistungen sind nicht nur für Sie als Arbeitnehmer ein Plus: Auch Unternehmen profitieren davon, wenn Sie nicht aufgrund von Betreuungsengpässen fehlen oder unkonzentriert sind, weil Sie sich den Kopf darüber zerbrechen, wie Sie die Betreuung während des Kita-Streikes stemmen können.

 

 

 

Dr Annett Böhm groß (2)Zur Person Dr. Annett Böhm

 

Dr. Annett Böhm ist Fachanwältin für Arbeitsrecht. Sie berät und vertritt von ihrer Kanzlei in Bad Schwartau / Lübeck aus deutschlandweit Unternehmen, Führungskräfte und Angestellte aus den unterschiedlichsten Bereichen zu sämtlichen arbeitsrechtlichen Fragestellungen. Ihre Schwerpunkte liegen dabei unter anderem auf dem Gebiet des Kündigungsschutzes, des Arbeitszeitrechtes und des Teilzeit- und Befristungsrechts. Daneben ist sie Lehrbeauftragte für den Bereich Arbeitsrecht, Autorin und Mitautorin einer Vielzahl arbeitsrechtlicher Publikationen sowie Referentin auf arbeitsrechtlichen Fortbildungsveranstaltungen.

 

 

 



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