Zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf: Andreas Lorenz

Titel

Dem Job zuliebe eine Wochenendbeziehung zur Familie führen? Das kommt für Andreas nicht in Frage. Er legte bei Entscheidung für seinen Arbeitgeber großen Wert auf Vereinbarkeit. Bei seinem jetzigen Job kann er nicht nur seine Arbeitszeit sondern auch Urlaubstage flexibel selbst einteilen. Neben den beruflichen Gegebenheiten ist Andreas beim Thema Vereinbarkeit vor allem wichtig, seine eigenen Prioritäten zu kennen und sich Ziele und Leitbilder zu setzen.

Wie sieht dein Berufsleben aus (Vollzeit, Teilzeit, Auszeit? Arbeitest du im Homeoffice? Selbstständig oder angestellt?)

Ich arbeite Vollzeit als Vertriebsleiter in einem großen, holländischen Technologie Unternehmen. Man sagt holländischen Unternehmen nach, sie wären, ähnlich wie die Skandinavier, sehr fortschrittliche Arbeitgeber. Das kann ich nur unterschreiben. Wir haben keine festen Arbeits- oder Urlaubszeiten und kennen auch das Wort „Präsenzzeiten“ nicht (weiß gar nicht, ob es das im holländischen Wortschatz überhaupt gibt...). Das heißt ich kann arbeiten wo ich möchte, was mir natürlich eine wunderbare Möglichkeit gibt, Karriere und Familie zu kombinieren.

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Haben du und dein Partner*in (oder Ex-Partner*in) eine bestimmte Routine, mit der ihr eure Woche organisiert? Wenn ja, wie sieht sie aus bzw. wer ist für was wann zuständig?

Meine Frau arbeitet als Yoga-Lehrerin und kann sich Ihre Zeiten einteilen. Sie arbeitet meist morgens, wenn die Kinder in der Schule sind und gibt am Wochenende Stunden, wenn ich dann zu Hause bin und mich um die Kids kümmern kann.

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Andreas' Life Hacks:

Flexible Arbeitszeiten | Home Office | Prioritäten setzen

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Wie regelt ihr die Kinderbetreuung?

In der Woche ist meine Frau von der Arbeit da, wenn die Kinder aus der Schule kommen. Manchmal hat sie abends noch Kurse aber das regeln wir so, dass ich an diesen Tagen entweder Home Office mache, oder dann zu Hause bin. Wir gönnen uns 1-2 Mal pro Monat einen Babysitter, damit meine Frau und ich etwas zu zweit unternehmen können.

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Gibt es bestimmte „Kinderzeiten“ – also Zeiten, in denen es Dir besonders wichtig ist, MIT dem Kind Zeit zu verbringen?

Eines unserer festen Rituale ist das Frühstück. Wenn ich nicht gerade über Nacht verreist bin, dann frühstücken wir jeden Morgen zusammen. Wir finden es wichtig so viele Mahlzeiten wie möglich gemeinsam zu verbringen. In der Woche schaffen wir aber selten mehr als das Frühstück. Am Wochenende gehört die Zeit ganz der Familie. Wir unternehmen gerne etwas, genießen es aber auch einfach mal zu Hause zu bleiben und ein gemütliches Kuschelwochenende zu verbringen, an dem nichts ansteht.

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Gab es Situationen, in denen du dich bei der Arbeit für dein Kind positionieren oder als Mutter/Vater Stellung beziehen musstest? Wie hast Du reagiert? Würdest Du heute anders reagieren?

Ich habe vor 2,5 Jahren meinen Arbeitgeber gewechselt. Ich brauchte einfach einen Tapetenwechsel und hatte viele, interessante Alternativen. Die meisten hätten einen Umzug oder eine Wochenendbeziehung zu meiner Familie bedeutet. Dort schlugen mir dann Argumente entgegen wie: „das machen die meisten unserer Führungskräfte so...“. Für mich war das ein absolutes No-Go. Einer meiner Werte ist es, dass ich arbeite um zu Leben und nicht anders herum. Wenn ich meine Familie nur am Wochenende sehen würde, wäre mir das einfach nicht genug.

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„Einer meiner Werte ist es, dass ich arbeite um zu Leben und nicht anders herum. Wenn ich meine Familie nur am Wochenende sehen würde, wäre mir das einfach nicht genug. "

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Wenn du mehr freie Zeit hättest, wofür würdest du sie nutzen?

Das ist eine interessante Frage, denn ich fühle mich gar nicht so, als ob ich zu wenig Zeit hätte. Natürlich wünsche ich mir immer wieder, dass ich in der Woche mal früher zu Hause wäre um noch eine Runde Fußball mit meinem Sohn spielen zu können. Aber das habe ich doch auch in der Hand, oder? Wenn ich feststellen würde, dass ich Geisel meines Jobs bin und mich dieser von der Familie fernhält, würde ich mir einen anderen Job suchen. Ich halte die Diskussion um Work-Life-Balance und die Opferrolle, die viele dabei einnehmen, für wenig hilfreich. Am Ende des Tages sind es Work-Life-Entscheidungen, die jeder für sich selbst trifft. Wenn ich mit einer Situation nicht zufrieden bin, ändere ich sie.

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Zum Thema Beziehung: Was ist das Wichtigste, um gemeinsam glücklich zu bleiben?

Das absolut Wichtigste ist miteinander zu kommunizieren. Damit meine ich nicht nur mit einander zu reden (das kann man auch übers Wetter und darüber, wer die Schulbrote schmiert) sondern wirklich zu wissen, was beim anderen so los ist. Wir sind aktuell in einer Phase in der all die Bilderbuch-Ehen um uns herum entweder in arge Schieflage geraden oder bereits vorm Scheidungsgericht abgewickelt werden. Alle haben eines gemeinsam – es sah nach außen toll aus aber im Innenverhältnis war es nie eine Beziehung. Meine Frau und ich wissen genau was den anderen interessiert, welche Ziele wir haben und worauf es uns ankommt. Natürlich ändert sich das aber dadurch, dass wir ständig offen über das sprechen was uns inspiriert, ärgert oder beschäftigt, erleben wir keine Überraschungen und können einander unterstützen.

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Hast du besondere Tipps oder Anregungen für andere Eltern, wie man der Doppelbelastung kleine Kinder und Beruf Herr wird? Gibt es konkrete Beispiele für Maßnahmen oder Entscheidungen, die DU für dich ergriffen bzw. getroffen hast, um dieser Situation zu begegnen?

Es gibt sicher keine Geheimtipps, die bei allen gleich wirken. Jede Familiensituation ist einzigartig und was bei uns klappt, muss bei anderen nicht auch funktionieren. Was ich immer wichtig finde ist es zu wissen wo die Prioritäten liegen. Was willst Du erreichen, sowohl im Beruf und in der Familie? Du brauchst Ziele oder besser gesagt, Leitbilder. Mein Leitbild definiere ich mir, in dem ich mich frage was ich möchte. Was sollen meine Kinder in 40 Jahren über mich sagen wie sie mich als Vater erlebt haben.

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Über Andreas Lorenz:

Andreas ist Gründer und Herausgeber von papa-online.com. Dort schreibt und podcastet er über das Vatersein, mit allem, was dazu gehört. Inspiration und Erfahrung für seine Artikel schöpft Andreas aus über 10 Jahren Ehe und 6+ Jahren doppelter Vaterschaft. Folgen können Sie Andreas auf Twitter (@DerPapaOnline), Facebook (Papa-Online – Die Website für Väter) und Instagram (@derpapaonline).

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