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Mütter in der Teilzeit-Falle

Weg vom beruflichen Abstellgleis

Viele Mütter arbeiten in einem Teilzeit-Job, um Familie und Beruf zu vereinbaren. Wenn eine Mutter durch das Karriere-Raster eines Unternehmens fliegt, kann die Teilzeit-Falle schnell zuschnappen.

Teilzeitarbeit nimmt zu

69 Prozent der berufstätigen Mütter arbeiten auf Teilzeitbasis. Das bestätigen die jüngst veröffentlichten Zahlen des Statistischen Bundesamtes (Destatis[1]). Arbeitete 1996 noch knapp die Hälfte aller berufstätigen Mütter in Teilzeit, hat sich diese Zahl in den vergangen Jahren deutlich erhöht. Jutta Schwarz, Karriereberaterin aus Hamburg, identifiziert diese Entwicklung zunächst als einen positiven Trend: „Immer mehr Mütter kommen auf den Arbeitsmarkt und wollen nicht gänzlich auf ihre berufliche Verwirklichung verzichten. Aber offensichtlich heißt das nicht immer, dass sie auch qualitativ mehr Verantwortung im Beruf tragen, da sie so oft in die überwiegend schlechter bezahlten Teilzeit-Jobs rutschen.“

Daher ist auch der Wunsch vieler Mütter, mehr Stunden zu arbeiten, deutlich angestiegen. Denn mehr als die Hälfte unter ihnen wünscht sich die Aufstockung ihrer Arbeitszeit. Doch eine gesetzliche Regelung dafür gibt es noch nicht. Auf der anderen Seite gibt es seit 2001 einen gesetzlichen Anspruch auf Teilzeitarbeit. Das sogenannte Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) regelt den Anspruch des Arbeitnehmers unter gewissen Umständen, weniger als die Normalarbeitszeit zu arbeiten.

Recht auf Vollzeit – Forderungen der Bundesregierung

Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) will das ändern: Sie fordert „Ein Recht auf Vollzeit“[2]. Ein neues Gesetz soll her, das neben der Verringerung der Arbeitsstunden, auch eine Aufstockung regelt. Insbesondere, um die Stellung der Frau am Arbeitsmarkt zu verbessern und sie aus der Teilzeit-Falle zu holen.

Tatsächlich aber finden sich etliche Mütter auf dem sogenannten „beruflichen Abstellgleis“ wieder.  Auch, wenn dies nicht zwangsläufig der Fall ist, ergänzt Karriereberaterin Jutta Schwarz,  „aber in der Realität fällt es vielen Frauen schwer, ihre Stunden wieder aufzustocken, da sie in der sogenannten Teilzeit-Falle hocken und bei vielen Unternehmen einfach durch das Karriere-Raster fallen.“ Frau Schwarz betont, dass es an dieser Stelle wichtig wäre, dass die Unternehmen – gerade angesichts des zu erwartenden Fachkräftemangels – umdenken und sich mehr auf die Teilzeitwünsche der Mütter – aber auch der Väter – einstellen würden. Schwarz lobt: „Es wird derzeit ein Vorschlag aus der Politik diskutiert, der eine Regelarbeitszeit von 32 Wochenarbeitsstunden für Mütter und Väter (oder sogar für alle Arbeitnehmer) vorsieht. Eine sehr sinnvolle Idee, die mich inspiriert und begeistert!“

Fehlende Kinderbetreuungs-Möglichkeiten zwingt Mütter zu Teilzeit

Teilzeit in Deutschland ist weiblich. Geht der Mann meist 40 Stunden pro Woche arbeiten, sind es bei den Frauen immer häufiger 32, 25 oder sogar 20 Stunden pro Woche, die sie neben Familie und Haushalt in ihrem Job tätig werden. „Die Gründe hierfür sind sicher vielfältig“, weiß die Expertin aus Hamburg: „nicht ausreichende Kinderbetreuungs-Möglichkeiten, ein konservatives Familien – und Mütterbild in der Gesellschaft, mangelnde Unterstützung in der Familie oder unflexible Arbeitgeber.“

Der Mangel an Kinderbetreuungs-Möglichkeiten wird von den meisten Müttern als Grund für den Teilzeit-Job angegeben, wie das im März 2014 veröffentlichte Dossier zur Müttererwerbstätigkeit[3], bestätigt. Ein passender Ansatz, der diese Lage entschärfen würde, könnte sich demnach bei den Möglichkeiten zur Kinderbetreuung befinden.

Für Jutta Schwarz ist der Ausbau von guten Ganztagsschulen und Krippen wesentlich, um die Mütter bzw. Familien gut zu unterstützen. „Wir leben nun mal nicht mehr in Strukturen von Großfamilien und die sozialen Einrichtungen müssen solche ein wenig ersetzen – daher sollten wir auch einen hohen Anspruch an sie stellen. Mein 8-jähriger Sohn geht auf eine sehr gute gebundene Ganztagsschule und das ist eine große Erleichterung für meine Familie. Der Unterricht wird bis in den Nachmittag verteilt. Und vor allem: Alle Kinder sind bis mindestens 15:30 Uhr dort. Dadurch wird die Betreuung bis in den Nachmittag selbstverständlich.“

Mütter sollten Perfektionismus abstellen

Neben der Unterstützung, die der Staat und öffentliche Einrichtungen leisten können, ist es an jedem selbst gelegen, sich mit der Situation weitestgehend gut auseinander zu setzen. Darunter zählt unter anderem das ständige Bestreben nach Perfektionismus. Die Mutter von heute möchte sich sowohl beruflich als auch privat voll verwirklichen. Die Karriereberaterin aus Hamburg kennt die vielfältigen Ambitionen von Frauen mit Kindern: „Für uns Mütter ist Perfektionismus ein riesiges Hindernis auf dem Weg zu Erfolg und Zufriedenheit. Wir wollen immer Top-Leistung im Job bringen, uns liebevoll um die Familie und Partner kümmern, den Haushalt im Griff haben und dabei noch sportlich und immer gut gelaunt sein. In der Realität ist Perfektion niemals erreichbar und mit einem solchen Anspruch können wir ständig nur scheitern.“ Jutta Schwarz rät zu Pragmatismus. Frauen müssten lernen, sich Fehler zu erlauben, sich selbst zu achten, und ihre Leistungen bewusst wertzuschätzen.

 

Zur Person Jutta Schwarz

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Jutta Schwarz, Jahrgang 1969, ist ehemalige Personalleiterin und arbeitet heute als systemische Karriereberaterin in Hamburg. Sie ist Mutter von zwei Kindern und spezialisiert auf das Training und Coaching von berufstätigen Müttern. Weitere Infos finden Sie hier.

 

 

 

 

 

 

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Kommentare
  1. Mütter in der Teilzeit-Falle
    Susanne Schwarz | Donnerstag,Mai 08.2014

    Es gibt auch Eltern die Ihre Kinder gerne noch ein paar Stunden am Tag sehen möchten und nicht die komplette Erziehung von morgens bis abends der Erzieherin überlassen möchten. Somit gibt es auch Frauen die aus diesem Grunde Teilzeit arbeiten. Denn, Geld ist nicht alles und unsere Kinder werden so schnell groß und das möchte ich nicht verpassen.

  2. Mütter in der Teilzeit-Falle
    Angela T. | Freitag,Mai 09.2014

    Der Meinung von Frau Schwarz stimme ich zu. Auch ich arbeite „nur“ 25 Stunden/Woche. Eine bewusste Entscheidung! Ich möchte einfach auch noch Zeit mit meinen Kindern verbringen. Ich habe Glück, dass ich einen verständnisvollen Arbeitgeber habe, der es mir trotzdem ermöglich einen anspruchsvollen Job auszuüben. Auch die Kollegen spielen eine Rolle, auch da habe ich Glück! Bei Meetings, Schulungen, Urlaubsvertretung bleibe ich dafür auch gerne mal länger.

  3. Mütter in der Teilzeit-Falle
    Paloma Martini | Sonntag,Mai 11.2014

    Wenn der Sinn des Lebens nur noch darin besteht, Karriere zu machen u. von früh bis spät im Büro zu hocken, während sich schlecht ausgebildete Betreuer, denen sowieso alles egal ist, sich um mein Kind „kümmern“, wäre es besser, überhaupt keine Kinder zu bekommen!!Ich kenne genügend Beispiele im nahen Umfeld, wo die Kinder auf hohem Niveau verwahrlosen, weil die Erziehungsberechtigten keine Zeit haben (wollen) u. nur noch deren Betreuung organisieren. Heutzutage müssen sich die Kinder dem Arbeits- u. Lebensstil ihrer Eltern anpassen, ob sie wollen oder nicht. Früher war es mal umgekehrt. Die Egogesellschaft läßt grüßen!

  4. Mütter in der Teilzeit-Falle
    Claudine G. | Dienstag,Mai 13.2014

    Meine Meinung ist, es sollten Möglichkeiten gesesamtgesellschaftlich geschaffen werden, damit Mütter in Teilzeit arbeiten können. Ich bin ganz gegen eine hohe Stundenzahl von Fremdbetreuung und erlebe dies als Pädagogin in meinem Beruf und als dreifache Mutter immer wieder als sehr beiinträchtigend für die Persönlichkeitsentwicklung des Kindes, sein Geborgenheitsgefühl und seine Bindungsfähigkeit, wenn die Mutter ganztags arbeitet. Dadurch wird auch der so wichtige private Kontakt zu Gleichaltrigen erschwert. Es sollte vielmehr gesamtgesellschaftlich die Weiblichkeit und das mütterlich Umsorgende geachtet und geehrt werden, und Betreuungsmöglichkeiten sollten flexibel und ohne Schuldgefühle zu machen, angeboten werden, da auch bei Teilzeit ein großer Bedarf von Müttern an einer guten Betreuung herrscht. Hie sollte mal das Preisniveau angeschaut und eventuell staatlich besser bezuschusst werden, da oft die Babysitter teurer sind, als das was manche Mutter abzüglich Fahrtkosten in derselben Zeit überhaupt verdient.Viele GrüßeClaudiane G.

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