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Kind mit Behinderung in die KiTa geben?

Inklusion und Förderung im Rahmen externer Betreuung

Wir haben mit Sonderpädagogin Caroline Völker über die heutigen Betreuungskonzepte für Kinder mit Lernschwierigkeiten oder anderweitigen Beeinträchtigungen gesprochen.

Kind in Betreuung geben oder nicht?

Eltern von besonderen Kindern sollten zunächst immer einige wichtige Faktoren in Betracht ziehen, die eine Entscheidung für oder gegen die Fremdbetreuung ihres Kindes mit Behinderung beeinflussen können:
 

  • Finanzen:
    Natürlich ist die Frage der Fremdbetreuung bei jeder Familie auch eine finanzielle. Fragen Sie sich selbst: Ist die Berufstätigkeit beider oder des alleinerziehenden Elternteils notwendig?
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  • Sozialisation:
    Jeder Elternteil kennt sein eigenes Kind am besten. Beobachten Sie für Ihre Entscheidung genau, ob Ihr Kind nach sozialen Kontakten strebt. Hätten diese einen positiven Einfluss auf Ihren Nachwuchs?
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  • Entfaltung:
    Der dritte Faktor bei der Entscheidungsfindung ist der Stellenwert der eigenen Selbstverwirklichung. Jedes Familienmitglied hat ein Recht auf die freie Entfaltung der eigenen Persönlichkeit. Dazu zählen auch die Eltern.
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  • Isolationsgefahr:
    Hingabe kann auch zu Isolation führen. Fühlen Sie sich selbst emotional oder sozial isoliert und brauchen den Austausch mit Freunden, anderen Eltern oder Kolleg*innen?

Integration und Inklusion in der KiTa

Sowohl Integrations- als auch Inklusionspädagogik verfolgen die Abschaffung gegliederter Bildungssysteme, aus denen Kinder mit Behinderungen schnell ausgeschlossen werden.
Während innerhalb des integrativen Konzepts für Schule und Kitas ein Normalitätskonzept vorherrschend ist, bei dem Kinder mit Behinderung „aufgenommen“ werden, versteht sich die Inklusion als die nächste Stufe: „Ziel ist“, so Sonderpädagogin Caroline Völker, „dass sich die Kinder hier als eine Gemeinschaft wahrnehmen, die vielfältige Fähigkeiten und Niveaus vereint – frei nach dem Motto: Alle sind verschieden.“ In KiTas wird dann jeder dafür begeistert, sich aktiv und gleichberechtigt an der Lerngemeinschaft zu beteiligen.
 
Das Konzept der Inklusion ist für die Expertin ganz klar das Mittel der Wahl. „Kernthema inklusiver Konzepte ist die Wertschätzung der Vielfalt“, verdeutlicht Frau Völker. Inklusive Pädagogik beschreibt die „Transparenz der Erziehungs- und Bildungsmethoden als auch die offene Einstellung der Erzieher*innen gegenüber allen Kindern.“
 
Für Kinder mit Behinderung ist das Angebot externer Betreuung breit gefächert.

Angebote für Kinder unter drei Jahren

Für unter Dreijährige sind die Betreuungsangebote je nach Bundesland unterschiedlich definiert und durch das jeweilige Land finanziert. Das regionale Kultusministerium und lokale Jugendamt steht in diesen Fällen mit einem Beratungsangebot und vielen Informationen bereit. Einheitlicher Konsens ist sicherlich, dass jedes Kind – ob mit oder ohne Behinderung – andere Kinder für eine positive Entwicklung braucht.
Kinder mit Behinderung können in durch Elterninitiativen gegründeten Krabbelgruppen beziehungsweise Spielkreisen Anschluss finden oder bei Tagespflegepersonen in kleinen Gruppen mit betreut werden. Mittlerweile findet die Betreuung auch in vielen Kindergärten altersgemischt statt. So ist die Gruppe schon von vornherein bunt gewürfelt.

Angebote für Kinder ab drei Jahren

Sind die Kinder über drei Jahre alt, vervielfachen sich die Betreuungsmöglichkeiten: Grundsätzlich kann zwischen integrativen – dazu zählen Tageseinrichtungen mit inklusiven Konzepten -, additiven und unabhängigen Einrichtungen im Bereich Bildung unterschieden werden.
 
Caroline Völker weiß um den aktuellen Stand in der pädagogischen Landschaft Deutschlands. Unter allen verschiedenen Konzepten ist das der Inklusion ihrer Meinung nach „sicherlich das beste – und eins, das für Menschen mit Behinderung spätestens seit Unterzeichnung der Behindertenrechtskonvention ein Grundrecht bedeutet“.
 

  • Integrative Konzepte
    …richten sich jeweils auf Einzelfälle aus oder bilden integrative Gruppen im Regelkindergarten. Umgekehrt gibt es auch integrative Gruppen in Sonderkindergärten, die Kinder ohne Behinderung integrieren wollen. Zuletzt haben sich die ganzheitlich integrativen Kindergärten auf die gemeinsame Betreuung von Kindern mit und ohne Behinderung spezialisiert. Im Idealfall findet hier bereits Inklusion statt.
    Frau Völker weiß, dass „das Grundrecht auf inklusive Behandlung in Deutschland noch nicht flächendeckend umgesetzt ist.“ So ist es „in einigen Einzugsgebieten leider noch nicht möglich, Kinder mit Behinderung in inklusiv orientierte KiTas zu geben. Hier muss dann häufig notgedrungen auf additive oder gar exklusive Einrichtungen zurückgegriffen werden“ bedauert Frau Völker.
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  • Additive Kindergärten
    …verstehen ihre Gruppen als voneinander getrennt betreut. Sonder- und Regelkindergärten arbeiten institutionell zusammen und befinden sich unter einem Dach. Ein ähnliches Konzept verfolgen Kooperative Kindergärten, die einen zeitweisen Austausch zwischen Kindern mit und ohne Behinderung fördern, aber die Gruppen dennoch hauptsächlich getrennt in unterschiedlichen Einrichtungen betreuen.
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  • Exklusive Einrichtungen
    …sind Sonder- und Schulkindergärten. In Sonderkindergärten werden ausschließlich Kinder mit Beeinträchtigungen betreut und explizit gefördert. Schulkindergärten dienen Kindern zur Vorbereitung auf den Schulalltag, die schon schulpflichtig sind, aber noch etwas Zeit brauchen, um sich in der Schule zurechtzufinden. Häufig stehen sie in direktem Austausch mit Sonderkindergärten.
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    Als Vorbereitung auf die Kindertageseinrichtung für Ihr Kind, kann die folgende Checkliste hilfreich sein.
     
    Checkliste: Vorbereitung auf die Fremdbetreuung Ihres Kindes mit Behinderung
     

      
    Zur Person Caroline Völker

    Sonderpädagogin Caroline Völker

    Zusätzlich zu ihrem 1. Staatsexamen Grundschullehramt studierte sie aufbauend im Master Sonder- und Integrationspädagogik. Schon seit Anbeginn ihrer Ausbildung war Frau Völker im familienentlastenden Dienst der Lebenshilfe tätig. Zuletzt arbeitete sie als Integrationslehrerin in einer Grundschule und an einer schwedischen Grundschule, in der Kinder mit und ohne Beeinträchtigung gemeinsam lernen und unterrichtete als Lehrbeauftragte an der SRH Fachhochschule für Gesundheit Gera angehende FrühförderInnen im Bereich Pädagogik.

     
     
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