Sollten Eltern vor Kindern Alkohol trinken?

Sollten Eltern vor Kindern Alkohol trinken?

Alkoholkonsum in Gegenwart von Kindern

Ein Glas Wein zum Abendessen? In den meisten Familien nichts Ungewöhnliches. Aber sollten Eltern in Gegenwart von Kindern überhaupt Alkohol trinken?

Im Restaurant, auf Familienfeiern, beim Picknicken im Park – im Alltag ist Alkohol zu vielen Gelegenheiten präsent. Auch Kinder lernen somit früh, dass es bestimmte Getränke gibt, die von Erwachsenen getrunken werden und „nichts für Kinder“ sind.

Da der Genuss von Alkohol nicht verboten ist, fällt es leicht, die Gefahr zu unterschätzen, die von übermäßigem Alkoholkonsum ausgeht. Die Zahlen sprechen jedoch für sich: Laut des Bundesministeriums für Gesundheut gelten in Deutschland etwa 1,8 Millionen Menschen als alkoholabhängig, weitere 9,5 Millionen Menschen konsumieren Alkohol in gesundheitsgefährdender Form.

Einen angemessenen Umgang mit Alkohol vorleben

Eine stärkere Wirkung als alle Verbote, Ermahnungen und Regeln, hat vor allem Ihr eigener Umgang mit Alkohol. Sie sollten Ihre Vorbildfunktion als Eltern hierbei nicht unterschätzen, denn Ihr eigener Alkoholkonsum hat erheblichen Einfluss darauf, ob Ihr Kinder später im Teenager- und Erwachsenenalter selbst verantwortungsvoll mit Alkohol umgeht.

Um ein Vorbild zu sein, müssen Sie Alkohol jedoch nicht strikt aus Ihrem Alltag verbannen. Wichtiger ist vielmehr, dass Sie Ihrem Kind vermitteln, dass Alkohol ein Genussmittel zu besonderen Gelegenheiten ist und keine Möglichkeit darstellt, Probleme zu lösen oder dem Alltag zu entfliehen. In Gesprächen sollten Sie Ihr Kind zudem über die gesundheitlichen Risiken aufklären, die übermäßiger Alkoholkonsum mit sich bringt. Vermitteln Sie Ihrem Kind das Gefühl, dass es offen mit Ihnen über alles sprechen und mit Fragen und Problemen zu Ihnen kommen kann.

Umgang mit Alkohol: das sagt die Expertin für Suchtprävention

Michaela Goecke ist Leiterin des Referats für Suchtprävention bei der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA). Sie gibt Tipps und Handlungsempfehlungen für Eltern, die ihren Kindern einen gesunden Umgang mit Alkohol vorleben möchten.

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Sollte man in Anwesenheit von Kindern komplett auf den Konsum von Alkohol verzichten, oder hält man sie so vielmehr „künstlich“ von etwas fern, mit dem sie früher oder später sowieso in Kontakt kommen?

Michaela Goecke: Es ist sicher gut, wenn Eltern in Anwesenheit ihrer Kinder weitestgehend auf Alkohol verzichten. Insbesondere ist natürlich zu vermeiden, dass die Kinder ihre Eltern betrunken erleben, denn das kann für Kinder – je nach Alter – sehr schwer zu verarbeiten sein. Aber auch der regelmäßige Alkoholkonsum, etwa das Glas Wein zum Abendessen oder das Bier vor dem Fernseher, ist nicht unproblematisch, denn Kinder erleben ihre Eltern als Vorbilder. Wenn also Alkohol zum familiären Alltag ganz natürlich dazu gehört, steigt das Risiko, dass Kinder sich daran orientieren und selbst trinken möchten. Richtig ist, dass Alkohol in unserer Gesellschaft nach wie vor kulturell verankert ist. Richtig ist aber auch, dass das Jugendschutzgesetz den Konsum von Bier oder Wein erst ab einem Alter von 16 Jahren erlaubt. Hochprozentiges ist sogar erst ab 18 Jahren erlaubt. Hieran sollten sich Eltern orientieren und ihren Kindern sachlich erklären, warum dieses Gesetz wichtig und richtig ist.

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.Was ist ein „moderater Alkoholkonsum“?

Michaela Goecke: Unter einem „moderaten Alkoholkonsum“ versteht man in der Regel den so genannten risikoarmen Alkoholkonsum. Alkohol gelangt ja als Zellgift in den Körper und daher gibt es auch keinen komplett gesundheitlich risikofreien Alkoholkonsum. Wenn man aber die Empfehlungen zum risikoarmen Alkoholkonsum beachtet, hält man die gesundheitlichen Risiken sehr in Grenzen. Die Empfehlungen richten sich dabei an gesunde Erwachsene: Frauen sollten entsprechend dieser Empfehlung nicht mehr als 12 Gramm Reinalkohol – also ein kleines Glas Bier oder Wein –  täglich trinken, Männer können das Doppelte vertragen. Für beide Geschlechter gilt: Zwei Tage in der Woche sollten alkoholfrei sein, damit es nicht zu einer Gewöhnung an Alkohol und in der Folge vielleicht zu einer Suchtentwicklung kommt.

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Es gibt Erziehungswissenschaftler, die Eltern empfehlen, ihre Kinder ans Trinken heranzuführen. Gehört dies Ihrer Meinung nach in den pädagogischen Aufgabenbereich der Eltern?

Michaela Goecke: Dem kann ich  nur sehr bedingt zustimmen. „Kinder ans Trinken heranzuführen“ halte ich für problematisch, denn es gilt als erwiesen, dass Kinder, die früh mit einem regelmäßigen Alkoholkonsum beginnen, im Erwachsenenalter eher  riskante Konsummuster entwickeln.  Ein wichtiger pädagogischer Aufgabenbereich der Eltern ist aber ohne Frage, ihre Kinder zu stärken, nein zu Alkohol sagen zu können, zum Beispiel wenn unter Gleichaltrigen Gruppendruck entsteht, was das Trinken angeht.

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 Wie lernen Kinder, verantwortungsvoll mit Alkohol umzugehen?

Michaela Goecke: Eltern sollten bei ihren Kindern eine verantwortungsbewusste Haltung zum Alkohol fördern. Hierzu ist es natürlich wichtig, dass Eltern ihre Vorbildrolle ernst nehmen und selbst verantwortlich mit Alkohol umgehen. Denn daran orientieren sich ihre Kinder, auch wenn in der Pubertät zeitweise der Freundeskreis wichtiger erscheint. Und auch eine weitere Aufgabe haben Eltern ganz sicher: Wenn ihr Kind sich trotz allem einmal betrunken hat, weil es die Wirkung von Alkohol vielleicht komplett unterschätzt hat, ist es wichtig, im Gespräch zu bleiben und damit eine vertrauensvolle Eltern-Kind-Beziehung zu erhalten. So können solche Alkohol-Ausrutscher am besten vermieden werden.

 

Weitere Informationen für Eltern finden Sie auch unter www.kenn-dein-limit.de. Jugendliche informieren sich unter www.null-alkohol-voll-power.de  und www.kenn-dein-limit.info.

 



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