Sandwichfrauen – ja, Sie haben richtig gehört – so etwas gibt es. Das sind Frauen, die nicht nur zwischen Kind und Karriere pendeln, sondern die Schere erweitern um eine Herausforderung – die Pflege der Eltern. Aber wie kann für Frauen die Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf gelingen?
Sandwich-Generation – Was ist das?
Das Phänomen der Sandwich-Generation ist das Resultat unserer gesellschaftlichen Entwicklung, die sich rasant im demographischen Wandel äußert. Soll heißen: Das „Einstiegsalter“ als Mutter geht nach oben und unsere Eltern werden gleichsam immer älter. So verbringen viele Frauen einen Großteil ihres Lebens mit der Herausforderung, die Betreuung der Kinder UND Senioren zu meistern und parallel im Job zu reüssieren.
Da sind die schlaflosen Nächten mit den Kleinen, dem trotzenden Kleinkind, das gerade das Wörtchen „Ich WILL“ entdeckt hat, dem Teenager, der mitten in der Pubertät steckt, was zwar weniger zeitintensiv ist aber dafür oftmals in endlosen Diskussionen endet und eine gehörige Portion Durchhaltevermögen von den Eltern fordert.
Und nun kommt ES dazu – das Altersgespenst.
Oma und Opa werden zunehmend sonderlich – es stellt sich heraus, dass sie der Pflege bedürfen. Das ist wiederum für die Mutter eine Katastrophe, weil sie doch noch genügend Zeit in die Diskussion mit dem Pubertätsmonster steckt und auch dessen kleinere Schwester gerade auf dem Sprung in die höhere Schule Hilfe bei den Hausaufgaben benötigt, wenn die Bildungschancen optimal genutzt werden möchten. Außerdem hat ihr Chef gerade eingefordert, dass sie doch endlich mit der Stundenzahl nach oben gehen soll…
Aus der Traum von der selbstbewussten und selbstbestimmten Frau in den besten Jahren, die Karriere macht im Beruf, die sportlich und kulturell an die vorfamiliären Zeiten andockt… Aber: Dieser Traum muss nicht zerplatzen wie eine Seifenblase. Er kann verwirklicht werden, wenn man die richtigen Dinge richtig macht und sich den Bedenken und Ängsten stellt, die mit dieser herausfordernden Lebenslage zweifelsohne auftreten.
Ängste der Sandwich-Generation
Dass es diese Ängste reichlich gibt, zeigt eine Befragung von weit über 2.300 Frauen, die im Auftrag von Betreut.de durchgeführt wurde.
Hier einige interessante Antworten daraus:
- 33% der Befragten empfinden Druck hinsichtlich der Verantwortung gegenüber älteren Angehörigen.
- 47% der Befragten haben Angst, nicht genug Kraft aufbringen zu können für die Betreuung von Kindern und Senioren.
- 42,8% der Befragten erwarten eine deutliche Einschränkung des eigenen Freiraums.
- 32% der Befragten haben Angst vor familiären Konflikten.
- 33% der Befragten haben Angst, dass sie den Erwartungen der Angehörigen nicht entsprechen können.
Da Angst ein schlechter Berater ist, will ich versuchen, Ihnen im Folgenden ein paar Tipps zu geben, wie Sie eine gelungene Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf schaffen können.
4 Tipps zur Vereinbarkeit von Beruf, Kindern und Pflege
1. Im eigenen Leben ankommen
Die wichtigste Voraussetzung dafür ist, dass Sie endlich im eigenen Leben ankommen, um parallel dazu für ihre Kinder und älteren Angehörigen das Beste zu erreichen. Eine starke eigene Positionierung im familiären Gefüge ist sehr wichtig, damit Sie die Verantwortung sowohl für die Kinder, als auch für die zu Pflegenden wahrnehmen können. Dazu benötigen Sie ein gutes Selbstverständnis für die Gesamtsituation und sollten mit sich im Reinen sein.
Wie Sie das schaffen? In dem sie lernen, Hilfe anzunehmen und in dem sie akzeptieren, dass Sie zwar die Verantwortung für die zu Pflegenden tragen, das jedoch NICHT heißt, dass Sie alles selber machen. Denn Verantwortung heißt, dass ich Antworten geben kann, warum ich etwas wie mache. Nicht mehr und nicht weniger.
Mein Tipp: Diese Erkenntnis wiederum ist die Voraussetzung dafür, dass Sie Hilfe annehmen, wo Hilfe geboten wird. Die Gesellschaft bietet immer noch zu wenig Hilfestellung, weil es in unserem Land keine ausgeprägte Kultur der Vereinbarkeit gibt. Deshalb sollten Sie zumindest die Hilfe annehmen, die in Form von Betreuungsleistungen und Betreuungsangeboten vorhanden ist.
2. Externe Hilfsangebote in Anspruch nehmen
Es gibt gerade für die Pflegebranche diverse Hilfsangebote, wie das Betreuungsgeld, das Sie für sehr individuelle Betreuungsangebote zu jeder Tages- und Nachtzeit nutzen können. Dieses Betreuungsgeld wird von der Pflegekasse unbürokratisch gewährt, jedoch viel zu selten genutzt, so dass die Töpfe der Pflegekasse in diesem Fall nicht ausgeschöpft werden.
Achtung: In diesem Fall sollten Sie sehr wählerisch sein. Sie sind die Auftraggeberin und Sie bestimmen, wie diese Hilfeleistungen erbracht werden. Sie brauchen ein gutes Gefühl, wenn Sie Tätigkeiten abgeben und Hilfe annehmen, damit Sie diese freie Zeit in Ruhe für sich nutzen können.
Mein Tipp: Erstellen Sie eine Liste, in der Sie aufzählen, welche Tätigkeiten in Sachen Pflege und Betreuung NICHT von Ihnen oder einem Familienmitglied übernommen werden möchten/können! Für diese Tätigkeiten suchen Sie dann die passenden Hilfsangebote!
3. Die Kinder in die Pflege mit einbeziehen
Ein weiterer wichtiger Erkenntnisschritt ist die Einbeziehung der größeren Kinder in die Pflege. Kinder ab dem Grundschulalter können sehr gut in die tägliche Pflege integriert werden, und auch in einem gewissen Umfang Aufgaben im Haushalt übernehmen. Das trägt im erheblichen Ausmaß zur Persönlichkeitsbildung bei und prägt das Verantwortungsgefühl der Kinder aus.
Besprechen Sie in einer Familienkonferenz, welche Aufgaben zur Verteilung anstehen und lassen Sie jedem die freie Wahl, welche dieser Aufgaben er/sie übernehmen wird! Auf diese Weise verteilen Sie die große Last der vielen Aufgaben, die erledigt werden, müssen auf viele Schultern. Das schafft ein Wir-Gefühl in der Familie und entlastet Sie.
Mein Tipp: Achten Sie jedoch auf die konsequente Einhaltung dieser Aufgaben! Es gibt gerade am Anfang keine Ausnahmen, sonst bleiben die unerledigten Dinge an Ihnen hängen.
4. Fünfe auch mal gerade sein zu lassen
Nicht alles muss immer perfekt sein: Weder der Haushalt, noch die Kinderziehung, noch die Pflege! Der liebevolle Umgang miteinander ist oftmals mehr wert als die perfekte Umgebung. Als berufstätige Mutter sind Sie eine GUTE Mutter . Als berufstätige Tochter/Schwiegertochter sind Sie eine GUTE Pflegerin.
Allerdings nur, wenn Sie Ihre Verantwortung im oben beschriebenen Sinne wahrnehmen und Hilfe annehmen und Aufgaben verteilen.
So bleibt für jeden, der am Prozess beteiligt ist, ein gutes Gefühl.
- Der pflegende Angehörige weiß, dass er sich seiner Verantwortung stellt, diese wahrnimmt aber NICHT vom Prozess vereinnahmt wird. Er kann und darf sein Eigenleben weiter führen, er darf und kann Familie, Pflege und Beruf vereinen.
- Der Pflegebedürftige wird gut, soll heißen professionell und zugleich liebevoll versorgt, so wie es seinem Bedürfnis entspricht. Gleichzeitig bewahrt er seine Würde.
- Die Kinder lernen es perfekt, eine Verantwortung wahrzunehmen und erhalten neben der Schulbildung eine großes Maß an Herzensbildung und praktischer Lebensintelligenz, von der sie ein Leben lang profitieren werden.
- So betrachtet und organisiert, entsteht im Laufe der Zeit eine Kultur der Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf in Ihrer Familie aber auch in der gesamten Gesellschaft, die zeitgemäße Antworten findet auf das brennendste Thema unserer Zeit, nämlich den demographischen Wandel mit all seinen Folgen zu bewältigen.
Es liegt in Ihren Händen Hilfe anzunehmen! Packen Sie`s an!
Tja, so geht’s mir gerade auch nur dass ich Vater bin und in diesem Dilemma stecke. Schade ,dass wir Väter wie so oft nicht „gesehen“ werden.
Sehr geehrte Frau E.M.Popp,vielen Dank für den Artikel über das Thema Berufstätigkeit, Familie und Pflege der Eltern. Der Inhalt des Artikels ist für mich eine Erleichterung. Die Situation der Belastungen von Beruf, Familie und Sorge für die Eltern kenne ich auch. Der Artikel bestätigt mein Engagement, dass ich Fehler gemacht habe und einiges auch richtig entschieden habe.Viele Grüße D. Heckmann