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Berufstätige Mütter und Burnout

Im Interview verrät Naturärztin Elké Richter-Diehl 5 Tipps gegen Burnout

Berufstätige Frauen, die Familie und Beruf unter einen Hut bekommen müssen, sind oftmals einer großen Belastung ausgesetzt. Burnout trifft deshalb immer häufiger Frauen mit Kindern.

Diagnose Burnout

Das Phänomen Burnout kennt man seit den 1970er Jahren. Es wurde erstmals bei Angehörigen sozialer Berufe wahrgenommen. Burnout meint die völlige emotionale und körperliche Erschöpfung. Diesen Erschöpfungszustand hat die Naturärztin Elké Richter-Diehl aus der Schweiz selbst erlebt. 2009 wurde bei ihr die Diagnose Burnout festgestellt. Anschließend war sie über einen längeren Zeitraum hinweg nicht mehr arbeitsfähig. Immer wieder kamen Menschen mit der Frage „Was hast du denn eigentlich?“ auf sie zu. Doch sie konnte darauf keine passende Antwort geben.

Burnout ist ein Zustand, der zumeist durch Stress ausgelöst wird. Viele Betroffene haben ein maximales Leistungsstreben und wollen die hohen Erwartungen ihrer Umwelt erfüllen. Dabei missachten sie die ersten körperlichen Anzeichen einer Überforderung, was schließlich in ein Burnout münden kann.

Berufstätige Mütter besonders gefährdet

Berufstätige Mütter sind besonders anfällig für ein Burnout. Elké Richter-Diehl weiß: „Den Müttern wird in der Werbung immer die perfekte Ehefrau mit dem perfekten Ehemann, den perfekten Kindern und dem perfekten Haushalt suggeriert und vorgegaukelt. Daher ist es für uns Frauen und Mamas nicht immer so einfach zuzugeben, dass wir oftmals mit unseren Aufgaben überfordert sind.“ Das Streben nach Perfektion und Anerkennung treibt etliche Mütter in die Enge.

„Wir Frauen sind doch im Beruf weitgehend benachteiligt und möchten natürlich zeigen, wie gut wir wirklich sind. Dazu gehört auch die Anerkennung unserer Arbeit, sei es durch Beförderung und/oder das Gehalt. Da wir oftmals in einer sogenannten ‚be-perfect-Falle‘ stecken, geben wir mehr als 100 Prozent unserer Leistungen“, erklärt die Naturärztin die Umstände. „Da wir Frauen zudem dazu neigen, viele Dinge auf einmal zu erledigen, kann das für Kopf und Körper zusätzlichen Stress bedeuten. Da haben es die Männer oft einfacher, weil sie sich leichter auf nur eine Sache konzentrieren können oder müssen.“

Dreifachbelastung: Beruf, Familie, Haushalt

Frauen sind also oftmals einer besonderen Belastung bei der Vereinbarkeit von Beruf und Familie ausgesetzt. Elké Richter-Diehl weiß genau, wovon sie spricht: „Das ‚Wie bekomme ich alles unter einen Hut?‘ ist das Entscheidende. Nach einem Arbeitstag außerhalb von Haus und Familie folgen weitere Arbeitsstunden innerhalb der Familie. Vom Einkaufen, Kochen, Wäschewaschen, Haushalterledigen bis hin zur Hausaufgabenbetreuung und dem Zuhören bei Problemen: Das sind alles Dinge, um die es sich zu kümmern gilt. Und sollte eine Frau dann noch dazu neigen, alles alleine erledigen zu wollen, ist die Erschöpfungsgrenze schnell erreicht. Und zum Schluss steht noch die Frage: Wann werden die Bedürfnisse der Frau abgedeckt? Sei es zum Kaffeeklatsch, Sport oder einfach mal Nichtstun.“

Schnelllebigkeit hat ihre Folgen

Die Schnelllebigkeit in Beruf und Alltag – ein markantes Merkmal der heutigen Zeit – macht vielen Menschen zu schaffen. „Früher waren die Mütter auch berufstätig, aber anders. Nach einem harten Arbeitstag, z.B. auf dem Acker, waren sie auch erschöpft. Aber: Die heutige Zeit ist geprägt vom Schnellleben! Nichts geht mehr rasch genug. Schnell wird mit der Wertung ‚gut‘ assoziiert. Zu diesem Zeitdruck kommen all die technischen Geräte der modernen Kommunikation hinzu, vom Smartphone oder Tablet-PC bis zum Internet. Diese ‚Allzeit-Bereit-‚ und ‚Erreichbarkeitsfunktion‘ ist ein Stress, dem irgendwann nicht mehr Stand gehalten werden kann.“

Elké Richter-Diehl hat sich aufgrund ihrer eigenen Erfahrungen mit der Thematik auseinandergesetzt und möchte nun mit ihrem kürzlich erschienenen Buch insbesondere berufstätigen Müttern zur Seite stehen. In „Wenn Mama nicht mehr kann“ stellt die Autorin und Naturärztin ein 14-Tage-Programm gegen Burnout vor: „Jede noch so große Reise beginnt mit dem ersten Schritt, und genau dieser erste Schritt ist mein 14-Tage-Programm. Der 14-Tage-Plan ist keine Garantie, dass man danach dem Burnout entronnen ist. Es ist aber eine Hilfe zur Selbsthilfe und führt Schritt für Schritt durch das gut strukturierte Programm. Klienten, die das Programm durchgemacht haben, berichteten mir von einer merklichen Veränderung ihres Zustandes. Nach diesen zwei Wochen war einigen klar, wohin der Weg nun führt – sei es ein Klinikaufenthalt, eine Kur oder einfach nochmals ein paar Wochen Ruhe. Auch Nichtbetroffene können sich den Aufgaben widmen, um gewisse Stressfaktoren schon vor deren Entstehung auszuschalten.“

 

5 Tipps gegen den Burnout

1.  Der Stressspirale entweichen

Bevor Sie beginnen, den Stress zu analysieren, und damit Gefahr laufen, hierdurch wiederum in den Stressstrudel zu gelangen, ist es wichtiger, dieser Spirale zunächst zu entkommen. Wenn Sie nachts nicht mehr schlafen können, sollten Sie tagsüber Entspannungsübungen in den Alltag einbauen. Um sich zu beruhigen, sind hier z.B. der 15-Minuten-Powerschlaf sowie Atemübungen sehr hilfreich. Die Entspannungsphasen sollten auf jeden Fall gegenüber den Anspannungsmomenten überwiegen.

 

2. Hilfe suchen, Hilfe annehmen

Hilfe zu suchen ist einfacher, als Hilfe anzunehmen. Das Annehmen von Hilfe ist aber elementar, denn es lastet dann nicht mehr alles auf den eigenen Schultern. Damit wird auch der Kontakt zur Außenwelt gewahrt und das soziale Umfeld kann gepflegt werden. Unterstützung bei der Burnoutbekämpfung gibt es unter anderem bei Fachärzten und Kliniken, Therapeuten und sozialen Stellen (Familienhilfe etc.), wo passende Maßnahmen ergriffen werden können.

 

3. Sich selbst wichtig nehmen

Eine Erschöpfung ist immer ernst zu nehmen. Dabei kommt es nicht darauf an, dass man sich an anderen Personen oder Müttern misst. Es ist dann nicht wichtig, wie viele Kinder Sie haben, oder wie viel Arbeit Sie noch verrichten müssen, sondern allein die Tatsache zählz, dass alles zu viel wird. Seien Sie für sich da. Einfach nur mal dasitzen und nichts tun, kann schon helfen. Zuerst fünf, dann zehn Minuten, und langsam steigernd. Haushalt etc. einfach mal sein lassen und sich mit sich selbst verabreden… Was kann denn wichtiger sein, als die eigene kurze Auszeitinsel?

 

4. Wiedereinstieg in den Alltag planen

Es ist wichtig, den Wiedereinstieg nach einer Auszeit oder einem Klinik- bzw. Kuraufenthalt in den ‚ganz normalen‘ Alltag oder Job zu planen und zu strukturieren. Wie lief alles vorher ab? Was muss unbedingt geändert werden? Was sind eigene Wünsche? Und wie lässt sich all das verwirklichen? Oder soll einfach mal alles ganz anders werden? Denken Sie in Ruhe darüber nach.

 

5. Positive Denkmuster entwickeln

Da Ängste und Sorgen oft aus negativen Denkmustern rühren, ist es sinnvoll, diese in positive Denkprozesse umzuformen. Anstelle eines ‚Ich muss noch schnell telefonieren, einkaufen etc.‘ kann auch der Satz ‚Ich werde noch ein Telefonat führen, einkaufen …‘ treten. Stress erhöhende Füllwörter – wie schnell, kurz, rasch, hurtig – können Sie getrost aus Ihrem Wortschatz streichen. Kleine Änderungen führen auch hier zu großen Wirkungen.

 

Tipp für Angehörige

Nehmen Sie unbedingt die Symptome und Sorgen einer von Burnout betroffenen Person ernst und fragen Sie nicht ‚Was hast du denn eigentlich?‘. Eine psychische Erschöpfung sollte genauso ernst genommen werden wie eine organische Erkrankung. Bieten Sie Ihre Hilfe an, werfen Sie sozusagen den Ball zu und warten Sie ab, bis dieser wieder zurückgeworfen wird. Sollte es zu lange dauern, ergreifen Sie die Initiative, drängen Sie aber nicht.

Weitere Informationen zum Thema finden Sie hier.

 

 Über Elké Richter-Diehl:

Elké Richter-Diehl

 

Elké Richter-Diehl agiert als Expertin für LOB – die Zeitschrift für berufstätige Mütter und Väter.

 

Elké Richter-Diehl (*1967 in Karlsruhe) ist Diplom-Naturärztin mit Schwerpunkt Psychologie/NLP und Komplementärmedizin. Nach 17-jähriger Berufserfahrung in der eigenen Praxis erkrankte sie selbst am Burn-out-Syndrom, aus dem sie Schritt für Schritt wieder in den Alltag zurückfand. Ihr Anti-Burn-out-Programm setzt sie seither erfolgreich bei Betroffenen ein. Sie lebt mit ihrer Familie in der Schweiz.

www.praxis-richter.ch

 

 

 



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