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Experteninterview: Wohnen mit Kindern

Familienforscherin Dr. Laura Castiglioni berichtet über ihre Einschätzung Deutscher Städte hinsichtlich der Lebensbedingungen für Kinder und Familien.

Wo leben Familien mit Kindern besser – in den Vororten oder in Großstädten? Ergänzend zu unserer Datenanalyse haben wir zu diesem Thema mit Familienforscherin Dr. Laura Castiglioni vom Deutschen Jugendinstitut gesprochen. Als Leiterin der Fachgruppe „Familienpolitik und Familienförderung“ untersucht sie unter anderem, welche Rahmenbedingungen Staat, Markt und Gesellschaft für Familien setzen und inwiefern Familien in ihrer Lebensführung unterstützt und gefördert werden können.

 

Frau Dr. Castiglioni, wie familienfreundlich sind deutsche Großstädte?

Grundsätzlich gibt es unterschiedliche Dynamiken in den Städten, die schrumpfen oder wachsen. Während schrumpfende Städte eher wenig investieren können, werden in wachsenden Städten wie München oder Hamburg immer mehr auch die Bedürfnisse von jungen Familien berücksichtigt.

Was heißt das konkret?

Positive Auswirkungen betreffen zum Beispiel die Betreuungssituation, die Infrastruktur und das kulturelle Angebot. In wachsenden Städten können Kinder und Familien fast jedem Interesse nachgehen, von Sprach- über Musikunterricht bis hin zu kindgerechten Angeboten in Museen und anderen Institutionen.

Gibt es auch negative Effekte?

Je attraktiver diese Städte für Familien werden, desto mehr hat dies auch seinen Preis, den man sich erst einmal leisten können muss. Daher ist es für Familien oft eine gute Lösung in kleinere oder mittelgroße Städte des Umlands zu ziehen. Dies bringt jedoch meist längere Fahrtwege mit sich. Um alles gut zu bewerkstelligen, müssen daher zuweilen andere Verwandte oder Dritte einspringen.

Was wäre denn die ideale Wohnsituation für Familien?

Tendenziell können Kinder überall ein schönes, unbeschwertes Leben führen. Für die jeweiligen Herausforderungen, die ein Leben in der Großstadt oder in einem Vorort mit sich bringt, können in der Regel gute Lösungen gefunden werden. Es lässt sich jedoch beobachten, dass Eltern oft verunsichert sind. Viele Eltern glauben alles unter einen Hut kriegen und das Unmögliche möglich machen zu müssen. Das müssen sie aber gar nicht unbedingt.

Worauf kommt es am meisten an?

Wesentlich ist, dass Eltern ihre eigenen Bedürfnisse nicht aus dem Blick verlieren und dafür sorgen, dass sie selbst das Familienleben leben, das sie sich wünschen. Es reicht, wenn sie sich ein bis zwei Sachen heraussuchen, die ihnen für ihre Kinder wirklich wichtig sind und diese in eine gute Balance mit den eigenen Interessen bringen.

Inwiefern profitieren die Kinder davon?

Kinder leben einfach in ihrer Gegenwart und orientieren sich an dem Umfeld, das sie kennen. Normalerweise spüren sie nicht, dass ihnen etwas fehlt, was möglicherweise an anderer Stelle besser wäre. Was sie jedoch mitbekommen, ist, ob ihre Eltern glücklich oder unglücklich sind. Dies ist der wirklich entscheidende Faktor: Wenn Eltern Zufriedenheit ausstrahlen, ist viel gewonnen.



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