Altersgerechte Wachphasen: Was ist dran?

Was sind Wachphasen? Wir werfen einen Blick auf die medizinischen Grundlagen und verraten Ihnen, wie Sie die Wachphasen für neugeborene Babys berechnen und erfolgreich nutzen.

Unterhalten sich in Ihrem Umfeld neuerdings auch so viele Menschen über Wachphasen bei Babys? Wenn Sie bislang nichts damit anfangen konnten, sind Sie nicht allein. Das Konzept hat schon seit mehreren Jahren immer mehr Verfechterinnen und Verfechter, doch wirklich im Mainstream angekommen ist es erst vor kurzem. Ihre Eltern oder Kinderärztinnen und -ärzte hörten Sie daher wohl eher selten von Wachphasen sprechen, während der Begriff in der modernen Schlafberatung kaum noch wegzudenken ist. 

Auch wenn man von den vielen – nicht selten widersprüchlichen – Informationen anfangs leicht überfordert sein kann, ist das Grundkonzept eigentlich recht simpel. Und das Beste: Es lässt sich sogar individuell anpassen. Da es keine exakte Wissenschaft ist, sollten Wach- und Schlafphasen nicht erzwungen werden. Aber auch ohne Studien und Untersuchungen haben Wachphasen einen greifbaren Nutzen, da sie Familien eine praktische Hilfestellung bieten.

Das sollten Sie über altersgerechte Wachphasen bei Babys wissen:

Was sind Wachphasen? 

Eine Wachphase bezeichnet die Dauer, die ein Baby oder Kind zwischen den Schlafphasen wach ist. Das heißt, wenn ein Baby um 6 Uhr morgens aufwacht und dann um 8 Uhr wieder ein Nickerchen macht, war die erste Wachphase zwei Stunden lang.

Einfach ausgedrückt ist eine Erfassung der Wachphasen nichts anderes, als das Verhalten des Babys zu beobachten. So kann Ihnen zum Beispiel auffallen, dass Ihr Neugeborenes morgens immer etwa eine Stunde wach ist, bevor es wieder einschläft. 


Das Konzept lässt sich jedoch auch enger fassen: Manche Eltern versuchen, Wachphasen bewusst einzusetzen, um den Schlaf des Babys zu strukturieren. Der Gedanke dahinter ist, dass es für Kinder verschiedener Altersstufen jeweils angemessene Wachphasen gibt. Lässt man sie demnach länger wach bleiben, sind sie am Ende übermüdet und schlecht gelaunt. Eltern sollten deshalb darauf achten, dass ihre Kinder regelmäßig Nickerchen machen und rechtzeitig schlafen.

Was ist die wissenschaftliche Grundlage von Wachphasen?

Das Konzept der Wachphasen kann sich für einige Familien durchaus als hilfreich erweisen. Trotzdem sollte man beachten, dass ihnen keine wissenschaftlichen Untersuchungen zugrunde liegen.

Anders gesagt: Die Wach- und Schlafphasen Ihres Babys zu beobachten und sich an natürlichen Müdigkeitsanzeichen zu orientieren, ist sicher eine gute Idee. Sich zwanghaft an eine detaillierte Tabelle zu halten, nach der die Wachphase eines 3 Monate alten Babys genau 120 Minuten betragen sollte, entbehrt jedoch jeder wissenschaftlichen Grundlage und lässt sich zudem nicht auf alle Kinder übertragen.

Unstrittig ist allerdings, dass Kinder und Jugendliche ausreichend Schlaf für eine gesunde Entwicklung benötigen und dass Babys unter einem Jahr im Schnitt 14 Stunden Schlaf am Tag brauchen, Nickerchen eingerechnet. Wissenschaftlich belegt ist darüber hinaus, dass Säuglinge noch keinen regelmäßigen Rhythmus von Tag und Nacht kennen

Zu Wachphasen selbst gibt es zwar keine ausreichenden Untersuchungen, aber wir wissen, dass Babys verglichen mit Erwachsenen sehr viel Schlaf benötigen und ein großer Teil davon in Form von Nickerchen stattfindet. Ebenfalls bekannt ist, dass es sich lohnt, auf Anzeichen für Müdigkeit zu achten und dem Baby regelmäßig die Gelegenheit für ein kleines Schläfchen zu bieten – damit der Tag für alle Beteiligten entspannter wird.

Wie richtet man sich nach Wachphasen?

Selbst Verfechter strukturierter Wachphasen tun sich oft schwer damit, diese richtig einzusetzen. 

Schlafexpertinnen und -experten erwähnen häufig, wie wichtig es ist, Babys Schläfchen anzubieten. Damit gemeint ist das Schaffen idealer Schlafbedingungen für das Baby, zum Beispiel, indem man es in einem abgedunkelten Zimmer ins Bettchen legt. Beim Befolgen der Wachphasen gilt es, herauszufinden, wie lange ein Kind wach bleiben kann, bevor es so übermüdet ist, dass es unleidlich wird, und es vor diesem Punkt schlafen zu legen.

Es ist nicht gesagt, dass Ihr Baby dieses Schlafangebot auch annimmt, aber häufig können Sie Ihr Kind davon überzeugen, wenn Sie die Schläfchen regelmäßig und zu denselben Zeiten anbieten. 

In der Regel ist die Wachphase zwischen dem Aufstehen und dem ersten Nickerchen des Tages am kürzesten. Ein Kind, das am Tag zwei Schläfchen benötigt, hat vielleicht eine morgendliche Wachphase von nur zwei Stunden, während die Phase abends (direkt vorm Zubettgehen) dreieinhalb Stunden dauern kann. Nicht selten erhöht sich die Dauer, die ein Baby wach bleiben kann, im Laufe des Tages.

wachphasen

Wachphasen nutzen – Schritt für Schritt

Auf die folgenden Tipps können Sie zurückgreifen, wenn Sie die Wachphasen Ihres Babys regelmäßiger gestalten möchten:

  • Achten Sie auf Müdigkeitsanzeichen: Wenn Sie sehen, dass sich Ihr Kind die Augen reibt oder sie krampfhaft aufreißt, ins Leere starrt, schlaffe Augenlider hat oder gähnt, dann ist es wahrscheinlich müde.
  • Beobachten Sie die Schlaf- und Wachphasen des Babys über einige Tage hinweg und achten Sie auf Muster: Einige Leute notieren sich hierfür die Länge der Nickerchen und Wachphasen in einem Buch, andere bevorzugen eine App.
  • Ermitteln Sie, wie lange Ihr Baby wach sein kann, bevor es müde wird: Das ist die Wachphase Ihres Kindes. (Hinweis: Die Wachphasen schwanken im Laufe des Tages. Die erste Wachphase ist häufig sehr viel kürzer als die letzte.)
  • Sorgen Sie für eine sichere, dunkle Schlafumgebung und bieten Sie Ihrem Kind ein Schläfchen an: Nützliche Hilfsmittel hierfür sind Verdunkelungsvorhänge oder entspannende Geräusche, die Ihr Baby beim Einschlafen unterstützen.

Je nachdem, wie genau Sie sich an die Wachphasen halten möchten, können Sie versuchen, Ihr Baby sanft zu wecken, sobald es über seine reguläre Schlafdauer hinaus schläft. Das handhabt jedoch jeder anders – es ist nichts Schlimmes dabei, Ihr Kind einfach weiterdösen zu lassen.

Für Neugeborene (0 bis 1 Monat alt) haben Wachphasen praktisch keine Relevanz, da sie ohnehin nur sehr kurz wach bleiben können und von selbst wieder einschlafen. Das tun sie sogar, wenn es um sie herum hell oder laut ist. Je älter sie werden, desto länger werden auch ihre Wachphasen. Dann können Sie damit beginnen, zu langen Wachphasen durch regelmäßige Nickerchen vorzubeugen.

Wachphasen nach Alter

Starre Tabellen und Listen sind vielleicht nicht der beste Weg, um Wachphasen zu nutzen, aber als grobe Richtlinie, die sich an den typischen Schlafmustern orientiert, sind sie durchaus hilfreich. Falls Sie eine solche Richtlinie suchen, können Sie auf die Empfehlungen von Dr. Jenelle Ferry, zertifizierte Neonatologin bei der Pediatrix Medical Group, zurückgreifen:

AlterWachphase
2 Monate oder jünger45–90 Minuten (4–6 Schläfchen pro Tag)
4 Monate1–2 Stunden (3–4 Schläfchen pro Tag)
6 Monate2,5 Stunden (3 Schläfchen pro Tag)
9 Monate3–3,5 Stunden (2–3 Schläfchen pro Tag)
12–18 Monate3–4 Stunden (2 lange Schläfchen pro Tag)
2 Jahre5–6 Stunden (Übergang zu 1 Schläfchen pro Tag)

Wachphasen von Neugeborenen

Neugeborene (Babys unter 3 Monaten) haben nur sehr kurze Wachphasen. In der Regel reichen diese gerade einmal aus, um gefüttert und gewickelt zu werden, bevor sie schon wieder wegnicken. Pro 24 Stunden brauchen sie normalerweise 16 Stunden Schlaf, von denen etwa die Hälfte während des Tages stattfindet. Zwischen ihren Nickerchen sind Babys in diesem Alter selten länger als eine Stunde wach.

Wachphasen im Alter von 3 Monaten 

Je älter Babys werden, desto weniger schlafen sie während des Tages. Der Babyschlaf mit 3 Monaten umfasst oft vier bis fünf Stunden pro Tag, wach sind Babys etwa eine bis zwei Stunden zwischen den Schläfchen. In diesem Alter ist der Schlaf allerdings noch sehr unregelmäßig. Wundern Sie sich also nicht, wenn kein Tag wie der letzte ist.

Wachphasen im Alter von 6 Monaten oder mehr

Sobald sie den siebten Lebensmonat erreicht haben, kristallisiert sich bei vielen Babys allmählich ein Schlafrhythmus heraus. In der Regel umfasst dieser zwei bis drei Nickerchen am Tag, die durch Wachphasen von zwei bis vier Stunden unterbrochen werden. Wird der Schlaf in diesem Alter noch nicht regelmäßiger, könnten Sie mit verschiedenen Einschlafritualen experimentieren.

Sollte man Wachphasen einhalten?

Natürlich ist es wichtig, dass Babys ausreichend schlafen, aber solange sie dies im Rahmen ihres eigenen Rhythmus tun und keine medizinischen Probleme auftreten, ist die Frage nach geregelten Wachphasen eher eine Frage der persönlichen Präferenz.

Einige Menschen finden Wachphasenmodelle hilfreich, da sie einen Orientierungspunkt bieten. Andere wiederum empfinden sie als unnötigen Stressfaktor.

Gerade bei Kindern unter 6 Monaten ist der Schlaf noch so unregelmäßig, dass man sich keine Gedanken über irgendwelche Zeitpläne machen sollte. Grundsätzlich hilfreich ist es, eine gesunde Schlafatmosphäre zu schaffen, zum Beispiel durch ein abgedunkeltes Zimmer oder Einschlafgeräusche, und darauf zu achten, dass Ihr Baby vor Schläfchen satt ist. Darüber hinaus sollten Sie sich aber einfach darauf einstellen, dass sich noch kein vorhersehbares Schlafmuster abzeichnet.

Hin und wieder kommt es Ihnen womöglich so vor, als würden Sie alles Erdenkliche versuchen, aber Ihr Kind kann die „typischen“ oder „empfohlenen“ Wachphasen einfach nicht einhalten. Das bedeutet nicht zwangsläufig, dass Sie etwas falsch machen oder dass etwas mit dem Schlafrhythmus Ihres Babys nicht stimmt.

Lassen sich Wachphasen anpassen?

Wenn der natürliche Schlafrhythmus Ihres Kindes grundsätzlich ungünstig für Sie ist, können Sie versuchen, die Phasen anzupassen.

Verschieben Sie hierzu die Schlafzeiten in 15-Minuten-Schritten nach vorn oder hinten, bis die Zeiten besser zu Ihren Abläufen passen. Wacht Ihr Kind also normalerweise um 8 Uhr auf, sollten Sie es am nächsten Tag um 7:45 Uhr aufwecken und am Tag danach um 7:30 Uhr.

Mehr als 15 Minuten Veränderung auf einmal sollten es jedoch nicht sein. 

Gleichzeitig dürfen Sie Ihr Kind nicht aus dem Blick lassen. Wirkt es ausgeruht? Macht es einen zufriedenen Eindruck? Funktioniert der Tagesablauf? Falls ja, haben Sie alles richtig gemacht.

Fazit

Das Einhalten regelmäßiger Wachphasen ist ein nützliches Tool, um sicherzustellen, dass Babys genug Schlaf bekommen und einen gesunden Schlafrhythmus entwickeln. Zu sehr sollte man sich aber nicht auf sie verlassen. Vor allem strikte Tabellen und straffe Zeitpläne sind hier der falsche Weg, da jeder Tag anders ist und es keine wissenschaftlich Basis für eine solche Herangehensweise gibt.

Dennoch ist es ohne Frage sinnvoll, das Schlafmuster Ihres Kindes zu berücksichtigen. Wenn Sie die typischen Wachphasen Ihres Babys kennen, können Sie sich besser darauf einstellen und beispielsweise Restaurantbesuche oder Arzttermine um die individuellen Wachphasen Ihres Babys herum planen – Ihr Nervenkostüm wird es Ihnen danken.

Wachphasen haben vor allem dann einen Nutzen, wenn Eltern und Bezugspersonen sie auf ihren eigenen Beobachtungen und dem Verhalten ihres Kindes basieren. Ein Baby in einen von außen diktierten Zeitplan zu zwängen, der seine individuellen Bedürfnisse außer Acht lässt, hat wiederum selten Erfolg.