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Eine Familie und ihr Wunschhund

Plötzlich war alles anders...Anders gut

Lotti war ein Wunschhund. Als die kleine braune Labradorhündin im Juli 2010 in die Familie von Steffi kam, war sie gerade zehn Wochen alt geworden. Lange hatte die Familie aus Berlin ihren Wunschhund gesucht und letztlich dann über das Internet gefunden.

Eine Geschichte mit Happy End

Ab März 2011 gab die Familie ihre Labradorhündin in eine externe Betreuung. Bei Betreut.de wurde Steffi schnell fündig: Juliane und Claudia von „uDoggy iCare“ kümmerten sich bestens um die junge Hundedame. Die Entscheidung für die Betreuung bei Claudia und Juliane traf Steffi nach längerer Recherche aufgrund des guten Preis-/Leistungsverhältnisses: „15 Euro am Tag  fand ich angesichts der sonstigen Angebote auf dem Markt und hinsichtlich der Flexibilität der beiden Mädels äußerst angemessen. Meine Tochter Marlene war zu Beginn total skeptisch und wollte Lotti partout nicht durch „Fremde“ betreuen lassen. Nach einem Probetag war aber auch sie überzeugt. Lotti war glücklich, Mama und Tochter entspannt, und es schien, als liefe alles perfekt. “

Die Wende

Doch wie so oft nahm das Leben eine überraschende Wendung: Im Spätsommer 2011, mitten in den Hochzeitsvorbereitungen, fing Steffis zukünftiger Mann an zu kränkeln. Zu Beginn mutmaßten sie, es sei eine verschleppte Grippe. Mit Erkältungsmitteln therapierte sich Steffis Verlobter bis zur bevorstehenden Hochzeit, …immer im Glauben, das gehe schon vorüber. Bis zum Tag der Vermählung verschlechterte sich sein Zustand aber immer weiter, sodass ein befreundeter Hochzeitsgast und Arzt ihm schließlich eine Spritze gab, damit er seinen „Großen Tag“ einigermaßen symptomgemindert verleben konnte.
Steffi erinnert sich noch ganz genau: „Nach der Trauung am Strand von Rügen hatten wir noch ein paar Tage in unserem Lieblingshotel gebucht. Aber es ging meinem Mann immer schlechter. Er aß kaum etwas und schlief nur noch. Also brachen wir den „Kurzflitterurlaub“ ab, und ich brachte meinen Mann am Montag nach unserer Trauung direkt nach Berlin in die Notaufnahme, …nicht ahnend, dass er das Krankenhaus erst viele Wochen, ja Monate später wieder verlassen würde.

Es folgten viele Tage größter Unsicherheit, Ängste und unterschiedlicher Krankheitsannahmen. Schließlich kam die Diagnose: Schwerer Blutkrebs, höchstes Stadium und sehr hohes Risiko. Mit der Chemotherapie wurde sofort begonnen.

Auf einmal war alles anders: Nichts war mehr selbstverständlich. Alle Pläne, alle Hoffnungen und Vorhaben waren von jetzt auf gleich unwichtig. Steffi fühlte sich hilflos der Situation ausgeliefert: „All meine sonstigen Strategien, Komplexität zu reduzieren, Unübersichtlichkeit und schwierigen Situationen mittels Intuition und Optimismus zu begegnen und die Dinge so anzunehmen, wie sie nun einmal sind, waren nutzlos. Jeden Tag gab es neue, noch beängstigendere Nachrichten, und meinem Mann ging es während der Chemo immer schlechter. Meine Mutter kam dann zu mir und sorgte für Wärme und geordnete Abläufe in meiner Wohnung und verwöhnte meine Kinder und mich. Das half ungemein, denn emotional war ich aufgrund dieser Ängste nur schwer zugänglich. Ich weiß nicht mehr, wie ich diese vielen Tage und Nächte überstand. Sie sind einfach so an mir vorbeigezogen. Zu dieser Zeit arbeitete ich noch 40 Stunden festangestellt und absolvierte zwei Zusatzausbildungen.“

Die große Entscheidung

Steffi war, wenn sie nicht arbeitete, in der Klinik, und die Zeit, die für Lotti blieb, wurde zunehmend geringer. Zunächst versuchten die Hundesitter einiges aufzufangen und nahmen Lotti so oft es ging. Doch mit der Zeit wurde die Tierbetreuung zu preisintensiv, und es war nicht absehbar, wie sich die Situation mit ihrem Mann weiter entwickeln würde.

Schließlich kam dann die Hiobsbotschaft, dass sich Haustiere schädlich auf den Gesundungsprozess ihres Mannes auswirken könnten: „Unter der Chemotherapie waren die körperlichen Abwehrkräfte fast auf null, ich konnte meinem Mann selbst in der Klinik nur mit Mundschutz und Handschuhen begegnen. Wie sollte ich größtmögliche Keimfreiheit garantieren, wenn da ein junger Hund mit im Haushalt lebte? Auch wenn ich es nicht wahrhaben wollte, musste ich mich dennoch und immer mehr mit dem bedrohlichen Gedanken befassen, dass es nicht zu organisieren ist, Lotti von meinem Mann fernzuhalten, da ich sie ja nicht ständig und überall separieren kann.“

Steffi bangte um das Wohl ihres Mannes: „Zu dem Schmerz und der Angst um meinen Mann kam nun auch noch der Schock, Lotti abgeben zu müssen. Der Gedanke, dass ich meinen Mann nicht zusätzlich gefährden wollte, drängte jedoch immer mehr in mein Bewusstsein, und so entschloss ich mich schweren Herzens, Lotti abzugeben. Das war am 11. Januar 2012 – genau zwei Monate nach meiner Hochzeit und nach Ausbruch der Krankheit. Am 12. Januar gab ich schließlich das finale Inserat bei „Betreut.de“ auf.“

Lotti braucht ein neues Zuhause

Steffi entschied sich die Anzeige über Betreut.de aufzugeben, da sie eine endgültige Entscheidung treffen wollte: „Lotti bei Bekannten unterzubringen und sie immer mal wiederzusehen, aber doch nicht wie früher bei uns haben zu können – das wollte ich weder den Bekannten, noch meiner Tochter oder mir antun.“

Diesbezüglich deckte Betreut.de für sie alles ab, worüber sie sich sonst noch zusätzlich Gedanken hätte machen müssen. Die Plattform gab ihr eine Art vermeintliche, anonyme Sicherheit. Ihre Ängste hinsichtlich der Zuverlässigkeit der Leute, mit denen sie in Kontakt kam, und dass es Lotti danach auch wirklich gut geht, schien ihr durch die Art der Abwicklung besänftigt. Die Organisation wirkt geordnet und sie konnte genau nachverfolgen, wer sich an sie wendet. Genau das war ihr in dieser Situation und für den Moment wichtig.

Schließlich fand Lotti ein neues Zuhause in Dänemark, bei einer Familie, welche große Labrador-Liebhaber und -kenner waren. Eine gewisse Nähe und Beziehung zwischen den Berlinern und den Dänen entstand aufgrund der Sensibilität der Geschichte sehr schnell, und so kam es, daß Tine und ihr Mann Morton schon am 20. Januar 2012 nach Berlin kommen wollten, um Lotti abzuholen. Das heißt, Steffis Familie hatte seit dem Inserat insgesamt nur eine Woche, um sich von Lotti zu verabschieden.

 

Dann war es auch schon fast soweit. Tine, ihr Mann Morton und deren blonde Hündin Ollie, mit der Lotti sich auf Anhieb verstand, kamen nach Berlin: „Das braun/blonde Hundepaar gab einen schönen Anblick ab, wenngleich mich der nahende Abschied mehr belastete als ich das vorher vermutet hatte“, erzählt Steffi. Am gleichen Abend noch fuhr die neue Familie von Lotti zusammen mit ihr wieder nach Dänemark zurück, nicht ohne mitfühlend zu versichern, dass die Berliner jederzeit herzlich willkommen seien.

 

Auf dem Weg der Besserung

Als sich der Zustand ihres Mannes im Sommer 2012 wieder besserte, beschloss Steffi, mit ihrer Tochter einen Ausflug nach Dänemark in die neue Heimat ihrer Hundedame zu machen. Glücklich erzählt Steffi: „Es war eine große Freude, Lotti zu begrüßen und bestätigt zu sehen, wie gut es ihr bei Tine und Morton ging. Lotti sah wunderhübsch aus: Sie war „erwachsener“ geworden, parierte besser und wirkte durch das viele Laufen am Strand schlank, drahtig und durchtrainiert.“
Nach der Genesung ihres Mannes gab es noch einige weitere Hürden zu bewältigen, doch das Wichtigste für den Moment war zunächst: Ihr Mann gilt als vollständig genesen, was angesichts der schweren Erkrankung zeitweise undenkbar schien. Steffi und ihr Mann haben nun zu neuer Kraft gefunden und setzen ihre Inspirationen, die aus dieser schwierigen Zeit mitgenommen haben, konsequent um: „Neben der Konzipierung meiner eigenen beruflichen Selbständigkeit und meinem Lieblingsprojekt „einfach be“ (www.einfach-be.com) bauen wir nach dieser heftigen Phase ganz unterschiedlicher, existentiell tiefgreifender gesundheitlicher wie beruflicher Krisen ein neues Systemisches Institut für Achtsamkeit auf.
Dieses Institut wird Psychotherapeuten, Coaches und Berater ausbilden und Workshops bzw. Workshopreihen sowohl zu therapeutischen als auch zu pädagogischen Thematiken anbieten. Außerdem finden regelmäßig Salonabende zu aktuellen philosophischen, therapeutischen oder soziologisch interessanten Themen unserer Zeit statt. Bei all diesen Angeboten werden die klassischen Systemischen Ansätze mit dem Schwerpunkt Achtsamkeit verknüpft.“

Auf das gemeinsame Leben haben sich die Geschehnisse natürlich auch ausgewirkt: „Als Familie sind wir heute vermutlich gelassener, bescheidener in unseren Erwartungen, vielleicht sogar ein bisschen glücklicher, auf jeden Fall aber dankbarer als zuvor. Wir freuen uns über ganz einfache Dinge, und fast unmerklich hat sich der Fokus von unwesentlichen Dingen auf das Wesentliche, nämlich auf die Gestaltung unserer nahen Beziehungen verschoben. Wir haben diese Krise zusammen durchlebt und sind miteinander, aber auch jeder für sich, daran gewachsen. Wir fühlen uns durch die Tiefe der gemeinsam erlebten Emotionen noch einmal mehr miteinander verbunden als zuvor.“

Steffi bereut ihre Entscheidungen bis heute nicht: „Im Hinblick auf unsere Entscheidung mit Lotti haben wir in dieser außergewöhnlichen Situation das einzig Richtige gemacht und einen besseren Platz für sie gefunden als sie ihn bei uns in der Stadt hatte. Natürlich fehlt mir Lotti immer wieder. Aber angesichts der vielen Schwierigkeiten, die wir zu bewältigen hatten und noch immer zu lösen haben, bin ich richtiggehend glücklich, dass sie dort sein kann, wo sie geliebt wird und wo es für sie am allerschönsten ist. Nämlich am Meer, zusammen mit einem weiteren Hund.“



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