Ausmisten: Wenn Eltern älter und zu Sammlern werden

Ausmisten: Wenn Eltern älter und zu Sammlern werden

6 Tipps, um das Thema anzusprechen

Wenn Eltern älter werden, fällt es ihnen oft schwer, sich von Dingen zu trennen. Warum und wie Sie das ansprechen sollten.

Vielleicht geht es Ihnen auch so, dass Sie beim Besuch Ihrer Eltern feststellen, dass der Bedarf nach einer gründlichen Entrümpelung zunehmend steigt. Im Laufe eines langen Lebens kann sich einiges ansammeln, von Erinnerungen an vergangene Tage über Alltagsgegenstände bis hin zu den geschätzten Kunstwerken der Enkelkinder. Ein überfülltes Zuhause ist jedoch nicht gerade ideal für ältere Menschen – gleichzeitig aber auch keine Seltenheit. 

Sich von Besitztümern zu trennen, ist für ältere Menschen oft nicht leicht. Zum einen können sie ihnen ein gewisses Gefühl von Sicherheit bieten, zum anderen sind sie oft mit schönen Erinnerungen verbunden und haben daher einen emotionalen Wert. Doch ein ordentliches, aufgeräumtes Zuhause tut im Alter nicht nur der Seele gut, es senkt auch das Sturzrisiko durch Stolperfallen.

Falls Sie Ihre Eltern gerne zum Ausmisten motivieren möchten, aber nicht so richtig wissen, wie Sie das Thema am besten ansprechen, finden Sie nachstehend verschiedene hilfreiche Tipps.

Warum fällt älteren Menschen das Ausmisten so schwer?

Die Ursachen für die Sammelleidenschaft vieler älterer Menschen sind vielfältig und reichen von Erlebnissen in ihrer Kindheit über eine emotionale Bindung bis hin zu physischen Beeinträchtigungen. Dazu zählen:

Verlustängste 

Ältere Menschen von heute sind in Zeiten aufgewachsen, in denen Luxus ein Fremdwort war. Wer nie viel hatte oder schon einmal alles verloren hat, dem geben Besitztümer ein Gefühl von Sicherheit.

Nostalgie

Nostalgie ist ein weiterer Grund, warum sich ältere Menschen nicht von Dingen trennen können. Oft wünschen sie sich, die Dinge, die für sie wichtig sind, an ihre Kinder weiterzugeben. Doch was für die einen ein geschätztes Erinnerungsstück ist, das sie jahrelang hegen und pflegen, um es ihren Kindern zu vermachen, hat für diese möglicherweise keinerlei Bedeutung.

Physische und sensorische Einschränkungen 

Muskelschwäche, Gelenkschmerzen und weitere Altersbeschwerden machen es älteren Menschen zuweilen sehr schwer, selbst aktiv zu werden und auszumisten. Gleiches gilt für Einschränkungen bei der Wahrnehmung wie zum Beispiel ein vermindertes Sehvermögen.

Kognitive Ursachen

Manchmal liegt die Ursache auch in Einschränkungen des Urteils- oder Erinnerungsvermögens, der räumlich-visuellen Wahrnehmung oder der kognitiven Fähigkeiten. In diesen Fällen ist es den betroffenen Personen oft schlicht nicht möglich, Ordnung zu halten. 

Wann wird ein solches Sammlerverhalten zum Problem?

Der psychologischen Beratungsstelle Dengem zufolge wird Horten etwa dann zum Problem, wenn die Unordnung das tägliche Leben stört, die Lebensqualität negativ beeinflusst oder ein gesundheitliches Risiko darstellt. 

Hier ist jedoch anzumerken, dass der Begriff „Unordnung“ Definitionssache ist. Je nachdem, was individuelle Personen als Durcheinander oder Gerümpel definieren, werden die einen das Maß an Unordnung in ihrer Wohnung unterschätzen, während es andere überschätzen. 

Wo hört eine Sammelleidenschaft auf und wo fängt Horten an?

Sammeln und Horten sind zwei unterschiedliche Konzepte, die nicht zu verwechseln sind – auch wenn beide zum selben Ergebnis führen können, nämlich zur Gefährdung der Sicherheit im eigenen Zuhause.

Sammler häufen, oft über einen längeren Zeitraum hinweg, bestimmte Gegenstände an. Die Ausprägung der Sammelleidenschaft kann variieren und häufig werden die gesammelten Gegenstände auch nach einem bestimmten System geordnet. Hier kann eine psychologische Störung zugrunde liegen, muss aber nicht.  

Beim Horten hingegen handelt es sich um eine Zwangsstörung, die von der Deutschen Gesellschaft für Zwangserkrankungen e. V. wie folgt definiert wird: „Menschen, die an pathologischem Horten leiden, haben den unwiderstehlichen Drang, große Mengen an Gegenständen zu sammeln und sich anschließend nicht mehr von diesen zu trennen. Häufig werden Dinge von geringem objektivem Wert oder praktischem Nutzen […] gehortet. Dies kann dazu führen, dass Räume völlig unzugänglich werden oder nur noch über kleine Durchgänge passierbar sind.“  

In Deutschland leidet etwa jeder 22. an diesem Krankheitsbild, wobei ältere Menschen mit 6,2 % stärker betroffen sind als junge Menschen, bei denen der Anteil mit 2,3 % deutlich niedriger liegt. Die Störung tritt für gewöhnlich nicht plötzlich auf, sondern entwickelt sich über einen längeren Zeitraum hinweg. Sollten Sie bei Ihren Eltern Anzeichen für eine Hortungsstörung beobachten, wenden Sie sich am besten an ihren Hausarzt oder an ihre Hausärztin. 

„Die ersten Symptome pathologischen Hortens treten meistens schon im Alter von 12–13 Jahren auf. Ab Mitte dreißig erleben die meisten Betroffenen eine deutliche Beeinträchtigung im Alltag, die sich mit zunehmendem Alter dann weiter verstärkt“, so die Deutsche Gesellschaft für Zwangserkrankungen e. V. 

So sprechen Sie das Thema Ausmisten an

Da dies durchaus ein sensibles Thema sein kann, sollten Sie Feingefühl walten lassen. Vermeiden Sie eine direkte Konfrontation, überrumpeln Sie die betreffende Person nicht und denken Sie immer daran, dass unterschiedliche Personen ein ganz unterschiedliches Ordnungsempfinden haben können.

Bleiben Sie respektvoll und zeigen Sie Mitgefühl: 

1. Sprechen Sie über Ziele 

Fragen Sie Ihre Eltern, zu welchem Zweck sie bestimmte Gegenstände aufbewahren und ob es welche gibt, die ihnen besonders wichtig sind und warum. Sobald Sie ins Gespräch gefunden haben, können Sie auch das Thema Geschenke und Spenden ansprechen. Schlagen Sie aber nicht vor, die betreffenden Gegenstände wegzuwerfen. Etwas Schlimmeres könnten Sie in dieser Situation kaum sagen. 

2. Berichten Sie von Ihren eigenen Erfahrungen 

Erzählen Sie, wie Sie selbst zuhause für Ordnung sorgen. Damit schaffen Sie Raum für ein konstruktives Gespräch und signalisieren gleichzeitig, dass Sie bereit wären, zu helfen. 

3. Schließen Sie Ihre Eltern in den Entscheidungsprozess ein 

Wichtig ist, dass Sie Ihre Hilfe anbieten, ohne Ihre Eltern zu bevormunden oder ihre Würde zu verletzen. Fragen Sie sie, was ihnen wichtig ist, und entscheiden Sie nichts einfach über ihren Kopf hinweg. Das zeigt Ihnen auch, zu welchen Veränderungen Ihre Eltern bereit sind und wo Konflikte lauern, die Sie vielleicht besser vermeiden.  

4. Seien Sie kompromissbereit 

Denken Sie immer an Ihr Ziel: Sie möchten sowohl die Lebensqualität Ihrer Eltern als auch ihre Sicherheit gewährleisten. Dazu werden Kompromisse erforderlich sein. Nehmen Sie stets Rücksicht auf die Gefühle Ihrer Eltern und respektieren Sie ihre Eigenständigkeit und Würde.

5. Vermeiden Sie das Wort „wegwerfen“ 

Schlagen Sie zum Beispiel vor, Dinge auf den Dachboden zu stellen oder einzulagern. Damit werden Sie auf weniger Widerstand stoßen, als wenn Sie vorschlagen, etwas wegzuwerfen. 

6. Ziehen Sie bei Bedarf ärztliches Fachpersonal zurate 

Besonders schwierig wird es, wenn Sammler nicht einsehen möchten, dass sie ein Problem haben und dass dieses ihr Leben und ihre Sicherheit beeinträchtigt. In diesem Fall kann es sich anbieten, ärztliches Personal hinzuzuziehen, um abzuklären, ob dies womöglich medizinische Ursachen wie eine visuelle Schwäche, Demenz oder Depression hat. 

Als vertrauenswürdige Autoritätsperson ist es außerdem gut möglich, dass der Hausarzt oder die Hausärztin Ihrer Eltern mehr erreichen wird als Sie. Gerade ältere Menschen sind häufig offener für Ratschläge von externen Personen als für die ihrer eigenen Kinder.

Die Vorteile des Ausmistens für ältere Menschen

Ein ordentliches Zuhause bedeutet mehr Sicherheit, ein gesünderes Umfeld und mehr Lebensqualität. 

Überfüllte und zugestellte Wohnbereiche erhöhen das Risiko für Stürze und Verletzungen. Außerdem sind sie schwieriger sauber zu halten, was zu Staubablagerungen und damit zu einer Verschlechterung der Luftqualität führen kann. Auch das Risiko eines Ungezieferbefalls und die Brandgefahr steigen. So kann in zugestellten Wohnbereichen schneller ein Brand entfachen und sich ausbreiten und im schlimmsten Fall sind nicht einmal die Fluchtwege passierbar.

So schwierig es sein mag, Sammler auf dieses Thema anzusprechen, so wichtig ist es auch. Und vielleicht verläuft das Gespräch am Ende doch besser als gedacht. 

Wie sich diese Unterhaltung entwickelt, hängt grundsätzlich von drei Aspekten ab: Wie stehen Ihre Eltern zu ihrem Zuhause? Sehen sie die Unordnung als Problem? Und wie wichtig ist ihnen ihre Eigenständigkeit? Während es manchen älteren Menschen eher schwerfällt, Hilfe anzunehmen, sind andere einsichtiger und freuen sich, wenn ihnen jemand beim Aufräumen und Putzen unter die Arme greift.



Diesen Artikel kommentieren
*

*