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Märry Raufuss: Von viereckigen Augen und Zockerdaumen

Computer spielen, Netflix schauen, auf dem Smartphone chatten. Medien üben auf Kinder eine enorme Faszination aus. Wie geht Märry Raufuss als Mutter damit um?

Märry Raufuss Medien

Das Thema Medienkonsum ist in den letzten Jahren zu einem großen Streitthema unter Eltern, Kindern, Experten und Pädagogen geworden. Wie viel ist zu viel und wie viel ist nötig, um eine ausreichende Medienpädagogik zu garantieren? Um da ein bisschen Licht ins Dunkle zu bringen und Sie als Eltern in Ihrem Bauchgefühl zu stärken, habe ich mir Gedanken über eine Möglichkeit der Medienerziehung gemacht.

Meine Tochter wird in wenigen Wochen 6 Jahre alt, kann mittlerweile den Fernseher einschalten und würde trotzdem niemals alleine etwas anschauen. Aus Erzählungen weiß ich, dass viele Kinder schon in diesem Alter keine Grenzen mehr gesetzt bekommen und die Masse der Überforderung durch Medien hier schon weit fortgeschritten ist. Wie wir vorgehen? Ich habe keine Listen, Pläne oder Regeln, an die ich mich halte. Ich entscheide nach Bauchgefühl und habe immer im Hinterkopf, dass Mediennutzung zwar enorm wichtig ist, man die Häufigkeit aber nicht übertreiben sollte. Als meine Tochter etwas über zwei war, hatte sie eine gemeine Lungenentzündung. In diesen Tagen fingen wir an kleine Folgen von Pettersson und Findus zu schauen. Diese gehen etwas über 10 Minuten und sind, meiner Meinung nach, sehr kindgerecht. Seitdem darf sie immer mal wieder etwas gucken. Bei uns gibt es keine Regelmäßigkeit, denn wenn sie von alleine fragt, schlage ich ihr immer erst eine Alternative vor. Fernsehen sollte nicht immer, manchmal ist das dann eben so, aus Langeweile passieren.

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„Wenn Sie sich Gedanken über das richtige Alter machen, müssen Sie auf Ihren Bauch hören. Hier gibt es kein richtig oder falsch.“

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Wir als Eltern suchen dabei aber gezielt nach Serien, die wir für altersgemäß und angebracht halten. Was mir dabei wichtig ist: Wir schauen egal was, immer zusammen an. So kann meine Tochter direkt Fragen stellen und ist nicht alleine. Wenn Sie sich Gedanken über das richtige Alter machen, müssen Sie auf Ihren Bauch hören. Hier gibt es kein richtig oder falsch, ich würde nur niemals zu früh anfangen. Denn dann ist das alles selbstverständlich und wird viel häufiger von Kindern eingefordert.

Bei älteren Kindern kommt die Nutzung von Handys und Social Media ins Spiel. Gerade wenn das erste Handy sehnlichst erwartet wird, sollten Sie als Eltern Regeln für den Gebrauch aufstellen. Sprechen Sie ganz klar ab, welche Grenzen Sie setzen. Wie viele Stunden darf am Handy gedaddelt werden? Wie viel Zeit darf Ihr Kind auf YouTube verbringen? Das erste Handy wird es hier erst zum Anfang des fünften Schuljahres geben. Warum so spät denken Sie jetzt? Vorher sehe ich keinen Nutzen. Wenn sich meine Tochter verabreden möchte, kann sie unser Telefon zuhause nutzen. Sobald sie einen weiteren Schulweg hat und mit dem Bus fährt, wird sie ein Handy bekommen. Aber nur mit einer installieren App, mit der wir als Eltern den Gebrauch und die Nutzung steuern können. Viele werden sich jetzt denken, dass ich meine Tochter überwache. Ein Stück weit sehe ich das auch, halte aber immer im Hinterkopf, dass es meine Pflicht als Mutter ist, mein Kind zu schützen. Sie glauben gar nicht, wie viele Idioten im Netz unterwegs sind und es auf kleine Mädchen und Jungs abgesehen haben.

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„Ich glaube, dass Kinder im Vorschulalter maximal 90 Minuten fernsehen pro Woche sollten.“

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Sobald meine Tochter älter ist, werden wir Regeln aufstellen. Für sie soll die Nutzung eines Handys und des Internets keine Selbstverständlichkeit, sondern etwas Besonderes sein. Erst neulich traf ich eine Mutter, deren Sohn mit sechs seinen ersten Fernseher auf dem Zimmer hatte. Sowas würde ich nie erlauben und gutheißen. Trotzdem gilt, dass jede Familie ihren eigenen Weg gehen muss und auch die Regeln alleine aufstellt. Wie viel ist also zu viel? Ich glaube, dass Kinder im Vorschulalter maximal 90 Minuten fernsehen pro Woche sollten. Natürlich kann das mal mehr oder weniger sein, aber ein Parken vor dem Gerät für 1-2 Stunden pro Tag finde ich komplett unpassend. Spätestens ab der Pubertät haben wir Eltern immer weniger Einfluss auf den Medienkonsum unserer Kinder. Ich glaube fest daran, dass der frühe Austausch dazu beitragen wird, dass meine Tochter offener mit ihrem Konsum umgehen wird. Ob ich recht behalte, werden wir dann in 10 Jahren sehen.

Seit ich mir Gedanken über den Medienkonsum bei Kindern machen, überdenke ich auch meinen eigenen Konsum. Da dieser in den letzten Jahren drastisch zugenommen hat, habe ich mir eigene Regeln aufgestellt. So ist zum Beispiel die permanente Handynutzung am Wochenende und in den Stunden mit meinem Mann tabu. Wir achten beide sehr darauf, dass wir uns aufeinander und nicht auf unsere Handys konzentrieren. Manchmal hilft es, wenn Eltern Dinge erst an sich selbst und dann an den Kindern ändern.

Was ich noch mit auf den Weg geben möchte: Sie sind der Chef. Stellen Sie Regeln auf und achten auf die Einhaltung. Kommen Sie mit Ihren Kindern ins Gespräch und erklären, warum es Regeln gibt und was gerade im Internet für Dinge geschehen. Ich möchte Ihnen keine Angst machen, das Internet ist ja nicht immer schlecht, aber offene Augen sind manchmal hilfreich.


Märry Raufuss Medien

Über Märry Raufuss:

Marie Franke nennt sich online Märry Raufuss und lässt auf frauraufuss.de an ihrem chaotischen Leben teilhaben. Ihre fünfjährige Tochter zeigt der studierten Erziehungswissenschaftlerin jeden Tag, dass Erziehung und Entwicklung ein Prozess ist. Der normale Wahnsinn zwischen Patchwork, Uni, Kita und dem Wunsch nach Normalität.

Wie findet man ein gesundes Mittelmaß für den Medienkonsum von Kindern? Wir finden es besteht Redebedarf. Hier geht es zu unserer Interviewreihe.



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