Papa und Kind Laptop

Der moderne Vater arbeitet Teilzeit, oder?

Ernährer oder Familienvater?

Wer ist dieser moderne Vater eigentlich? Das fragen sich die Männer von heute mitunter selbst – und kommen damit zu Felicitas Richter, Lob-Expertin für Vereinbarkeit von Beruf und Familie.

 

Ist es eine Traumvorstellung oder ist der moderne Vater Realität? Felicitas Richter, Lob-Expertin und Coach mit dem Schwerpunkt Vereinbarkeit von Familie und Beruf, spricht in ihren Seminaren mit Vätern und Müttern. Sie weiß, was junge Familien beschäftigt und sprach mit uns über Teilzeitarbeit für Männer.

 

Mehr Vatersein – alles nur Fassade?

 

Der Vater von heute befindet sich im Zwiespalt, so Frau Richter.

 

Einerseits sind ihm die gleichberechtigte Beziehung zu seiner Frau und die Teilhabe an Familienleben und Kindererziehung sehr wichtig. Der moderne Vater geht laut Felicitas Richter nicht mehr davon aus, „dass er arbeiten geht und anschließend nach Feierabend die Füße hochlegt“. Zu ihren Coachings kommen Männer, die wissen möchten, wie sie ihren Beitrag leisten können. Und viele von ihnen tun es schon: „Moderne Väter geben sich nicht mehr damit zufrieden, sich von der Frau berichten zu lassen, was beim Elternabend besprochen wurde. Sie nehmen Anteil an dem, was die Kinder betrifft, auch wenn sie nicht bei allen Aktivitäten dabei sein können.“

 

Die andere Seite der Medaille sind die vielfach zitierten fehlenden neuen Vorbilder. „Die neuen Väter müssen häufig erst für sich den Weg hinein in die aktive Teilnahme am Leben der Familie (er-)finden“, erläutert Richter. Sie haben nur ihre eigenen Väter vor Augen und unterscheiden sich gleichzeitig erheblich von ihnen, denn sie denken anders: Moderne Väter möchten ihrer Partnerin die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ermöglichen.

 

Trotzdem erkennt Frau Richter im Bild des Unterstützers die althergebrachte Denkweise: „Dadurch wird deutlich, dass Haushaltsführung und Kindererziehung in den Augen der Väter ‚eigentlich‘ Sache der Frau sind und man als Mann ‚dabei hilft‘. Eine Reduzierung der Arbeitszeit kommt für sie zunächst gar nicht infrage, denn es entspricht nicht ihrem Selbstbild, dem des Ernährers der Familie.“

 

Naserümpfen und Applaus

 

Nach außen hin geben sich Unternehmen und die Gesellschaft gern offen gegenüber Vätern in Teilzeit. Frau Richter macht allerdings eine Diskrepanz zwischen „offiziellen“ Stellungnahmen und den Berichten der Männer in ihren Seminaren aus: „Teilweise hören Väter in Teilzeit hinter den Kulissen Sticheleien oder unangebrachte Bemerkungen von Kollegen oder direkten Vorgesetzten.“  Noch immer wird der Mann am Arbeitsplatz lediglich als Arbeitnehmer, eine Frau mit Kindern doch als berufstätige Mutter betrachtet – „ob diese Sichtweise positiv oder negativ ist, sei einmal dahin gestellt“, bemerkt Richter. Sie weiß, „für Männer ist es damit schwieriger, zu argumentieren, dass ihnen die eigenen Kinder ebenso wichtig sind wie die Arbeit.“

Derweil finden es die meisten Frauen attraktiv, wenn ihr Partner sie so ernst nimmt, dass er auch über eine Reduktion der Arbeitszeit nachdenkt. Allerdings häufig nur solange er nicht wesentlich mehr verdient. Bei einem guten Einkommen des Vaters „sind es oft auch die Frauen, die bremsen“, erklärt Richter. Sicherlich ist das eine ganz natürliche, weil pragmatische, Diskussion in der Partnerschaft: die Frage des Geldes für die Familie.

 

Welche Väter arbeiten Teilzeit?

 

Frau Richter trifft immer mehr Väter, denen die Zeit mit der Familie ebenso wichtig ist wie die Arbeitszeit. Dennoch haben sowohl die Männer, mit denen sie spricht, als auch deren Frauen noch das tradierte Rollenbild des Mannes als Ernährer im Kopf. „Nur selten höre ich, dass sich die Frauen tatsächlich wünschen, die Männer mögen ihre Arbeitszeit reduzieren.“  So scheint die gleichberechtigte Vereinbarkeit von Beruf und Familie für den Großteil der Eltern mehr ein Wunsch als Realität zu sein.  Das bewusste Leben um diese Vereinbarkeit beider Elternteile trifft Frau Richter nur selten und dann „eher unter jüngeren Vätern und meist in Familien,  in denen die Frau gut bzw. mehr verdient“, an. Dennoch ist sie zuversichtlich: „Eine neue Generation wächst heran, die Beruf und Familie in ihrem Leben viel selbstverständlicher mitdenkt. Diese Väter werden gute Vorbilder für ihre Kinder sein.“

 

Väter-Teilzeit in der Realität

 

2012 waren deutsche Familien, in denen der Vater Teilzeit arbeitete, in der Minderheit. Insgesamt 81,6% der Familien bestritten ihr Budget zumindest teils durch die Berufstätigkeit des Vaters[1]. Der Wunsch nach einem  Modell, in dem beide Elternteile erwerbstätig sind besteht bei dem Großteil der deutschen Familien. In der Praxis arbeitet zumeist der Vater in Voll- und die Mutter in Teilzeit. Die zu gleichen Teilen aufgeteilte Teilzeit-Teilzeit-Lösung wird derzeit in nur zwei Prozent der Familien gelebt[2].

 

 

Infografik: Väter-Teilzeit in Deutschland die Ausnahme | Statista
Mehr Statistiken finden Sie bei Statista

 

 

 

Felicitas-Richter

Zur Person Felicitas Richter
Felicitas Richter ist Dipl. Sozialpädagogin und als Trainerin und Coach mit dem Schwerpunkt „Vereinbarkeit von Familie und Beruf“ tätig. Dafür hat sie das Selbstmanagement-Konzept „simple present“ entwickelt, das berufstätigen Eltern Wege aus dem anstrengenden Spagat zeigt.

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[1] Statistisches Bundesamt (2012): Väter-Teilzeit in Deutschland die Ausnahme. http://de.statista.com/infografik/1868/erwerbsbeteiligung-von-paaren-mit-kindern/ (29.04.2014).

[2] Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Referat Öffentlichkeitsarbeit (Hrsg.) (2014): Dossier Müttererwerbstätigkeit. Erwerbstätigkeit, Erwerbsumfang und Erwerbsvolumen 2012. Berlin.



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