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Stottern bei Kindern

Wie das richtige Sprechtraining helfen kann

Ein Prozent aller Erwachsenen und fünf Prozent aller Kinder stottern. Viele von ihnen leiden darunter. Doch mit dem richtigen Training ist das Stotterproblem zu lösen.

„Ha-ha-ha-ha!“

Nein, hier hat niemand einen Witz erzählt. Ganz im Gegenteil, es geht um harte Arbeit. Denn diese Silben sind ein wesentlicher Bestandteil des Sprechtrainings der Bonner Sprechtrainerin Sabine Kloiber, die seit mehr als zehn Jahren stotternden Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen bei ihrem Sprechproblem hilft.

 

Einer ihrer aktuellen Schüler ist der 19 Jahre alte Maurice, der auf der Suche nach einem Ausbildungsplatz ist. Bereits im ersten Gespräch, das Sabine Kloiber mit Maurice führt, hört sie, wo es hakt: „Maurice klemmt auf bestimmten Lauten. Er spricht sehr schnell, verhaspelt sich und spricht undeutlich.“ Für die erfahrene Sprechtrainerin ein eher leichter Fall – in den kommenden zwei Wochen wird sie mit Maurice an dessen Atmung und Aussprache arbeiten.

 

In der ersten Woche sprechen Sabine Kloiber und Maurice im Staccato, das heißt, sie zerlegen jedes Wort in Silben.  Zudem  arbeitet die Trainerin gezielt mit ihrem Schützling an der Atmung aus dem Zwerchfell und an seiner Aussprache. Dazu gehört unter anderem auch ein intensives Zungentraining.  Neben dem täglichen Unterricht von zehn bis fünfzehn Uhr gibt Sabine Kloiber Maurice – wie fast allen ihren Schülern – Hausaufgaben, damit er auch abends noch ein wenig übt.

Harte Arbeit

Sabine Kloiber weiß, dass sie ihren Schützlingen viel zumutet. Sie weiß aber auch, dass sich die Anstrengung lohnt. Denn die Ergebnisse können sich sehen lassen: Die meisten Schüler sprechen nach dem Intensivtraining und der sich anschließenden Nachsorge frei und flüssig. Vor allem bei Kindern und Jugendlichen greift ihr Sprechtraining. Aber auch erwachsenen Menschen, die bereits seit langer Zeit stottern und unter Schwerstblockaden leiden, konnte Sabine Kloiber in vielen Fällen helfen und eine deutliche Verbesserung bewirken. Das hat nichts mit Zauberei zu tun. Im Gegenteil – sie betont immer wieder, dass das Sprechtraining mühsam und körperlich anstrengend ist und konsequentes tägliches Arbeiten sowohl im intensiven Teil als auch in der Nachsorgezeit verlangt.

 

Mit dem Erfolg ihres Sprechtrainings ist Sabine Kloiber sehr zufrieden. Es macht ihr Spaß, es immer wieder auf das spezielle Sprechproblem ihrer kleinen und großen Schüler anzupassen und weiterzuentwickeln. Ihr ganzer Stolz ist ihr gut funktionierendes „Ehemaligen-Netzwerk“, denn ihre Schüler melden sich oft noch Jahre später bei ihr. Wenn sie dann hört, wie positiv sich deren Leben seit dem Training entwickelt hat, weiß sie, dass sie das Richtige tut.

Auf dem Weg zum „runden“ Sprechen

Aber zurück zu Maurice, der im nächsten Schritt lernen muss, Wörter, Sätze und ganze Texte Silbe für Silbe laut und deutlich im Einklang mit der Atmung aus dem Zwerchfell nachzusprechen. Und die Übungen zeigen Wirkung: Maurices Sprechen in der Silbe wird in der ersten Trainingswoche immer gefestigter, die Aussprache deutlicher, und seine Stimme klingt hörbar voller. Am Ende der ersten Woche ist die angestrebte Atemstütze erreicht.

 

In der zweiten Woche kommen weitere Übungen hinzu, sowohl für die Atmung als auch für die Artikulation. Da Maurice seine Atemstütze erreicht hat und seine Aussprache deutlich und klar ist, führt die Trainerin ihn in ein gebundenes, natürliches Sprechen zurück. Das wird schnell immer „runder“, wie Sabine Kloiber es nennt. Damit meint sie, dass sich eine Bindung zwischen Atmung und Aussprache aufbaut.

 

Innerhalb weniger Tage ist aus Maurice ein guter Sprecher geworden – die Anstrengung hat sich gelohnt. Er holt vor dem Sprechen tief und ruhig Luft und lässt sich beim Sprechen Zeit. Er meistert alle Übungen, die im Laufe des Trainings hinzukommen und bewegt sich sicher in den Texten, die immer anspruchsvoller werden.

 

Am letzten Tag des Unterrichts erhält Maurice sein Übungsprogramm für die Nachsorgezeit. Es ist speziell auf sein Sprechproblem zugeschnitten und wird ausführlich erklärt und eingeübt, damit sich keine Fehler einschleichen. Anhand dieses Programms wird Maurice noch viele Monate täglich üben müssen, um das im Intensivtraining Erarbeitete zu festigen.

Wie alles begann

Sabine Kloiber ist als Sprechtrainerin eine Quereinsteigerin. Angefangen hat alles vor über zwanzig Jahren mit ihrem Sohn Fabian, der im Alter von drei Jahren zu stottern begann. Mutter und Sohn versuchten mehrere Therapien, aber das Stottern wurde schlimmer. Als Fabian neun Jahre alt war, lernte Sabine Kloiber den Hamburger Sprechtherapeuten Ernst-Michael Ippich kennen, der innerhalb von drei Wochen das Stotterproblem des Jungen löste.

 

Von der nachhaltigen Wirkung des Trainings beeindruckt, beschäftigte sich Sabine Kloiber in der Folge intensiv mit dessen Verfahren, die auf der Methodik des Pforzheimer Stimm- und Sprachforschers Dr. Karl Hartlieb gründet.  Auf Basis der Dr. Hartlieb-/Ippich-Methode entwickelte sie schließlich ihr eigenes Sprechtraining und konnte damit einem stotternden Freund ihres Sohnes zu einer flüssigen Aussprache verhelfen.

 

Bis heute entwickelt sie ihr Training ständig weiter, weil jeder Stotterer ein spezielles Sprechproblem hat, auf das sie individuell eingeht. Heute, zehn Jahre nach dem Training, ist ihr erster Schüler promovierter Biologe und hält Vorträge in deutscher und englischer Sprache.

Ihr Sohn Fabian Kloiber hat 2010 seine Ausbildung zum Schauspieler mit Diplom abgeschlossen und ist seitdem fest am Theater Lüneburg engagiert.

 

Inzwischen hat sich ihr Ruf so weit herumgesprochen, dass ihre Schüler nicht mehr nur aus dem Bonner Raum sondern aus ganz Deutschland zu ihr kommen. In einigen Fällen haben Krankenkassen im Sinne der Einzelfallentscheidung die Kosten für das Training übernommen.

 

Von Stefanie Jordan (in Auszügen):

Stefanie Jordan ist Mutter von zwei Kindern (7 und 9 Jahre) und schreibt als freie Journalistin für verschiedene Magazine, am liebsten über die Themen „Familie“ und „Kinder“. Sie lebt mit ihrer Familie in Langen (Hessen).

 



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