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Gewaltfreie Hundeerziehung

Tipps der angehenden Hundetrainerin Julie

Es gibt verschiedene Wege, einen Hund zu erziehen. Die angehende Hundetrainerin Julie von Julie & Bonnie gibt fünf Tipps, wie Sie Ihren Hund gewaltfrei erziehen können.

Vor allem in den Medien wird heutzutage überwiegend nur ​eine Art der Hundeerziehung gezeigt, nämlich die, mit Druck und Gewalt. Hundehaltern wird viel zu häufig zu einem rauen Umgangston geraten: „Dominanz“ in Form von Einschüchterung und Gewalt wird vorausgesetzt, um einen Hund erziehen zu können. Dabei kann man seinen Hund problemlos ohne Einschüchterung oder Gewalt erziehen – und nebenbei zu einem tollen Mensch-Hund-Team heranwachsen. Die angehende Hundetrainerin Julie weiß, wie das funktioniert.

1. Keine positiven Strafen

Erziehung ohne Strafe gibt es nicht, weder bei uns Menschen noch bei Hunden. Es ist aber ein großer Unterschied, ob man positiv oder negativ bestraft. Bei positiver Strafe wird etwas Unangenehmes hinzugefügt (positiv also nur im mathematischen Sinne). Bei Hunden ist dies verbal und/oder körperlich möglich, beispielsweise in Form von Anschreien, Schlagen, Treten, Zwicken, an der Leine rucken, Wasser auf den Hund schütten oder einen Gegenstand nach ihm werfen. Hierbei wird dem Hund absichtlich etwas Unangenehmes hinzugefügt, wodurch er sich erschreckt, eingeschüchtert wird und/oder gar Schmerzen erleidet.

Bei negativer Strafe geschieht das nicht. Dem Hund wird lediglich etwas Angenehmes entzogen (auch hier wieder negativ im mathematischen Sinne). Je nach Situation kann dies der Entzug einer Belohnung wie Spielzeug, Futter oder einfach nur Aufmerksamkeit sein. So lernt der Hund, ohne Gewalt oder Einschüchterung, dass sich das vorherige Verhalten nicht lohnt und man kann ein sogenanntes Alternativverhalten trainieren, welches zukünftig gerne ausgeführt wird. Dies führt zum nächsten Tipp.

2. Fokus auf erwünschtem Verhalten

Arbeiten Sie über positive Verstärkung! Wie auch bei der eben erwähnten positiven Strafe bedeutet ​positiv hier ​hinzufügen. Allerdings wird bei positiver Verstärkung etwas ​Angenehmes hinzugefügt (während bei positiver Strafe etwas ​Unangenehmes hinzugefügt wird). Belohnen Sie Ihren Hund bei jedem erwünschten Verhalten, das er zeigt: Wenn er sich auf das Signal ​Sitz​ hinsetzt, wenn er zu Ihnen kommt, wenn Sie ihn rufen, wenn er brav neben Ihnen an der Leine läuft usw.

Mithilfe von Aufmerksamkeit und verbalem Lob, aber auch durch Spielen oder dem Geben von Leckerli, bestätigen Sie das gezeigte Verhalten Ihres Hundes positiv und er wird dieses lohnenswerte Verhalten häufiger zeigen (während das unerwünschte, sich​ ​nicht-lohnende Verhalten automatisch abnimmt). Es entsteht eine positive, vertrauensvolle Beziehung zwischen Ihnen und Ihrem Hund. Er wird gerne mit Ihnen zusammenarbeiten, weil er lernt, welche Verhaltensweisen sich für ihn lohnen, und nicht, weil er Angst vor einer Strafe hat.

 

Julie & Bonnie

Julie mit ihrem Hund Bonnie. © Julie & Bonnie

3. Die Körpersprache von Hunden deuten

Hunde kommunizieren über Gerüche, Berührungen, Geräusche und vor allem über ihre Körpersprache. Als Hundehalter ist es unverzichtbar, die Körpersprache von Hunden zu kennen bzw. zu lernen. Nur so kann man seinen eigenen Hund auch verstehen, denn Hunde spiegeln ihre Emotionen unversteckt in ihrer Körpersprache wider. Viel zu häufig wird ein Hund von seinem Menschen unabsichtlich missverstanden. Ein veranschaulichendes Beispi​el: Sie wollen ein Verhalten trainieren, Ihr Hund hat aber gerade vor einem Geräusch oder vorbeifahrenden Fahrrädern Angst bekommen und ist verunsichert oder gestresst. Dies zeigt er zum Beispiel durch Gähnen und vermehrtes Schlecken über ​die Schnauze. Ohne die Körpersprache von Hunden zu kennen, schließen wir Menschen daraus, dass der Hund müde oder gelangweilt ist und obendrein auch noch Hunger hat. Tatsächlich kann der Hund aber gerade das erwünschte Verhalten aufgrund seines
Unwohlseins nicht zeigen. Wir werden frustriert, setzen unseren Hund weiter unter Druck, schüchtern ihn durch unsere negative Stimmung und lauter werdende Stimme ein, womöglich hilft man ‘händisch’ nach und zwingt den Hund mit Gewalt zu dem Verhalten oder bestraft ihn körperlich für seinen “Ungehorsam”. Ich empfehle allen Hundehaltern, sich mit dem Thema Körpersprache (mittels Literatur oder Vorträgen in Hundeschulen) vertraut zu machen, um so die Emotionen ihrer Hunde zu verstehen, damit es zu keinen Missverständnissen kommt.

4. Die richtigen Hilfsmittel

In der Erziehung stehen uns jede Menge Hilfsmittel zur Verfügung. Wichtig ist es, die Hilfsmittel zu benutzen, die keinen Schaden an Ihrem Hund anrichten können. Hierzu gehören ein Brustgeschirr oder ein Halsband zum Führen des Hundes, Leine(n), Futter und Spielzeug als Belohnung und jede Menge weiterer optionaler Hilfsmittel wie eine Pfeife, ein Target, einen Clicker und viele andere. Leider gibt es auch aversive Hilfsmittel zu kaufen, die heutzutage immer populärer werden. Hierzu zählen Discs, Wurfketten, Wasserflaschen, Spritzpistolen, Sprühhalsbänder, Stachelhalsbänder und auch Stromimpulsgeräte, die man allesamt dem oben genannten Einsatz von positiver Strafe einordnen kann.

Bei jedem Hilfsmittel in der Hundeerziehung ist es wichtig, dass es tierschutzkonform ist. Das bedeutet, dass es unserem Hund keinerlei Schmerzen zufügen darf oder ihn in seinem Wohlbefinden einschränkt. Tut es das, arbeitet man nicht nur mit positiver Strafe, sondern auch gegen das Tierschutzgesetz.

5. Die richtige Hundeschule

Heutzutage gibt es zahlreiche Hundeschulen und noch mehr Hundetrainer. Leider arbeiten nicht alle gewaltfrei, auch wenn dies wie ein obligatorischer Slogan auf so gut wie jeder Webseite zu finden ist. Ein guter Hundetrainer lehnt allerdings​ ​jegliche Form von Gewalt, Druck oder Einschüchterung ab. Das heißt nicht nur, dass Hunde nicht offensichtlich geschlagen werden, sondern auch Schubsen, Kneifen, Blockieren, Anschreien, Werfen von Gegenständen oder an der Leine rucken gelten​ ​als Einsatz von Einschüchterung bis hin zu Gewalt. Oftmals erkennt man dies nicht sofort: Zum einen, weil die Methoden teilweise kaum merklich eingesetzt werden, zum anderen ist man im Training auf dem Platz so konzentriert und fokussiert auf den eigenen Hund, dass man nicht immer realisieren kann, was um einen herum noch geschieht. Daher rate ich Ihnen, Hundeschulen ‘zu besichtigen’ – ohne den eigenen Hund – um sich so ein Bild von den eingesetzten Trainingsmethoden machen zu können.

Einen guten Hundetrainer erkennen Sie nicht nur daran, dass er nach den modernsten, wissenschaftlich fundierten Methoden arbeitet, d.h. Gewalt und Einschüchterung ablehnt und stattdessen erwünschtes Verhalten belohnt und verstärkt – auch verfügt er über Wissen in den Bereichen Ethologie und Lerntheorie und bildet sich regelmäßig weiter. Eine Fernsehsendung über Hundeerziehung, unabhängig davon, wie populär sie ist, ersetzt ​keine​ Hundeschule und die direkte Umsetzung des Gezeigten ohne einen kompetenten Trainer kann Ihnen und Ihrem Hund sehr schaden.

Julie & Bonnie

Über Julie

Julie lebt mit ihrer Mischlingshündin Bonnie in Heidelberg. Sie wird aktuell von Viviane Theby und Michaela Hares der ​Tierakademie Scheuerhof ​zur Hundetrainerin ausgebildet und wird 2019 ihre eigene Hundeschule in Heidelberg eröffnen. Auf ihrem Blog ​Julie & Bonnie​ schreibt sie über ihre Erfahrungen im Hundetraining, erzählt über den Alltag mit ihrem Angsthund und gibt verschiedene Tipps an Hundehalter.

 

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Kommentare
  1. Gewaltfreie Hundeerziehung
    Nicole Stein | Mittwoch,November 07.2018

    Kurz und knackig das wichtigste auf den Punkt gebracht. Ein gut geschriebener Artikel mit viel Fachwissen. Was mir sehr gut gefällt, sind die vielen Beispiele, die die Fachbegriffe veranschaulichen. So wird der Artikel für jeden gut verständlich.

  2. Gewaltfreie Hundeerziehung
    Annette Stadler | Donnerstag,November 08.2018

    Auf den Punkt gebracht! Toller Artikel.

  3. Gewaltfreie Hundeerziehung
    Nikolett | Sonntag,Dezember 09.2018

    Ich finde die Beispiele toll und hilfreich. Danke für den Artikel.

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