Das Schälchen Ihrer Katze ist halbvoll, aber sie miaut immer weiter, bis Sie es wieder aufgefüllt haben? Wenn Ihre Katze nur aus einem vollen Napf frisst oder ihr Futter generell kaum anrührt, heißt das nicht automatisch, dass Sie es mit einer kleinen Diva zu tun haben. Ein möglicher Grund könnte auch ein unangenehmes Phänomen namens Schnurrhaarstress, auch Whisker-Fatigue genannt, sein.
Schnurrhaarstress beschreibt das Phänomen, dass Katzenschnurrhaare im Alltag ständig gereizt werden, was für die Katze unangenehm werden kann. Häufig passiert dies, wenn Katzen aus einem tiefen Napf fressen müssen.
Im Folgenden sehen wir uns genauer an, wie sich Schnurrhaarstress vermeiden lässt und was sonst noch dazu führen könnte, dass Ihre Katze beim Fressen Schmerzen oder Unwohlsein verspürt.
Was ist Schnurrhaarstress?
Anders als vielen Menschen bewusst ist, haben Katzenschnurrhaare eine Bedeutung: Sie sind ein Teil des autonomen (unbewussten) Nervensystems der Katze. Katzen können über Schnurrhaare Schmerzen oder Unbehagen empfinden und Schnurrhaarstress tritt auf, wenn die Schnurrhaare ständig mit sensorischen Informationen überlastet werden. Einfach ausgedrückt: Die Katze wird durch ihre Schnurrhaare überreizt, was Stress auslöst.
Um besser zu verstehen, wie sich Schnurrhaarstress für Katzen anfühlt, sollten wir uns zunächst daran erinnern, dass Schnurrhaare keine normalen Haare sind. Ihre Empfindsamkeit ist maßgeblich dafür verantwortlich, wie Katzen ihre Umwelt wahrnehmen und mit ihr interagieren.
Schnurrhaare sind hochgradig sensibel und tief in der Haut der Katze verankert. Sie können zwar ausfallen, jedoch wachsen Schnurrhaare bei Katzen nach. Ihre Nervenenden ermöglichen es der Katze, selbst kleinste Veränderungen der Umwelt wahrzunehmen. Mit ihren Schnurrhaaren können Katzen räumliche Abstände erfühlen, Gegenstände in der Nähe spüren und sogar Veränderungen des Luftstroms wahrnehmen – wesentliche Fähigkeiten, um zu jagen und Hindernissen in der Dunkelheit auszuweichen.
Schnurrhaare sind mit den menschlichen Wimpern vergleichbar. Schon ein Staubkorn auf den Wimpern genügt, dass man blinzeln muss. Dass es Katzen stört, wenn ihre Schnurrhaare ständig an den Rand ihres Napfs stoßen, ist also nicht verwunderlich.
Anzeichen für Schnurrhaarstress bei Katzen
Katzen sind berüchtigt dafür, Schmerzen und Unbehagen zu verbergen. Achten Sie daher auch auf subtile Anzeichen beim Fressen, z. B. wenn Ihre Katze:
- nur zögerlich mit dem Fressen beginnt
- ausschließlich das Futter in der Napfmitte anrührt
- mit den Pfoten Futter oder Wasser aus den Schälchen angelt
- hungrig wirkt, aber nicht fressen will
- zu den Fütterungszeiten unruhig und gestresst wirkt

Gibt es Schnurrhaarstress wirklich?
Schnurrhaarstress ist ein relativ neues Konzept. Viele Katzenexpertinnen und -experten betrachten es noch skeptisch, da es in veterinärmedizinischen Lehrbüchern und wissenschaftlichen Studien kaum beschrieben wird. Man kann allerdings beobachten, dass zumindest einige Katzen an ihren Schnurrhaaren während des Fressens keine Berührung spüren wollen.
Auch Tierärztinnen und Tierärzte sehen dieses Problem immer häufiger, doch die Studienlage ist noch dünn.
In einer Studie aus dem Jahr 2021, die im Journal of Feline Medicine and Surgery veröffentlicht wurde, untersuchte man das Fressverhalten von 38 Hauskatzen. Dabei wollte man herausfinden, ob Katzen mehr Zeit mit dem Fressen verbringen, wenn ihnen das Futter in einem flachen, schnurrhaarfreundlichen Napf angeboten wird. Auch wenn Katzen einen solchen Napf tendenziell zu bevorzugen scheinen, konnte aus der Studie kein Einfluss auf das Fressverhalten abgeleitet werden.
So verhindert man Schnurrhaarstress bei Katzen
Ob nun Ihre Katze Anzeichen für Unbehagen zeigt oder Sie die Fütterung einfach nur so angenehm wie möglich für sie gestalten möchten, Sie können Ihrer Katze etwas Gutes tun, wenn Sie das Futter auf einem flachen Teller anbieten. Auch erhöhte Näpfe können hilfreich sein, da Katzen so in ihrer natürlichen Körperhaltung fressen und trinken können und ihre Schnurrhaare nicht irritiert werden.
Darüber hinaus kann es Ihrer Katze helfen, wenn Sie den Wassernapf durch einen Trinkbrunnen ersetzen. Auf diese Weise drückt ihr das fließende Wasser weniger auf die Schnurrhaare und Sie sorgen dafür, dass Ihre Katze gesund bleibt und ausreichend trinkt.
Was, wenn es nicht an den Schnurrhaaren liegt?
Die meisten Katzen scheinen zwar bevorzugt aus schnurrhaarfreundlichen Schalen zu fressen, doch es gibt ein großes Aber: Wenn Probleme mit der Nahrungsaufnahme immer als Schnurrhaarstress abgetan werden, bleiben ernste zugrunde liegende Probleme möglicherweise unentdeckt.
Probleme, die mit Schnurrhaarstress verwechselt werden können, sind u. a.:
- Zahnschmerzen. Zahnerkrankungen sind bei Katzen weit verbreitet: 70 % aller Katzen über 3 Jahren weisen schmerzhafte Zahndefekte auf, die das Fressen merklich erschweren können.
- Konkurrenz mit anderen Tieren. Fühlt sich Ihre Katze von anderen Tieren bedrängt, braucht sie einen ungestörten Ort zum Fressen, an dem sie ihr Futter nicht verteidigen muss.
- Magen-Darm-Erkrankungen. Probleme des Magen-Darm-Trakts treten bei Katzen häufig auf. Bei einigen Katzen führt dies zu einer gelegentlichen Appetitlosigkeit, aber wenn ein Tier Mahlzeiten vollständig verschmäht oder sich mehr als 24 Stunden lang weigert, zu essen, sollten Sie dies tierärztlich abklären lassen.
Sie müssen sich keine Sorgen machen, wenn Ihre Katze nur wenig Futter auf einmal frisst – die wenigsten Katzen fressen ihren Napf direkt nach der Fütterung leer. Häufig geben Katzenhalterinnen und Katzenhalter ihren Tieren zwei große Mahlzeiten pro Tag, aber viele Katzen nehmen lieber über den Tag verteilt kleine Portionen zu sich. Dieses Verhalten kann leicht mit Schnurrhaarstress verwechselt werden, ist jedoch völlig normal.
Fazit
Beobachtungen von Fachleuten zufolge können Katzen beim Fressen oder Trinken aus tiefen Näpfen an Schnurrhaarstress leiden. Der Umstieg auf eine flache, schnurrhaarfreundliche Schale kann hier Abhilfe schaffen. Sollte Ihre Katze trotzdem noch Probleme beim Fressen haben, bringen Sie sie zum Tierarzt bzw. zur Tierärztin.
Wenn Sie den Verdacht haben, dass Ihre Katze an Schnurrhaarstress leidet, empfiehlt es sich, eine Katzenpsychologin oder einen Katzentrainer hinzuzuziehen. Von ihnen erhalten Sie fachliche Beratung zu den spezifischen Bedürfnissen Ihrer Katze, damit Sie die bestmögliche Umgebung für das Wohlbefinden Ihrer Katze schaffen können.