Tiere sind online
Wenn statt anzustupsen kraulen angesagt ist und der „Gefällt mir“-Button einfach „Wau!“ heißt, ist man bei tierischen Onlinenetzwerken gelandet. Animalische Onlinegemeinschaften sind ein großer Spaß für Tierliebhaber. Sie bezeichnen aber nicht die gleiche Materie, die ein Forscherteam der University of Oxford innerhalb der letzten Jahre bearbeitet hat.
Gesellschaft der Tiere
Ziel war es grundsätzlich, die „Gesellschaft“ der Tiere übersichtlich darzulegen. Ioannis Psorakis aus der Abteilung Technische Wissenschaften der University of Oxford war Leiter des Forschungsteams. Er wollte sehen, wie sich Tiere in Gruppen zusammenfinden und daraus Schlüsse über deren Gesundheit und das Überleben ziehen. Dazu konzipierte das Team verschiedene Kategorien: die „wirklichen Freunde“, die „Zufallskontakte“ und die „(potenziellen) Pärchen“.
Tiercliquen
Die Untersuchung wurde am Verhalten der Kohlmeise exemplifiziert. Die Ergebnisse entsprachen den Beobachtungen von Zoologen. Es ist demnach nun in Ansätzen möglich, das animalische Verhalten automatisiert statt manuell zu erfassen. Aus allen Daten konnte das Team um Ioannis Psorakis ein Konstrukt bilden, das dem Aufbau des menschlichen Facebook ähnlich ist. Hier wird das Einzeltier der pauschalen Beobachtung enthoben und unterschiedlichen Fragen entsprechend charakterisiert: Wer freundet sich mit wem an? Welches Tier gehört zu welcher Gruppe? Welche Vögel gehen zu den immer gleichen „Veranstaltungen“ und „Events“?
Offenbar formen sich die Herden nicht zufällig, was durch Vorurteile der Einzeltiere gegenüber anderen Mitgliedern der Population unterstützt wird. Die Netzwerke sind so eng verknüpft, dass die immer gleichen Tiere gemeinsam Futter suchen und ständig in Interaktion mit dem aktuellen oder einem zukünftigen Partner stehen.
Erhebung der Daten
Dieser neue Ansatz ermöglicht die automatische Erfassung intensiver sozialer Aktivität innerhalb gewisser Zeitfenster aus einer großen Zahl an Beobachtungsdaten. Über eine Million Vorgänge wurden über an den Vögeln befestigte Transponder und Sender aufgezeichnet. Die Datensammlung erstreckte sich über zwei Brutphasen (jeweils August bis März seit 2007) und endete in einer maschinellen Auswertung.
Gruppenübergreifende Interessen
In Zukunft wollen die Forscher weitere wilde Vögel studieren, um auch über eine Spezies hinaus Aussagen zu Interaktionen machen zu können. Im nächsten Schritt sollen außerdem neue Informationsarten mit involviert werden. So könnten genetische Daten eine Erklärung über das eventuell genetische Fundament jeglicher Sozialität liefern. Das Interesse liegt zudem in der Informationsweitergabe zwischen Einzeltieren. So fand das Picken auf Milchflaschen vor Türeingängen in der Mitte des 20. Jahrhunderts eine schnelle Verbreitung in England. Es stellt sich die Frage, inwiefern sich die Vögel die neuesten Trends „twittern“. Sie sind dem Menschen eben doch ähnlicher als gedacht.