Silber im Haar und Gold im Herzen – Ja, so sind sie, unsere Großeltern. Bei ihnen dürfen die Enkel nicht nur häufiger in die Keksdose greifen, sondern erfahren auch eine besondere Form der Zuwendung. Während Eltern oft mit beruflichen Fragen und der Organisation des Alltags beschäftigt sind, sind Oma und Opa einfach da. So ist es zumindest für Familien, die nahe beieinander wohnen und bei denen sich die Großeltern guter Gesundheit erfreuen. Zunehmende Verstädterung und die Diversifizierung von Lebens- und Familienformen führen dazu, dass sich viele Familien nur noch selten sehen. Um ihren Kindern trotzdem auch im nahen Umfeld den Kontakt mit der älteren Generation zu ermöglichen, suchen immer mehr Eltern gezielt nach Kinderbetreuern im Seniorenalter. Leihgroßeltern heißt das Konzept. Doch, abgesehen von ihrem Vorsprung in Lebenserfahrung, was ist so besonders an ihnen? Was macht sie zu begehrten Kinderbetreuern?
Sind Leihgroßeltern vielleicht sogar besser als die klassischen Babysitter?
Betreut.de wollte den gängigen Fragen, Vorstellungen und Vorurteilen dieser beiden Betreuungsgruppen einmal genauer auf den Grund gehen. Was können Familien erwarten, wenn sie sich für die eine oder andere Betreuungsform entscheiden? Holt man sich eine etwas stachelige Leihoma à la „Mrs. Doubtfire“ ins Haus? Oder eine „Mary Poppins“, die lieber ihre eigenen Regeln und Werte vermitteln möchte?
Die weitreichende Mitgliederbasis von Betreut.de erlaubt es, Leihgroßeltern und Babysitter auf Grundlage ihrer Profilangaben in einer deskriptiven Datenanalyse einander gegenüberzustellen. Hierfür wurden 60.000 Profile aus dem Jahr 2016 ausgewertet und anhand ihrer Durchschnittswerte miteinander verglichen.
Darüberhinausgehende Fragen wurden in einem Experteninterview mit Prof. Dr. Birgit Blättel-Mink besprochen, die mit ihrem Forschungsteam an der Goethe-Universität Frankfurt am Main das Phänomen Leihgroßeltern (mit Schwerpunkt Leihopas) in Hessen untersucht hat (Projektabschluss: November 2016).
Los geht’s!
Annahme 1: Leihgroßeltern geht es um die Kinder; Babysitter wollen sich etwas dazu verdienen.
Leihgroßeltern erwarten einen höheren Stundenlohn als Babysitter und liegen damit sogar über dem Durchschnittslohn, den Familien zahlen wollen.
Prof. Dr. Blättel-Mink kam mit ihrer Studie zum Ergebnis, dass die meisten Leihgroßeltern von der Idee motiviert sind, die im Ruhestand zur Verfügung stehenden Zeitpotenziale sinnvoll und nutzenstiftend einzubringen. Als Leihoma oder -opa zu arbeiten ist vor allem dann interessant, wenn eigene Enkelkinder fehlen oder weit entfernt leben. „Der Wunsch, eine emotionale Beziehung zu einem Kind aufzubauen, Zeit mit ihm zu verbringen und ihm sein Wissen und seinen Erfahrungsschatz zu vermitteln, bilden die wesentlichen Motive“, so die Soziologin.
Da viele Babysitter primär einer anderen Tätigkeit nachgehen, selbst noch die Schulbank drücken oder die Uni besuchen, liegt die Vermutung nahe, dass ihre Hauptmotivation für diesen Job vor allem die Bezahlung ist und weniger die Kinder. Der Blick auf die Zahlen von Betreut.de zeigt jedoch ein anderes Bild: Der Stundenlohn, den Babysitter aktuell in Deutschland durchschnittlich erwarten, liegt bei 9,12 Euro. Damit liegen ihre Erwartungen sogar unterhalb dessen, was Familien 2016 bereit waren zu zahlen, nämlich 10,32 Euro.
Bei den Senioren lassen sich ehrenamtliche und für eine Vergütung arbeitende Leihgroßeltern unterscheiden. Nicht-ehrenamtliche Leihgroßeltern erwarten derzeit bei Betreut.de einen Bezahlung von durchschnittlich 10,81 Euro pro Stunde und überschreiten damit sogar die Lohnvorstellungen von Familien aus dem Jahr 2016 um ca. 50 Cent.
Interessanterweise sind Familien im Durchschnitt bereit, einem Babysitter mehr zu zahlen, als einer Leihoma oder einem Leihopa. Je nachdem, wie viel Erfahrung diese in der Kinderbetreuung mitbringen, kann es jedoch angemessen sein, die Vergütung noch etwas anzuheben.
Annahme 2: Babysitter sind im Umgang mit Kindern weniger erfahren als Leihgroßeltern
Leihgroßeltern haben durchschnittlich 3 Jahre mehr Erfahrung in der Kinderbetreuung als Babysitter
Babysitter haben häufiger Zusatzqualifikationen für die Notfallversorgung; in betreuungsspezifischen Bereichen liegen Leihgroßeltern weiter vorne
Die auf Betreut.de registrierten Leihgroßeltern bringen durchschnittlich ca. drei Jahre mehr Erfahrung in der Kinderbetreuung mit als die klassischen Babysitter. Aufgrund ihres Altersvorsprungs können viele Leihomas und -opas zudem davon profitieren, bereits eigene Kinder aufgezogen zu haben. Damit können Babysitter jungen Alters natürlich nur schwer mithalten. Viele von ihnen wissen jedoch durchaus ihren geringeren Erfahrungsschatz auszugleichen: Babysitter sind häufiger bemüht, sich durch Zusatzqualifikationen, wie dem Babysitter-Diplom, Erste Hilfe- und Wiederbelebungs-Trainings, weiterzuentwickeln – häufiger noch als Leihgroßeltern. Diese sind wiederum in der frühkindlichen Erziehung und der Betreuung von Kindern mit Behinderungen häufiger qualifiziert.
Annahme 3: Babysitter kommen und gehen; Leihgroßeltern bleiben
Da sich Babysitter meist noch in der Ausbildung oder im Studium befinden, ist anzunehmen, dass sich ihre Lebensbedingungen schnell mal ändern können. Hier Klausuren, da ein Praktikum und spätestens beim Umzug in eine andere Stadt war es das mit dem Babysitting. Die Zusammenarbeit kann also einen eher kurzfristigen und teilweise auch sprunghaften Charakter haben.
Bei Leihgroßeltern können Familien dagegen von einer länger bestehenden Beschäftigung ausgehen. Prof. Dr. Blättel-Mink bestätigt dies vor allem bei ehrenamtlichen Leihgroßeltern. Hierbei wird auch von den Eltern eine freundschaftliche, in Teilen gar familiäre Beziehung angestrebt, die z.B. auch mal beim gemeinsamen Kaffeetrinken oder am Geburtstag zelebriert wird. „Es ist nicht unrealistisch, dass sich daraus ein dauerhafter, über die Kinderbetreuung hinausgehender Kontakt entwickelt“, so Blättel-Mink.
Annahme 4: Leihgroßeltern sind nicht mehr so agil; lebhafte Kinder überfordern sie
Leihgroßeltern und Babysitter sind im Durchschnitt zu gleichen Teilen bereit, die Kinder beim Schwimmen zu beaufsichtigen
Auch wenn Senioren mit der jugendlichen Fitness einer 20-Jährigen vielleicht nicht mehr ganz so mithalten können und verständlicherweise hin und wieder an ihre körperlichen Grenzen stoßen, ist festzuhalten, dass viele ältere Menschen eine grundsätzliche Bereitschaft mitbringen, auch körperlichen Aktivitäten nachzugehen. Beim Blick auf die Daten von Betreut.de zeigt sich, dass sich Leihgroßeltern selbst den Besuch im Schwimmbad zu einem gleich großen Anteil (31%) wie jüngere Babysitter zutrauen. Nach den Erkenntnissen von Prof. Dr. Blättel-Mink gibt der Dienst einer Leihgroßelternschaft den Senioren das Gefühl, sich sogar zusätzlich zu verjüngen. Lebhafte Enkelkinder stellen deshalb für viele von ihnen grundsätzlich erstmal kein Problem dar.
Annahme 5: Babysitter sind sprachgewandter
Zwei Drittel der Babysitter beherrschen mindestens eine Fremdsprache
In einer globalisierten Welt legen immer mehr Eltern Wert darauf, ihre Kinder frühzeitig an andere Sprachen heranzuführen oder gar bilingual zu erziehen. Dieser Bedarf wird vor allem von jüngeren Babysittern gedeckt. Zwei von drei Babysittern beherrschen mindestens eine Fremdsprache. Mit immerhin 47% kann sich aber auch das Sprachentalent der Leihgroßeltern sehen lassen.
Annahme 6: Babysitter sind fauler als Leihgroßeltern
Bei der Übernahme zusätzlicher Tätigkeiten, haben Leihgroßeltern und Babysitter im Durchschnitt eine ähnlich hohe Bereitschaft
Die Kinder schlafen, also ab vor den Fernseher. Wer glaubt, dass dies der Idealvorstellung eines Kinderbetreuers entspricht, täuscht sich. Nach Prof. Dr. Blättel-Mink setzen sich gerade Leihgroßeltern im Hinblick auf ihre Dienste besonders hohe Ansprüche: „Sie nehmen ihre Aufgabe sehr ernst und wünschen sich entsprechende Tätigkeiten, die sie fordern. Die Kinder lediglich beim Fernsehen oder Schlafen zu beaufsichtigen, würde ihren Erwartungen nicht genügen. Sie wünschen sich, dass bei den Kindern durch ihren Kontakt etwas hängen bleibt.“
Nach den Angaben auf Betreut.de wollen sich aber auch junge Babysitter keineswegs auf die faule Haut legen. Im Gegenteil: viele von ihnen sind bereit, auch Tätigkeiten auszuüben, die über das klassische Spielen und Ins-Bett-Bringen der Kinder hinausgehen. Besorgungen, Lebensmitteleinkäufe oder die Übernahme leichter Haushaltsaufgaben – kein Problem für mehr als die Hälfte aller Babysitter! Von den Leihgroßeltern unterscheiden sie sich damit nur minimal.
Annahme 7: Leihomas können besser kochen
In ihrer Bereitschaft zu Kochen unterscheiden sich Leihgroßeltern und Babysitter nur mit drei Prozent.
Wenn es nach den Kindern geht, müsste man die Qualität der Mahlzeiten wohl am Brokkoli- und Spinat-Gehalt bemessen. Da Geschmäcker verschieden sind, soll diese Beurteilung lieber offen gelassen werden. Was Betreut.de jedoch anhand seiner Daten beschreiben kann, ist die generelle Bereitschaft der Leihgroßeltern und Babysitter, ihre Kochkünste bei der Betreuung der Kinder einzubringen. Das trauen sich zwei Drittel der Babysitter zu. Leihomas liegen lediglich 3 Prozentpunkte weiter vorne.
Annahme 8: Leihgroßeltern sind besonders flexibel und mobil
Leihgroßeltern sind im Durchschnitt häufiger flexibel und mobil als Babysitter
Da im (Vor-)Rentenalter weniger (berufliche) Termine und Verpflichtungen anstehen, gelten Leihgroßeltern als besonders flexibel. Die Daten von Betreut.de können das bestätigen. Wenn es um die zeitliche Verfügbarkeit geht, sind 50% der Seniorinnen und Senioren gerne auch mal kurzfristig zur Stelle – bei den Babysittern sind es nur 40%.
Wer mehr Zeit hat, ist in der Regel auch mobiler. Auch das können die Daten bestätigen: Die Kinder an einen anderen Ort bringen oder von dort abholen? Kein Problem, wenn nötig auch mit dem Auto, denn über die Hälfte von ihnen besitzt den Führerschein. Auch hier kommt ihnen womöglich wieder ihr Lebenserfahrung zugute. Darüber hinaus sind Leihgroßeltern häufiger als Babysitter bereit, die Familie auf Reisen zu begleiten und dort die Betreuung der Kinder zu gewährleisten.
Kommen wir nun rückblickend noch einmal zurück zu der eingangs gestellten Frage:
Sind Leihgroßeltern die besseren Babysitter?
Leihgroßeltern wie auch Babysitter bewirken durch die Übernahme der Kinderbetreuung eine wichtige Erleichterung im Alltag von Familien. Die geliehenen Großeltern sind jedoch noch mehr als das. Sie können ein Berater sein, ein Freund oder eben eine „richtige“ Oma, ein „richtiger“ Opa, die/der zwar nicht mit dem Kind biologisch verwandt ist, mit dem sich aber ganz ähnliche und langjährige Beziehungen entwickeln können.
Rein im Hinblick auf die Betreuungsleistungen der beiden Gruppen zeigen die Daten von Betreut.de, dass durchschnittlich nur geringe Unterschiede bestehen. Lediglich bei der Erfahrung gibt es größere Differenzen. Wem dies nicht so wichtig ist, kann bei beiden Altersgruppen eine passende Betreuung finden. Dennoch sollten Familien sorgfältig überdenken, ob Leihgroßeltern für sie Sinn machen und ob sie selbst im Gegenzug die Ansprüche der Seniorinnen und Senioren gut erfüllen können. Dabei ist es ratsam, auch die biologischen Großeltern der Kinder in den Blick zu nehmen, um sicherzustellen, dass keine Konflikte entstehen. Nach der Studie von Prof. Dr. Blättel-Mink passen sich Leihgroßeltern vor allem in unvollständigen Familien gut ein, zum Beispiel bei Alleinerziehenden. Letztendlich ist es jedoch individuell zu entscheiden. Je nach Familie, ihren Ansprüchen, den gewünschten Aktivitäten und dem jeweiligen Betreuungsaufwand eignet sich mal ein Babysitter, mal eine Leihoma besser.
Leihgroßeltern sind gefragt, aber rar
Obwohl noch wenig verbreitet, sind Leihgroßeltern sehr gefragt. Bei Betreut.de hat im Jahr 2016 immerhin jede fünfte Familie, diese Betreuungsform für ihre Kinder in Erwägung gezogen. Vielerorts ist dieses Interesse jedoch noch bei zu wenigen Senioren angekommen. Das folgende Ranking bildet ab, wo die Wahrscheinlichkeit, schnell eine Leihoma zu finden, am größten ist.
Die eigene Stadt ist nicht darunter? Weiter unten ist die vollständige Tabelle mit allen 102 Städten.
Das Ranking basiert auf unternehmensinternen Daten von Betreut.de aus dem Jahr 2016. Hierfür wurde die Anzahl der pro Stadt zur Verfügung stehenden Leihgroßeltern ins Verhältnis mit der Anzahl der von Familien ausgeschrieben Leihoma-Gesuchen gesetzt. Je mehr verfügbare Leihgroßeltern pro Gesuch, desto größer sind die Chancen, auch tatsächlich den passenden Kandidaten zu finden. Um realistische Ergebnisse zu erzielen, wurden alle Städte mit weniger als 20 Leihoma-Ausschreibungen aus dem Ranking ausgeschlossen.
Ihre Meinung interessiert uns!
Wen würden Sie persönlich lieber für die Betreuung Ihrer Kinder einstellen: einen Babysitter oder eine Leihoma? Machen Sie mit bei unserer Kurzumfrage!
Städte mit den besten Chancen, Leihgroßeltern zu finden
Ranking | Stadt |
1 | Offenbach am Main |
2 | Jena |
3 | Osnabrück |
4 | Paderborn |
5 | Kassel |
6 | Bochum |
7 | Wuppertal |
8 | Dortmund |
9 | Tübingen |
10 | Augsburg |
11 | Würzburg |
12 | Trier |
13 | Bielefeld |
14 | Göttingen |
15 | Heidelberg |
16 | Hamm |
17 | Freiburg im Breisgau |
18 | Duisburg |
19 | Hildesheim |
20 | Aachen |
21 | Darmstadt |
22 | Kiel |
23 | Regensburg |
24 | Saarbrücken |
25 | Erlangen |
26 | Oberhausen |
27 | Mainz |
28 | Karlsruhe |
29 | Erfurt |
30 | Münster |
31 | Mönchengladbach |
32 | Solingen |
33 | Dresden |
34 | Koblenz |
35 | Magdeburg |
36 | Leverkusen |
37 | Leipzig |
38 | Ludwigshafen am Rhein |
39 | Konstanz |
40 | Mannheim |
41 | Halle (Saale) |
42 | Wiesbaden |
43 | Nürnberg |
44 | Hanau |
45 | Braunschweig |
46 | Hannover |
47 | Schwerin |
48 | Rostock |
49 | Lübeck |
50 | Essen |
51 | Chemnitz |
52 | Ingolstadt |
53 | Lüneburg |
54 | Oldenburg |
55 | Reutlingen |
56 | Berlin |
57 | Krefeld |
58 | Troisdorf |
59 | Köln |
60 | Bergisch Gladbach |
61 | Heilbronn |
62 | Frankfurt am Main |
63 | Stuttgart |
64 | Rosenheim |
65 | Bremen |
66 | Ulm |
67 | Potsdam |
68 | Mülheim an der Ruhr |
69 | Landshut |
70 | Düsseldorf |
71 | Neuss |
72 | Bonn |
73 | Hamburg |
74 | Bornheim |
75 | Fürth |
76 | Ludwigsburg |
77 | Friedrichshafen |
78 | Baden-Baden |
79 | Viersen |
80 | Ravensburg |
81 | München |
82 | Weinheim |
83 | Bad Homburg |
84 | Hürth |
85 | Leonberg |
86 | Norderstedt |
87 | Fürstenfeldbruck |
88 | Lörrach |
89 | Hofheim am Taunus |
90 | Königswinter |
91 | Ratingen |
92 | Pulheim |
93 | Leinfelden-Echterdingen |
94 | Gera |
95 | Dreieich |
96 | Oberursel (Taunus) |
97 | Buxtehude |
98 | Unterhaching |
99 | Meerbusch |
100 | Holzkirchen |
101 | Starnberg |
102 | Falkensee |
Infografik
Bildnachweis: Betreut.de