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Katharina Walter: Fleischlos glücklich?

Eignet sich vegetarische/vegane Ernährung für Kinder?

Kein Fleisch, keine Milch, keine Eier? Wir haben nachgefragt, welche Ernährungsform Deutschlands Elternblogger für ihre Kinder bevorzugen. Diesmal mit Katharina Walter vom Blog Mein geliebtes Kind.

Eignet sich eine vegetarische/vegane Ernährung für Kinder?

„Aber du brauchst doch Fleisch, um gesund zu bleiben?“, „Du wirst dann bestimmt Mangelerscheinungen haben!“, „Dir fehlen dann aber wichtige Nährstoffe.“ Sätze wie diese gingen mit meiner Entscheidung, vegan zu leben, einher. Welche Kritik ich erfuhr, als auch eines meiner Kinder beschloss, vegetarisch zu leben bzw. sich ein anderes gänzlich vegan ernährt, muss ich Ihnen vermutlich gar nicht erzählen.

Vegan als Familie – so what?

Ich hatte weder gesundheitliche Probleme, noch wollte ich abnehmen oder mich gesünder ernähren. Ich hatte schlichtweg einen Beitrag über Mastbetriebe und das Verfahren mit Jungtieren im damals noch in meinem Leben existierenden Fernsehen gesehen und es war passiert. Von einem Tag auf den anderen beschloss ich, dass man Jungtiere nicht essen könne. Dass ICH Jungtiere nicht mehr essen könne.

Noch im selben Atemzug mit diesem Entschluss kam die Einsicht, dass wenn ich Babys nicht mehr essen wollte, es ziemlich fragwürdig wäre, deren Eltern zu verspeisen. Ich wurde mir darüber bewusst, dass ich zwischen der Wertigkeit von Leben – ob groß oder klein, Mensch oder Tier – keinen Unterschied machte und strich kurzerhand – etwa eine Stunde später – folgerichtig sämtliches Fleisch von meinem Speiseplan. Doch damit nicht genug. Alles, was mit der Fleischindustrie einherging, wurde mir plötzlich sonnenklar und sogleich zuwider. Eier, Käse, Jogurt, Honig und sämtliche Milchprodukte wanderten auf meine imaginäre schwarze Liste und ich saß nach zwei Stunden überzeugt aber etwas hilflos vor der Frage: Was esse ich denn dann noch? Und was ist mit den Kindern?

Vegan – ok. Und wie geht das?

Die Stimmen all jener, die „vegan“ zum ersten Mal hörten, oder die sich aus Medienberichten eine Meinung gebildet hatten, tauchten natürlich auch auf – das allerdings meist ungefragt. Nicht selten wurde ich als verantwortungslos und „Trendsetter“ kritisiert, der diese Flausen ohnehin bald wieder ad acta legen würde. Nun, diese Flausen sind mittlerweile Alltag und dauern bereits 8 Jahre an.

Mittlerweile sind zwei weitere Kinder in den Genuss dieser „verrückten veganen Mutter“ gekommen und dürfen erfahren, dass Nahrung nähren und uns im Erhalt unserer Gesundheit, sowohl körperlich, als auch seelisch, dienen darf. Wer mit einem schlechten Gewissen Fleisch isst und sich danach damit entschuldigt, dass er nur sehr selten und nur biologisch geschlachtetes Tier zu sich nimmt, wird sich auf seelischer Ebene nicht gut nähren. Meine Haltung dem Leben gegenüber und mein Mitgefühl für jedes Lebewesen, das eine Mutter hat, ließ meine Seele sprichwörtlich aufatmen, als keine tierischen Produkte mehr auf meinem Teller landeten.

Dieses Bewusstsein gab und gebe ich natürlich automatisch an meine Kinder weiter und durch Vorbild und Nachahmung ergab sich für sie der jeweils individuelle Weg ihrer Ernährung. Ich ließ mich vollends darauf ein, auch in Fragen der Ernährung keine Erziehung walten zu lassen und so isst mein ältester Sohn nach wie vor alles, meine Tochter lebt seit 3 Jahren vegetarisch und mein jüngster Sohn lebt vegan.

Ein grüner Smoothie als Stärkung für die Kinder während des Lernens.

Das Leben drumherum – die „Anderen“

Es sollte lange dauern, bis es annähernd „normal“ wurde und ich keine Querschläge mehr dafür erntete, was ich aß und warum, oder dass meine Kinder sich sowohl vegan, als auch vegetarisch und omnivor ernähren. Lange versuchten Menschen noch, meiner Tochter Wurst anzubieten, oder dem Jüngsten tierische Produkte schmackhaft zu machen. Ich schaute zu und staunte, wie selbstbewusst und sicher sie dankend ablehnten.

Ich fand es spannend zu sehen, wie sehr meine Entscheidung scheinbar für andere permanent ein Thema war, während es für mich und die Kinder – die es ja ausschließlich betraf – schon lange keines mehr war und wir unseren ganz natürlichen Umgang mit Nahrung gefunden hatten.

Was veganes Leben mit Kindern für mich NICHT ist

Veganes Leben besteht nicht darin, Tabellen zu studieren, auf Nährwerte zu achten und in der Angst zu leben, seinem Körper etwas Wichtiges vorzuenthalten, sondern im genauen Gegenteil. Mein Verständnis einer ganz natürlich tierleidfreien Ernährung umfasst das Vertrauen in meinen Körper und seine Mechanismen, mein gesundes Hunger- und Lustgefühl, meinen Geruchssinn und die Wahrnehmung dessen, was mich anzieht und was eher abstößt, wenn ich in einen Supermarkt gehe. Ich liebe es, diese Erfahrungen mit den Kindern gemeinsam zu machen und zu erkunden, was wir an ansprechenden, einladenden Lebensmitteln finden und mitnehmen möchten und was wir lieber in seinem Plastikmantel in der Auslage liegen lassen. Wir folgen dem Fluss des Lebens und die Kinder können aus diesem Grund auch genau das essen, was sie brauchen, um sich genährt zu fühlen.

Buffet der Möglichkeiten – einer jeder wie er mag

Mein ältester Sohn isst nach wie vor alles, wenngleich er – wenn wir zusammen sind – sehr wenig bis gar kein Fleisch verzehrt und wenn, dann sehr bewusst. Meine Tochter entschied vor knapp 3 Jahren, dass sie vegetarisch leben möchte und hat dies kurzerhand in die Tat umgesetzt. Mein jüngster Sohn wurde vegan geboren und lebt ganz natürlich ohne tierische Produkte. Er griff nie selbstständig zu tierischen Lebensmitteln und heute, da er um die Herkunft von Fleisch, Eiern und Käse weiß, stellt sich ihm die Frage nach einer „anderen Ernährungsweise“ gar nicht. Er ist kerngesund, war noch nie krank und wurde nach seiner Geburt mit knapp 5 kg Startgewicht, 2,5 Jahre „vegan gestillt“. Von mager und Mangel keine Spur.

Während der Schwangerschaft habe ich natürlich immer wieder Kommentare gehört, die sich aus der Angst meines Umfelds nährten. Ich setze das Baby und mich Schädigungen aus, es ergäben sich Mangelerscheinungen und eine chronische Unterernährung wäre die absehbare Folge meines egoistischen Handelns. Immer wieder maßten Menschen sich an, beurteilen zu können, was mein Körper oder der meines ungeborenen Kindes brauchten. Ich hörte diese Stimmen und verstand die Angst dahinter, wertschätzte die Anteilnahme an meinem Leben durchaus, aber überhörte sie dann bewusst als „nicht wahr für mich“. Ich ließ meine eigenen Erfahrungen mit meinem Körper und in Beziehung zu meinem Sohn zu. Ich blieb bewusst gesund und in Verbindung zu meinem System.

Essgewohnheiten heute

Heute also essen wir nach wie vor alle das, was sich für uns richtig anfühlt. Wir achten seit jeher auf eine grüne, ökologische und ausgewogene Ernährung und neben Obst, Gemüse, Hülsenfrüchten und Vollkornprodukten, genießt jeder in der Familie auch mal sein „ungesundes Lieblingsessen“.  Mir ist es wichtig, Vorbild für ein bewussteres Essen und das Hinterfragen des Konsumverhaltens zu sein, das wir beobachten können. Die Kinder kennen und verstehen meine Haltung und wir sind in natürlichem Austausch darüber, was Nahrung bedeutet und worin sie uns dient oder auch schaden kann. Sie entscheiden auf dieser Grundlage selbst, was sie zu sich nehmen möchten und können dies auch bewertungsfrei tun. Frisches Obst und Gemüse stelle ich immer für sie bereit und es bleibt selten lange unberührt.

Mit jedem Tag und jedem Einkauf sehe ich mich heute darin bestätigt, dass junge Menschen von Anbeginn kompetent und selbstverantwortlich spüren können, was für sie das Richtige ist und was ihre Körper gerade brauchen. Bei der Frage, welches Nahrungsmittel ihnen zur Sättigung dieses Gefühls dienen kann, darf ich dann begleitend zur Seite stehen und den Apfel statt des Lollis oder das Vollkornaufstrichbrot anstelle des Toasts mit Marmelade vorschlagen. Und dann handhaben wir es wie bei allem: keine Dogmen, kein „entweder, oder“, kein „richtig und falsch“, sondern der Freude und dem eigenen Körpergefühl aufmerksam folgend.

Über Katharina Walter

Mein Name ist Katharina Walter und ich begleite drei Kinder auf ihrem Weg durch Leben und Lernen. Ich bin kreativer Kopf meines Blogs Mein geliebtes Kind, der von unserem Leben auf 6 Rädern, dem Freilernen, bedürfnisorientierter Elternschaft und Themen der Selbstliebe und -verantwortlichkeit berichtet. Ich begleite Menschen als Coach und Kursveranstalterin auf ihrem Weg in ein bewusstes und selbstverantwortliches Leben und bin als Online-Kongressveranstalterin sowie Sprecherin in diesem Bereich tätig.

Vegane Ernährung für Kinder

Liebe Elternblogger, macht mit!

Was landet bei euch auf den Tellern? Wir rufen alle Elternblogger, die sich in unseren Interviews wiederfinden, auf: Meldet euch bei uns unter julia.schambeck@care.com! Erzählt uns von den Ernährungsgewohnheiten eurer Kinder und euren persönlichen Erfahrungen damit.

Alle Leser ohne eigenen Blog können uns gern in einem Kommentar unter diesem Artikel ihre Meinung zum Thema vegetarische/vegane Ernährung bei Kindern erzählen. Wir sind gespannt auf eure Aussagen!

Hier geht es zu den Interviews!

Mindestalter Babysitter



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