Mein Kind ist krank – welche Rechte habe ich?

 

Gerade jetzt, in den typischen Erkältungsmonaten, kommt es immer wieder vor, dass berufstätige Eltern nicht arbeiten können, weil sie ihr krankes Kind zu Hause pflegen müssen. Zwischen Fieberthermometer, Hustensaft und Nasenspray stellt sich dann plötzlich die Frage: Welche Rechte und Pflichten habe ich eigentlich gegenüber meinem Arbeitgeber, wenn ich nicht zur Arbeit erscheinen kann?

 

Die wichtigsten Rechtstipps für berufstätige Eltern

Viele Eltern sind verunsichert und wissen nicht genau, wie lange sie zu Hause bleiben dürfen, ob das Gehalt weiter gezahlt wird und unter welchen Voraussetzungen Lohnersatzleistungen gezahlt werden. Hinzu kommt, dass auch Fettnäpfchen lauern, denn es gibt bestimmte Informationspflichten gegenüber dem Arbeitgeber, die Eltern unbedingt kennen sollten – andernfalls kann sogar der Bestand ihres Arbeitsverhältnisses gefährdet sein.

Eltern, die ihr krankes Kind pflegen, dürfen zu Hause bleiben

Für alle Eltern dürfte instinktiv klar sein: Wenn mein Kind morgens mit Fieber aufwacht, bleibe ich zu Hause! Das entspricht auch den gesetzlichen Grundlagen: Diese sehen nämlich ein „generelles Leistungsverweigerungsrecht“ vor, wenn einem Arbeitnehmer die Leistungserbringung nicht zugemutet werden kann (§ 275 Abs. 3 BGB). Die Versorgung des kranken Kindes geht der somit Arbeitspflicht vor – mit der Folge, dass gegenüber dem Arbeitgeber grundsätzlich ein Anspruch auf Freistellung von der Arbeitspflicht besteht.

 

Tipp: Dem Arbeitgeber sollte das Fernbleiben von der Arbeit sofort mitgeteilt werden. Wichtig ist, dass man sich nicht selbst krank meldet – es sei denn man ist tatsächlich selbst erkrankt – sondern sofort darauf hinweist, dass man sein krankes Kind pflegt. Andernfalls kann die Gefahr einer Abmahnung bestehen.

Bezahlte Freistellung

Eine ganz andere Frage ist, ob während der Arbeitsfreistellung auch das Gehalt weiter gezahlt wird. § 616 S. 1 BGB regelt in diesem Zusammenhang vor, dass der Vergütungsanspruch erhalten bleibt – sofern der Arbeitnehmer vorübergehend „… durch einen in seiner Person liegenden Grund ohne sein Verschulden an der Dienstleistung verhindert wird.“ Die Gerichte haben diesen Anspruch in verschiedenen Urteilen konkretisiert: Das Gehalt wird im Falle einer Erkrankung des Kindes für 5 Tage weitergezahlt. Achtung: Dieser Anspruch wird häufig in Arbeits- und Tarifverträgen ausgeschlossen.

 

Tipp: Eltern sollten unbedingt ihre Vertragsunterlagen lesen und wenn möglich auf klare Regelungen in Arbeitsverträgen hinwirken.

Kinderkrankengeld

Wenn der Anspruch auf bezahlte Freistellung vertraglich ausgeschlossen wurde, ist das allerdings noch kein Anlass zur Beunruhigung. Denn: Unter gewissen Voraussetzungen hat der Elternteil, der mit seinem kranken Kind zu Hause bleibt, gemäß § 45 SGB V einen Anspruch auf Kinderkrankengeld – welches 70 % des Bruttoverdienstes, maximal aber 90 % des Nettoverdienstes entspricht.

Das Kinderkrankengeld wird für jedes Kind bis zu 10 Arbeitstage im Kalenderjahr pro Elternteil gezahlt, für alleinerziehende Eltern bis zu 20 Tage. Bei mehr als zwei Kindern besteht ein Anspruch bis zu 25 Tagen, für alleinerziehende Eltern entsprechend bis zu 50 Tagen.

Kinderkrankengeld wird unter den folgenden Voraussetzungen gezahlt:

  • Dass Kind darf das zwölfte Lebensjahr noch nicht vollendet haben, bzw. ist behindert und auf Hilfe angewiesen.
  • Es gibt keine im Haushalt lebende Person, die das Kind beaufsichtigen, betreuen oder pflegen kann.
  • Das pflegende Elternteil muss gesetzlich mit Anspruch auf Krankengeld versichert sein, für privat versicherte Eltern besteht dagegen kein Anspruch auf Kinderkrankengeld. Ist nur ein Elternteil privat versichert, kommt es darauf an, bei welchem Elternteil das Kind versichert ist. Ist das Kind privat mitversichert, besteht kein Anspruch auf Krankengeld.
  • Die Erforderlichkeit der Freistellung muss sich aus einem ärztlichen Zeugnis ergeben.

 

Tipp: Sobald das Kind erkrankt ist und ein Elternteil zu Hause bleibt, sollte sofort der Kinderarzt aufgesucht werden. Dieser stellt nach der Untersuchung eine ärztliche Bescheinigung für die Krankenkasse und den Arbeitgeber aus. Die Bescheinigung sollte zudem noch am gleichen Tag an den Arbeitgeber übermittelt werden, andernfalls besteht die Gefahr einer Abmahnung.

Welche Besonderheiten gelten bei selbständigen Eltern?

Der Anspruch auf bezahlte Freistellung und Vergütung gemäß § 616 S.1 BGB gilt nicht nur für angestellte, sondern auch für selbständige Eltern, die auf Grund eines Dienstvertrages beschäftigt sind – wobei es in der Praxis nur selten dazu kommen dürfte, dass selbständige Eltern Vergütungsansprüche gegenüber ihren Auftraggebern geltend machen.

Tipp: Ob ein Anspruch auf Krankengeld besteht, sollten selbständige Eltern unbedingt mit der Krankenkasse klären. Ggf. kann der Abschluss eines Krankengeld- Zusatz-Tarifs sinnvoll sein.

Was zu tun ist, wenn keine Krankheitstage mehr übrig sind

Abgesehen von dem hoffentlich nie eintretenden Fall einer Schwersterkrankung (§ 45 Abs. 4 SGB V) gibt es nach den aufgebrauchten Krankengeldtagen zunächst keine finanzielle Unterstützung mehr, es sei denn, ein Elternteil macht einen Anspruch auf Familienzeit bzw. Familienpflegezeit geltend (s.u.).

 

Tipp: Bei längeren Erkrankungen des Kindes sollte immer das Gespräch mit dem Arbeitsgeber gesucht werden. Eine denkbare Lösung ist die vorübergehende Arbeit im Homeoffice oder aber der Abbau von Überstunden. Eine andere Möglichkeit ist die Übertragung der Kinderkrankengeldtage von einem auf den anderen Elternteil durch eine Sondervereinbarung mit beiden Arbeitgebern.

Auszeit bis zu 24 Monaten: Der Anspruch auf Familienpflegezeit

Handelt es bei der Krankheit des Kindes nicht nur um einen harmlosen Infekt, sondern um eine langwierige Erkrankung oder Behinderung, welche mindestens den Kriterien der Pflegestufe I entspricht, besteht alternativ die Möglichkeit Familienpflegezeit in Anspruch zu nehmen. Dabei handelt es sich um relativ neue gesetzliche Regelungen, die eine Freistellung von der Arbeit zur Pflege naher Angehöriger vorsehen. Dazu zählt selbstverständlich auch die Pflege der Kinder durch die Eltern. Die Pflegezeit ist – ähnlich der Elternzeit – als Rechtsanspruch ausgestaltet, zudem besteht während dessen Sonderkündigungsschutz.

Zu unterscheiden sind 3 Fälle, die bis zu einer Gesamtdauer von 24 Monaten auch miteinander kombiniert werden können:

10-Tages-Auszeit

Unabhängig von der Betriebsgröße des Arbeitgebers, besteht die Möglichkeit in akuten Fällen bis zu 10 Tage von der Arbeit fernzubleiben, um nahe Angehörige, d.h. auch ein krankes Kind zu pflegen und zu betreuen, welches voraussichtlich eine der Pflegestufen erfüllt. Dabei muss unverzüglich eine Meldung gegenüber dem Arbeitgeber erfolgen. Während der Jobauszeit können die Eltern „Pflegeunterstützungsgeld“ – d.h. eine Lohnersatzleistung, die ca. 90% des Nettogehaltes entspricht – in Anspruch nehmen.

Pflegezeit bis zu 6 Monaten

Eltern, die in einem Betrieb tätig sind, der regelmäßig mehr als 15 Mitarbeiter beschäftigt, können bis zu 6 Monate ganz oder auch teilweise aus dem Job auszusteigen, um ihr krankes Kind in häuslicher Umgebung – unter bestimmten Voraussetzungen auch außer Haus – zu pflegen. Wichtig: Dieser Anspruch muss schriftlich mit einer Frist von 10 Tagen vor Beginn beim Arbeitgeber angemeldet werden, außerdem muss die Pflegebedürftigkeit des Kindes, bzw. Pflegestufe durch eine Bescheinigung der Pflegekasse oder des Medizinischen Dienstes der Krankenkasse nachgewiesen werden.

Familienpflegezeit bis zu 24 Monaten

Zusätzlich oder alternativ besteht die Möglichkeit bis zu 24 Monate die Arbeitszeit auf eine Mindestarbeitszeit von 15 Wochenstunden zu reduzieren, um das Kind in häuslicher oder außerhäuslicher Umgebung zu pflegen – sofern der Arbeitgeber mehr als 25 Arbeitnehmer beschäftigt. Dieser Anspruch muss 8 Wochen vor Beginn schriftlich angemeldet werden, zudem sind verschiedene Bescheinigungen erforderlich (bzgl. der Pflegebedürftigkeit/-stufe des Kindes sowie über das Bestehen einer Familienpflegezeitversicherung).

 

Tipp: Finanzielle Nachteile während der Pflege- und Familienpflegezeit lassen sich durch ein zinsloses Darlehen abfedern, das beim Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Angelegenheiten beantragt werden kann.

Für den Notfall planen

Mein persönlicher Tipp: Berufstätige Eltern sollten nicht erst im Falle einer Krankheit, sondern unbedingt schon vorab prüfen und planen, was zu beachten und zu tun ist, wenn das Kind erkrankt. Dazu zählt nicht nur die Prüfung der arbeitsvertraglichen Situation und des Krankenversicherungs-Status, sondern auch ein offenes Gespräch mit dem Arbeitgeber über die bestehenden Möglichkeiten. Von besonderer Bedeutung ist auch die Pflege eines privaten Netzwerkes von Freunden, Nachbarn, Verwandten, die eventuell einspringen können – aber auch „externe“ Betreuer, die im Notfall schnell helfen können.

 





Kommentare
  1. Mein Kind ist krank – welche Rechte habe ich?
    Schneefuchs28 | Freitag,Mai 26.2017

    Ich habe gerade euren Blog entdeckt und ich finde den toll. Super Infos zum Thema Krankenbetreuung.

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