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Uta Vogt: Fleischlos glücklich?

Eignet sich vegetarische/vegane Ernährung für Kinder?

Kein Fleisch, keine Milch, keine Eier? Wir haben nachgefragt, welche Ernährungsform Deutschlands Elternblogger für ihre Kinder bevorzugen. Uta Vogt vom Blog Utas Glück.

Vegan essen mit Kindern? 

Wenn Sie mit dem Gedanken spielen, Ihre Kinder vegetarisch oder gar vegan ernähren zu wollen, machen Sie sich vor allem auf eines gefasst: auf Gegenwind! Denn auch wenn die meisten Menschen niemals Familien im Supermarkt, die ihren Einkaufswagen mit überzuckerten Joghurts, Fleischbergen und Weißmehlprodukten füllen, auf die Nährstoffdichte dieser „Lebensmittel“ ansprechen würden, so fühlen sie sich beim Thema vegane Ernährung bei Kindern leider schnell dazu berufen, einzuschreiten. Bekommt das Kind denn auch genügend Nährstoffe? 

Setzen Sie sich mit Ihren Lebensmitteln auseinander! 

Deshalb besteht mein wichtigster Tipp auch darin, sich vor der Nahrungsumstellung eingehend zu informieren: und zwar aus wissenschaftlichen, seriösen Quellen und nicht aus den Broschüren der Fleisch- und Milchlobby, die Eltern auch im Jahre 2019 noch einreden möchte, dass Fleisch ein unersetzliches, wertvolles Lebensmittel sei. Und, natürlich: „Die Milch macht’s“! Damit meinen diese Lobbyblätter natürlich gesundes Wachstum von Kindern und nicht von Krebszellen, wie es die Wissenschaft mittlerweile schwarz auf weiß bestätigt. Aber so weit sind wir wohl noch lange nicht, dass das Interesse an der Gesundheit der Bevölkerung in diesem Land größer ist, als das Interesse an den Geldbeträgen der Milch- und Fleischlobby. Schade. Aber es ist zum Glück nicht verboten, sich selbständig mit diesen Themen auseinanderzusetzen und sich ein eigenes Bild zu machen – und daraufhin eine Ernährung für sein Kind auszuwählen, die wirklich seiner Gesundheit dient. Ich empfehle dazu wärmstens das Buch „How not to die“ von Dr. Michael Greger – es wird Ihr Leben verändern! 

Absprache mit dem Kinderarzt 

Als wir uns 2010 dazu entschlossen, unsere drei Töchter vegetarisch zu ernähren, habe ich das selbstverständlich mit unserem Kinderarzt abgesprochen und da er weiß, dass ich vollwertig und ausgewogen koche, hat er mich in dieser Entscheidung vollkommen unterstützt. Als ich ihn dann etwas verwundert fragte, warum denn dann immer noch von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung der Genuss von Fleisch empfohlen wird, meinte er lapidar, dass es doch bei diesen Empfehlungen in erster Linie um Schadensbegrenzung ginge: Die allerwenigsten Familien würden, wie wir, mit Vollkorngetreide, Hirse und Gemüse kochen und auf viel Rohkost in der Ernährung ihrer Kinder achten. Leider würden die meisten Kinder in seiner Praxis immer noch täglich weiße Nudeln und Weißmehlprodukte bekommen – und aus diesem Gesichtspunkt heraus empfehle die DGE eben Fleisch, um die Nährstoffmenge ein wenig zu erhöhen. Na, dann. 

Wie unsere Kinder reagierten 

Uns war von Anfang an wichtig, dass wir unseren Kindern nichts verbieten wollen. Aber wie ist das mit den eigenen ethischen Ansprüchen vereinbar? Wir haben für unsere Familie einen Weg gewählt, den die Kinder von Anfang an gut verstanden haben. Woanders dürfen sie komplett selbst entscheiden, was sie von den ihnen angebotenen Lebensmitteln essen möchten, aber unser Familieneinkommen wird nicht für Fleisch- und Wurstwaren ausgegeben. Wir wollten mit unserem Geld einfach nicht länger den sinnlosen Tod von Lebewesen unterstützen und das haben auch schon die damals noch kleinen Kinder verstanden. Anfangs haben sie also noch bei der Oma Wurst bestellt oder auf Kindergeburtstagen das Wienerle mitgegessen und bis heute haben sie diese Freiheit, ohne jegliche Beeinflussung durch uns Eltern. Wie könnten wir auch: Haben wir doch selbst erst im Erwachsenenalter zur vegetarischen Lebensweise gefunden! Mittlerweile lehnen aber alle unsere Kinder Fleisch ab – aus freien Stücken und sogar aus Überzeugung! Nur unser Fünfjähriger isst im Kindergarten bei Festen noch hin und wieder Fleisch. Alle anderen sind mittlerweile überzeugte und glückliche Vegetarier. 

Auch Utas Tochter lehnt Fleisch ab.

Von der vegetarischen zur veganen Ernährung 

Bei unserer Umstellung auf vegetarische Kost spielten Milchprodukte noch eine wesentliche Rolle:  Backen ohne Milch und Ei? Unvorstellbar! Kochen ohne Käse? Niemals! Ja, auch wir hätten uns noch vor wenigen Jahren nicht vorstellen können, uns vegan zu ernähren. Aber je eingehender wir uns mit den gesundheitlichen Auswirkungen von Milchprodukten beschäftigten, desto deutlicher wurde: Das wollen wir unserem Körper nicht mehr antun. Dazu kam die Beschäftigung mit dem unfassbaren Tierleid in der Milchindustrie und die Sache war klar: Wir wollen uns auf den Weg hin zu einer veganen Ernährung begeben. Aber ganz ohne Verbote und in unserem Tempo. Genau auf diesem Weg befinden wir uns seit fünf Jahren, mittlerweile mit vier Kindern. In diesen fünf Jahren haben wir so viel gelernt. Und damit meine ich nicht nur das Backen und Kochen ohne tierische Produkte! Unser Speiseplan ist so bunt und ausgewogen wie nie zuvor. Wir entdecken immer noch so viele neue Gemüsesorten und Zubereitungsarten, experimentieren immer mehr mit Gewürzen und Kräutern. Für uns ist die Beschäftigung mit der veganen Ernährung ein reiner Gewinn! 

Bitte kein Dogma! 

Ganz wichtig ist uns aber, aus unserer Ernährungsform kein Dogma zu machen. Ich persönlich lebe zuhause zu 99 % vegan, aber es ist für mich kein Problem, dass mein Mann und meine Kinder sich noch manchmal Käse auf das Essen streuen. Weitere Milchprodukte und Eier kaufen wir tatsächlich nicht mehr: Ich bin mehr als glücklich mit meiner Hafermilch, mein Mann hat vor Jahren Mandelmilch für sich entdeckt und zum Kochen verwende ich Hafersahne – Eier vermisst hier niemand und beim Backen kann man sie leicht ersetzen. Noch steht bei den Kindern vegetarische Wurst hoch im Kurs, aber auch da kommen immer mehr vegane Alternativen auf den Markt. Solange bleibe ich völlig entspannt. Essen soll in erster Linie Spaß machen, gut schmecken und unsere Körper mit Nährstoffen versorgen. Die wenigen Nährstoffe, die eine vegane Ernährungsweise nicht ausreichend bietet, supplementieren wir (also Vitamin B12). 

Vegan geht auch ungesund 

Aber auch wenn wir mit unserer beinahe veganen Ernährung sehr glücklich sind, so würde ich nicht jedem empfehlen, seine Kinder vegan zu ernähren. Denn, ja: Man kann sich auch vegan völlig ungesund ernähren! Wenn man sich nur von Pommes, veganen Burgern, Sojapudding und veganen Schokoriegeln ernährt, lebt man zwar vegan, aber alles andere als gesund! Vegan ist kein ausreichendes Kriterium für eine gesunde Lebensweise. Zu einer ausgewogenen Ernährung gehören Omega-3-Fettsäuren, die man in bestimmten hochwertigen Pflanzenölen findet, viele Hülsenfrüchte, Nüsse und Kerne, Vollkornprodukte und ganz viel frisches, biologisch angebautes Obst und Gemüse. Wenn man das alles bedenkt und aus diesen Bausteinen jede Woche einen ausgewogenen, möglichst saisonalen Speiseplan erstellt, steht einer gesunden veganen Ernährung nichts im Wege. Und lässt man sich ein auf diese Abenteuerreise pflanzliche Ernährung, so wird man reich belohnt: mit viel Energie und Lebenskraft und einem guten Gewissen, mit seiner Ernährung einen wichtigen Schritt zum Schutz der Tiere und zum Klimaschutz zu leisten. 

Über Uta Vogt

Uta Vogt, Jahrgang 1978, lebt mit ihrem Mann, ihren vier Kindern im Alter zwischen 5 und 15 Jahren und zwei Katzen in der Fränkischen Schweiz. Auf ihrem Blog utasglueck.de teilt sie seit 2018 ihre besten veganen Familienrezepte, kreative Anregungen und die kleinen und großen Momente ihres bunten Familienalltags.  

Liebe Elternblogger, macht mit!

Was landet bei euch auf den Tellern? Wir rufen alle Elternblogger, die sich in unseren Interviews wiederfinden, auf: Meldet euch bei uns unter julia.schambeck@care.com! Erzählt uns von den Ernährungsgewohnheiten eurer Kinder und euren persönlichen Erfahrungen damit.

Alle Leser ohne eigenen Blog können uns gern in einem Kommentar unter diesem Artikel ihre Meinung zum Thema vegetarische/vegane Ernährung bei Kindern erzählen. Wir sind gespannt auf eure Aussagen!

Hier geht es zu den Interviews!

Mindestalter Babysitter




Kommentare
  1. Uta Vogt: Fleischlos glücklich?
    Katharina | Montag,Oktober 21.2019

    Liebe Uta,einen tollen Artikel hast Du geschrieben und ich stimme Dir vollkommen zu!Wir sind auf einem sehr guten Weg hin zur rein pflanzlichen Ernährung, aber noch nicht ganz angekommen!Womit Du allerdings wirklich Recht hast: wenn man sich tatsächlich mit dem Thema gesunde Ernährung befasst, wird die Auswahl meiner Meinung nach nicht total eingeschränkt sondern wunderbar erweitert! Furchtbar finde ich tatsächlich, dass man alleine schon innerhalb des größeren Familienrahmens immer wieder mit Unverständnis konfrontiert wird oder einem Sachen vorgesetzt werden, von denen bekannt ist, dass man sie nicht essen möchte…Wir gehen unseren Weg weiter! Ganz liebe Grüße Katharina

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