Heimische Pflanzen in der Winterruhe
Mitteleuropa gehört zur gemäßigten Klimazone, die sich in vier Jahreszeiten unterteilt. Dazu gehört eine mehrmonatige Kältephase mit Temperaturen unter dem Gefrierpunkt. Die hiesige Pflanzenwelt hat sich diesen Temperaturschwankungen angepasst und über die Jahrhunderte hinweg Strategien entwickelt, um die kalte Jahreszeit wohlbehütet zu überdauern.
Laubabwurf als Austrocknungsschutz
Bereits im Spätsommer beginnen die ersten Laubbäume, ihre Blätter abzuwerfen. So bereiten sich die Bäume physiologisch und chemisch auf eine Winterruhe vor. Der Sinn dahinter ist, dass die Blätter sehr viel Wasser über ihre Oberfläche verdunsten. Da im Winter jedoch der Wassernachschub aus den Wurzeln aufgrund des gefrorenen Bodens stockt, kann es nicht in die Blätter gelangen. Der Laubabwurf ist also ein Schutzmechanismus vor Austrocknung.
Auch bei Gräsern und Stauden verdorren die empfindlichen oberirdischen Teile der Pflanze im Herbst. Die unterirdischen Teile überdauern hingegen gut geschützt im Boden.
Wurzeln, Knollen, Zwiebeln
Manchen Pflanzen überdauern als Wurzeln, Knollen oder Zwiebeln im Boden. Sie speichern die Sonnenenergie in Form von Kohlehydraten. Außerdem ist es im Boden immer wärmer als an der Erdoberfläche, daher sind tiefe Temperaturen für die Knollen und Zwiebeln kein Problem. Vor allem wenn eine Schneedecke vorhanden ist, wirkt diese zusätzlich isolierend.
Blütenknospen
Blütenknospen haben eine äußere Isolierschicht, die sie vor Kälte schützt. Darüber hinaus ist der Wassergehalt in den Überwinterungsorganen sehr niedrig. Ein weiterer Trick ist die Unterkühlung: Komplexe Strukturen in den Zellwänden von Knospen oder verholzten Pflanzenteilen verhindern, dass sich größere Eiskristalle in den Zellen bilden können. Darüber hinaus besitzen Blütenknospen derbe Knospenschuppen, die aufgrund ihrer Derbheit und dunklen Farbe die Transpiration der in ihn liegenden Blattorgane hemmen und diese somit vor Austrocknung schützen.
Wintergrüne Pflanzen oder im Winter blühende Pflanzen
Diese Gewächse haben einen ganz speziellen Wintertrick entwickelt: Sie nutzen biochemische Strategien, um den Winter zu überdauern und ihre Zellen vor dem Erfrieren zu schützen. Und zwar lagern sie eine Art Frostschutzmittel, meistens Zucker, in ihren Zellen ein. Das erhöht den osmotischen Wert der Zelle, was dazu führt, dass diese nicht erfrieren kann, da es den Gefrierpunkt der Zelle senkt. Frostschutzmittel, das Autofahrer im Winter verwenden, hat in etwa den gleichen Effekt.
Trotz all dieser Vorsorgemechanismen sind die Pflanzen nicht gänzlich vor dem Kältetod gefeit. Insbesondere, wenn in den Wintermonaten lang anhaltendes Tauwetter einsetzt, können sie in die Irre geleitet werden. Denn dann kann es dazu kommen, dass sie verfrüht austreiben und ihren Frostschutz deaktivieren. Beim nächsten Frost werden die Triebe oftmals geschädigt oder zerstört. Vor allem Pflanzen, die aus südlichen Ländern importiert worden sind, sind häufig davon betroffen.