10 Erziehungsmythen auf dem Prüfstand

10 Erziehungsmythen auf dem Prüfstand

Kindererziehung - Erziehungsmythen aufgedeckt

Was ist dran an bekannten Mythen der Kindererziehung? Welche sind glatter Unfug und in welchen steckt ein Körnchen Wahrheit? Wir haben 10 populäre Erziehungsmythen unter die Lupe genommen.

1. „Strafe muss sein.“

Dieser Erziehungsmythos ist eng verwandt mit „Ein Klaps auf den Po hat noch niemandem geschadet.“ Beide Ansätze sind nicht sonderlich sinnvoll – und letzterer sogar verboten, da jedes Kind per Gesetz das Recht auf eine gewaltfreie Erziehung hat. Körperliche Bestrafung sollte in der Erziehung niemals zum Einsatz kommen. Besser als Strafen, die in keiner Beziehung zum „Vergehen“ des Kindes stehen, sind ohnehin Konsequenz und klare Regeln. Denn nur so kann Ihr Kind einschätzen, ob sein Verhalten richtig oder falsch ist.

2. „Lesen bei schlechtem Licht schadet den Augen.“

Abends noch ein paar Seiten im Lieblingsbuch lesen ist doch erst mit der Taschenlampe unter der Decke so richtig gemütlich. Nur ärgerlich, dass davon die Augen schlecht werden! Oder? Hier kann Entwarnung gegeben werden, denn dieser Erziehungsmythos ist in der Tat falsch. Wenn die Augen beim Lesen im Dämmerlicht schmerzen oder brennen, dann ist dies zwar ein Zeichen von Anstrengung, bleibende Auswirkungen auf die Sehkraft hat es jedoch nicht. Also rufen Sie ruhig öfter zu einer gemeinsamen Lesestunde im abgedunkelten Kinderzimmer auf – das hilft dazu noch prima beim Einschlafen!

3. „Das muss aufgegessen werden.“

Viele Eltern kennen noch die Aufessen-Devise aus der eigenen Kindheit. Doch Experten sind sich mittlerweile einig, dass Kinder weder durch Lob noch durch Strafe zum Essen gezwungen werden sollten. Lassen Sie Ihr Kind selbstständig entscheiden, wie viel es essen möchte und wann es satt ist. Sonst besteht die Gefahr, dass es verlernt, auf sein natürliches Sättigungsgefühl zu hören. Übergewicht kann eine Folge davon sein. Das A und O beim Thema Ernährung ist: Gelassenheit. Ihr Kind akzeptiert nur wenige Lebensmittel, isst nur sehr kleine Portionen oder verweigert ganze Mahlzeiten? Hier finden Sie Tipps, wie Sie mit auffälligem Essverhalten bei Kindern gelassen umgehen.

4. „Eltern müssen perfekt sein.“

Perfekt, perfekter, …Eltern?! Ehrgeiz und Perfektionismus sind denkbar schlechte Ratgeber, wenn es um Kindererziehung geht. Kinder brauchen keine perfekten, sondern vor allem glückliche Eltern, die dies auch ausstrahlen. Regeln und Routinen geben Kindern eine Struktur und Sicherheit, sind jedoch nicht dafür gedacht, dass Sie unerschütterlich an ihnen festhalten müssen. Sie dürfen also guten Gewissens hin und wieder Fünfe gerade sein lassen.

5. „Vor den Kindern wird nicht gestritten.“

An diesem Erziehungsmythos ist insofern etwas dran, als dass schwerwiegende Konflikte (z.B. Streit um das Sorgerecht nach einer Trennung) nicht im Beisein der Kinder ausgetragen werden sollten. Kleinere Alltagskonflikte müssen Sie jedoch nicht zwingend vor Ihren Kindern geheim halten – im Gegenteil. Ihre Kinder dürfen ruhig mitbekommen, dass Eltern auch mal streiten und dass es wieder zu einer Versöhnung kommt. Beziehen Sie Ihr Kind jedoch niemals in den Streit ein oder geben ihm das Gefühl, es sei der Auslöser für die Unstimmigkeiten zwischen Ihnen. Um Ihr Kind nicht zu verunsichern ist es außerdem wichtig, dass Sie ihm das Signal vermitteln: „Auch, wenn wir streiten, haben wir uns trotzdem lieb.“

6. „Wer krumm sitzt bekommt einen Buckel.“

Kinder lieben es, sich krumm und schief hinzulümmeln. Ist ja schließlich auch viel bequemer, als kerzengerade zu sitzen! Hinter dieser Warnung, die wir selbst noch von unseren Eltern im Ohr haben, steckt tatsächlich mehr als nur ein Körnchen Wahrheit. Der Grundstein für einen gesunden Rücken oder eine schlechte Haltung wird in der Kindheit gelegt. Sehr krummes Sitzen kann im Extremfall auch zur Bildung eines Buckels führen. Aber: Ständig mit durchgedrücktem Kreuz zu sitzen, ist ebenfalls nicht gesund und schadet auf Dauer den Bandscheiben. Ein gesundes Mittelmaß zwischen entspanntem Fläzen und geradem Sitzen ist daher empfehlenswert.

7. „Nach dem Essen darf man nicht ins Wasser gehen.“

Es gibt sie in jedem Schwimmbad oder Strand: Satte Kinder, die ungeduldig die Minuten zählen, bis sie endlich wieder ins Wasser dürfen. Denn die Regel, nach einer Mahlzeit mindestens eine Stunde mit dem Schwimmen zu warten ist wohlbekannt. Hält man sich nicht daran, drohen angeblich Magenkrämpfe oder sogar Ertrinken. Doch glücklicherweise ist dies vollkommener Unfug: Zwar ist unser Körper nach einer üppigen Mahlzeit weniger leistungsfähig, da ein großer Teil des Blutes für die Verdauung benötigt wird, jedoch ist die Anfälligkeit für Krämpfe nicht erhöht. Sie können Ihr Kind also getrost auch direkt nach dem Essen plantschen lassen.

8. „Wer mit nassen Haaren rausgeht, erkältet sich.“

Diese Warnung haben Sie Ihrem Kind gegenüber sicherlich auch schon einmal ausgesprochen. Diese Übervorsicht ist jedoch nur dann angemessen, wenn das Immunsystem Ihres Kindes bereits geschwächt ist. Denn nur dann besteht die Gefahr, dass es sich aufgrund der nassen Haare tatsächlich erkältet. Wenn Ihr Kind kerngesund und fit ist, kann es also auch mal mit nassen Haaren vom Schwimmunterricht nach Hause fahren. Die Frage ist dann eher, wie angenehm sich die nasse Haarpracht auf dem Kopf anfühlt und ob eine warme Mütze da nicht doch eine gute Idee ist.

9. „Arbeitende Eltern sind schlecht für ihr Kind.“

Väter und Mütter, die bald nach der Geburt wieder ins Berufsleben einsteigen, sind „Rabeneltern“, die sich vor der Erziehung drücken wollen? Ganz und gar nicht! Zum Glück setzt sich nach und nach die Erkenntnis durch, dass arbeitende Eltern sogar gut für ihre Kinder sind. Wenn die Kinder bei einem Babysitter, einer Tagesmutter oder in der Kita liebevoll betreut werden, gibt es keinen Grund zu befürchten, dass die Fremdbetreuung dem Kind schaden könnte.

10. „Kinder sollten nicht verwöhnt werden.“

Ein ganz klares „Jein“. Denn hier kommt es darauf an, ob es sich um materielles oder emotionales Verwöhnen handelt. Damit Ihr Kind sich gesund entwickelt, können Sie ihm gar nicht „zu viel“ Liebe und Zuneigung schenken. Indem Sie auf die Bedürfnisse Ihres Kindes achten und darauf eingehen, begünstigen Sie seine Entwicklung, ohne es automatisch zu verhätscheln und stärken sein Selbstwertgefühl. Anders verhält es sich mit dem materiellen Verwöhnen, wenn Sie Ihr Kind zu Weihnachten, Geburtstag oder anderen Anlässen mit Geschenken überhäufen. Denn so verliert es mit der Zeit die Wertschätzung für diese.

 





Kommentare
  1. 10 Erziehungsmythen auf dem Prüfstand
    Uschi Wandres | Donnerstag,Mai 04.2017

    Ich finde den Artikel großartig!Und ich muss Ihnen sagen, dass ich solch „Mythen“ nicht angewendet habe,trotz Warnung meiner Mutter, da ich per gesundem Menschenverstand die Sacheselbst einschätzen konnte, im Sinne Ihrer Aussagen.Beste Grüßeu. endlich anhaltendes, besseres FrühlingswetterÜbrigens suche ich eine Tätigkeit als Baby-Sitter für paar Stunden.Wohin melde ich mich?Uschi

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